Maltesischem Premier Abela ist Kampfpause nicht genug (Archivbild)

Malta für dauerhafte Waffenruhe – Nehammer stützt Israel

Montag, 27. November 2023 | 13:14 Uhr

Von: apa

Der maltesische Ministerpräsident Robert Abela hat sich für eine dauerhafte Waffenruhe im Gazastreifen ausgesprochen. “Ich denke nicht, dass eine humanitäre Pause genug ist”, sagte Abela am Montag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien. “Es gibt so viele unschuldige Palästinenser, die ihr Leben verloren haben”, fügte Abela hinzu. Nehammer konterte mit einer klaren Schuldzuweisung an die Hamas und bekräftigte das Selbstverteidigungsrecht Israels.

“Für Österreich ist klar, dass die Verantwortung für all das Leid im Gazastreifen die Hamas als Terrororganisation trägt”, betonte der Kanzler. Er verwies darauf, dass die Hamas die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde benutze und Waffendepots unter Krankenhäusern eingerichtet habe. Israel hat angekündigt, seine Kampagne zur Vernichtung der Hamas nach der zunächst bis Dienstag befristeten Feuerpause, die dem Austausch von Gefangenen dienen soll, fortzusetzen.

Malta anerkenne das Recht Israels sich selbst zu verteidigen, nicht aber jenes auf Vergeltung, sagte Abela. 12.000 Menschen hätten im Gazastreifen ihr Leben verloren, was eine “bedeutende Zahl” sei. Für eine Lösung des Nahostkonflikts brauche es Kompromissbereitschaft beider Seiten, diplomatische Bemühungen aber auch “Druck von der internationalen Gemeinschaft”, sagte der sozialdemokratische Politiker. Als nicht-ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates bis Ende 2024 werde Malta dem Thema weiterhin dem Thema verpflichtet sein.

Abela hob diesbezüglich auch die Bereitschaft seines Landes hervor, als “Brückenbauer” und Vermittler tätig zu sein. Malta vertrete das Prinzip einer “aktiven Neutralität”. Auf eine Frage der APA machte Abela auch klar, dass Valletta bereit ist, den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im kommenden Jahr zu übernehmen. Sein Land sei von mehreren Ländern vorgeschlagen worden “und wir sind in einer Position, zu übernehmen, wenn (das aktuell einzige offizielle Bewerberland) Estland nicht durchgehen sollte”.

Die Entscheidung darüber fällt beim OSZE-Jahrestreffen am Mittwoch und Donnerstag im nordmazedonischen Skopje. Russland blockiert die Kandidatur Estlands für den OSZE-Vorsitz 2024 schon seit über einem Jahr, weswegen die Organisation in eine existenzielle Krise geraten ist. Österreich machte sich ursprünglich dafür stark, das Patt durch eine Verlängerung des aktuellen Vorsitzlandes Nordmazedonien zu überwinden.

Nehammer zeigte sich erfreut, “dass Malta bereit ist, den OSZE-Vorsitz zu übernehmen”. Die Organisation mit Sitz in Wien habe nämlich “eine wichtige strategische Brückenkopffunktion in den gesamten asiatischen Raum”. Auf die Frage der APA, ob Österreich es sich mit Russland verscherzt habe oder gar Rumänien wegen des Schengen-Streits ein Veto angedroht habe, sagte Nehammer, dass Österreich als möglicher OSZE-Vorsitz “nie zur Diskussion” gestanden sei. Es habe auch keine “Intervention” (gegen Österreich) gegeben, versicherte er.

Österreich unterstütze “voll und ganz Malta” und sei auch bereit, dem Land für die Vorsitzführung personelle und materielle Hilfe zu leisten, sagte Nehammer. Wenn mit Malta ein neutrales Land den OSZE-Vorsitz übernehme, gefällt dies Nehammer auch deshalb, “weil die Neutralität mehr Sichtbarkeit gewinnt”.

Beim Thema Migrationspolitik betonten Nehammer und Abela ihren Gleichklang. Der Kanzler hob diesbezüglich die guten Kontakte des Mittelmeerstaates zu nordafrikanischen Ländern wie Libyen hervor. Den Migrationsdruck von den EU-Außengrenzen könne man nämlich nur nehmen, wenn man “neue Wege der Kooperation” mit Transit- und Herkunftsländern finde. Konkret verwies Nehammer auf die Unterstützung der libyschen Küstenwache durch Malta. “Wir werden uns finanziell beteiligen an solchen Projekten”, kündigte der Kanzler an.

Abela schnitt in seinem Statement die Themen Nahost, Ukraine und EU-Erweiterung an und unterstrich den Wert der militärischen Neutralität. Statt sich “noch mehr auf militärische Bündnisse zu verlassen” brauche es mehr multilaterale Zusammenarbeit und eine regelbasierte Weltordnung, betonte der maltesische Regierungschef. Diesbezüglich seien sich Österreich und Malta einig.

Der sozialdemokratische Politiker ist seit dem Jahr 2020 maltesischer Regierungschef. Sein umstrittener Vorgänger Joseph Muscat hatte im Zusammenhang mit dem Skandal um die Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia abtreten müssen, die über Korruption im kleinsten EU-Staat recherchiert hatte. In der Migrationsfrage fährt die Regierung Maltas einen harten Kurs und lässt keine Schiffe von Seenotrettern einlaufen. Zu Jahresbeginn hatten Nehammer, Abela und fünf weitere EU-Regierungschefs in einem Schreiben an die EU-Spitzen mehr EU-Maßnahmen zum Außengrenzschutz, raschere Abschiebungen und neue Rückführungsabkommen mit Drittstaaten gefordert.

Angesichts der NATO-Norderweiterung ist Österreich sicherheitspolitisch an einer engen Abstimmung mit Malta gelegen, dem neben Zypern und Irland einzig verbliebenen neutralen Partnerland in der EU. So betonte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) im Juni bei einem Besuch in Valletta, dass Malta und Österreich in vielen Bereichen ähnliche Positionen hätten. Bei Cyberabwehr und Übungen für Auslandseinsätze wolle man enger zusammenarbeiten.

Nehammer trifft am Montagnachmittag auch den Premierminister von Äthiopien, Abiy Ahmed. Presseöffentliche Termine dazu sind nicht angekündigt. Abiy hatte 2019 den Friedensnobelpreis für seine Initiative zur Aussöhnung mit dem über Jahre verfeindeten Nachbarland Eritrea erhalten. Ein Bürgerkrieg mit Rebellen in der äthiopischen Region Tigray, der letztlich 2022 beendet wurde, beschädigte den internationalen Ruf des Regierungschefs allerdings erheblich.