Von: luk
Bozen – Landeshauptmann Arno Kompatscher und Gesundheitslandesrat Thomas Widmann haben heute zum Start der Landtagswoche auch die Abgeordneten über die Entwicklung der Pandemie in Südtirol informiert. In den Erläuterungen war von niedriger Impfrate, mangelnden Kontrollen und Nachlässigkeiten bei den Regeln zu hören. Gegenwind erhielten sie von einigen Landtagsabgeordneten der Opposition. Darauf antwortete Landeshauptmann Kompatscher, dass man von einer Diktatur nicht reden könne.
Südtirol habe eine höhere Inzidenz als andere Regionen in Italien, eine höhere Hospitalisierungsrate und eine niedrigere Impfrate, berichtete LH Arno Kompatscher. Es sei evident, dass diese Zahlen zusammenhingen. Deutschland und Österreich hätten ähnliche Impfraten und ähnliche Schwierigkeiten. Portugal habe eine der höchsten Impfraten und derzeit fast keine Hospitalisierungen und auch fast keine Einschränkungen für die Bevölkerung. In Südtirol ergehe jetzt von vielen der Ruf nach neuen Maßnahmen. Derzeit würden hier dieselben Regeln gelten wie im Rest des Staatsgebiets, dieselben Regeln, die in den anderen Regionen zu höheren Durchimpfungsraten geführt hätten. Mehr Impfen wäre die Lösung, auch die dritte Dosis werde helfen. Neben der Impfung gebe es den Grünen Pass, den viele Staaten eingeführt hätten und der dort auch zu Erfolgen geführt habe. Nun gehe es darum, den Grünen Pass besser zu kontrollieren. Viele Arbeitgeber seien da nachlässig, um nicht Arbeiter zu verlieren, ohne zu bedenken, dass bei Infektionen der ganze Betrieb stillstehe. Es brauche deshalb auch die Kontrollen der Ordnungskräfte und vor allem das verantwortungsbewusste Handeln der Einzelnen. Der Sanitätsbetrieb habe bereits zu wenig Personal und könne keine weitere Belastung gebrauchen. Der Ruf nach neuen Maßnahmen dürfe keine Ausrede dafür werden, dass man die bestehenden Regeln nicht einhalte. Überlegenswert seien gezielte Schutzmaßnahmen z.B. bei größeren Veranstaltungen. Die Zuständigkeit dafür liege aber ausschließlich beim Staat. Das Land könne in einer weißen Zone keine strengeren Regeln erlassen. Es brauche eine staatliche gesetzliche Grundlage. Die Regionen hätten diesen Wunsch geäußert. Die Regeln zu den Christkindlmärkten seien eine Vereinbarung mit den Veranstaltern.
LR Thomas Widmann erinnerte an die Situation vor einem Jahr. Die Wirtschaft sei stark eingeschränkt worden, Südtirol sei mit 9. November zur roten Zone geworden. Die damaligen Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt, aber nicht genug für einen offenen Winter. Heute sei man in der gleichen Situation, was die Zahlen betreffe, damals habe es aber noch keine Geimpften gegeben. In ganz Europa sehe man, dass die Impfrate und die Inzidenzen und Hospitalisierungen zusammenhingen. In Portugal sei die Impfrate hoch und es gebe keine Einschränkungen, in England und Dänemark gebe es keine Einschränkungen, die Impfrate sei nicht so hoch, und die Zahlen seien wieder im Steigen. Das Impfangebot in Südtirol sei hoch. Andererseits werde fast überall rundum mehr kontrolliert als in Südtirol. Dieses Verhalten führe unweigerlich in den nächsten Lockdown. Wenn die Zahlen bei uns wieder steigen, bedeute dass, dass viele Nichtgeimpfte sich anstecken und im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das Land werde sich bemühen, die Impfrate zu erhöhen, auch mit der dritten Dosis, nur dann könne man einen ruhigen Winter haben. Widmann bat Unterholzner, sich nicht nur die eine Seite der Wissenschaft anhöre. Es gebe viele Studien, die klar nachwiesen, dass Geimpfte besser geschützt seien.
In einem Rechtsstaat gebe es die Unschuldsvermutung, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Derzeit sei dieses Prinzip ausgehebelt, der Gesunde müsse seine Gesundheit nachweisen. Er fragte, was mit dem Grünen Pass der Geimpften werde, wenn diese infiziert seien, und es Erhebungen zu Genesenen gebe, die wieder angesteckt und hospitalisiert wurden.
Josef Unterholzner (Enzian) verwies auf die Zahlen des ISS vor zehn Tagen: 2020 seien von 130.000 angeblichen Coronatoten nur 3.700 an Covid gestorben. Da frage man sich, von welcher Pandemie man rede. Er lade alle Abgeordneten zum Vortrag von Prof. Burkhardt ein, um zu hören, was ein renommierter Wissenschaftler zu sagen habe. Er frage sich, auf der Grundlage welcher wissenschaftlicher Erkenntnisse der Landesrat seine Entscheidungen treffe. Jedes Jahr gebe es in den Wintermonaten mehr Tote.
Brigitte Foppa (Grüne) fragte, ob es Zahlen zu den Genesenen gebe, die sich nicht impfen lassen wollten. Diese seien anders zu behandelt. Sie fragte, wie das gehandhabt werde, wenn volle Busse aus Ländern kämen, wo das noch erlaubt sei, was passiere, wenn ein Hotel keine Zimmer für die Quarantäne habe.
Franz Ploner (Team K) fragte nach den Terminen für die Booster-Impfung. Nicht jeder schaue auf seien Impfausweis nach dem Datum der letzten Impfung, daher sollte man vor allem die älteren Leute anschreiben. Man sollte auch die Geimpften und Genesenen testen, besonders in den Altenheimen, um mehr Sicherheit zu haben. Diese Tests sollten kostenlos sein.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) verwies auf eine heute vom “Corriere” veröffentlichte Statistik, die den Zusammenhang zwischen Impfrate und Inzidenzen klar belege. Er fragte, wie man die dritte Dosis organisieren wolle und ob es Nachverfolgungsprotokolle für Infektionsherde und Altersheime gebe.
Was die Reisebusse aus dem Ausland betreffe, so müssten sich diese über die Regeln im Ankunftsland informieren, antwortete LH Arno Kompatscher, und die Verbände der Reiseunternehmen würden diese Informationen auch bieten. Im Hotel würden dieselben Quarantäneregeln gelten, wie überall, falls im Hotel kein Platz sei, müssten die Gäste sich abholen lassen. Knolls Position nehme er zur Kenntnis, die Politik müsse zwischen verschiedenen Rechten abwägen. Die Gesetze müssten die Verfassung beachten. Man könne nicht von Diktatur reden, das Verfassungsgericht prüfe, ob die Gesetze konform seien. Die wissenschaftliche Debatte finde laufend und offen statt. Die Daten seien öffentlich, aber Unterholzners Interpretation dazu abenteuerlich. Der Impfschutz lasse mit der Zeit nach, daher könnten auch Geimpfte angesteckt werden, das sei bekannt.
Momentan gebe es für Genesene eine Verlängerung auf zwölf Monate, erklärte LR Thomas Widmann. Die Antikörpertests seien für den Grünen Pass in Europa nicht anerkannt, da man wissenschaftlich nicht sagen könne, ab welcher Menge man immun sei; keine Stelle würde das zertifizieren. Das Contact-Tracing hänge vom Fall ab, z.B. ob es viele Kontakte gegeben habe, wo es vermutlich passiert sei usw. Man wolle eine Informationskampagne zur dritten Impfung machen, er nehme Ploners Anregung an, die Personen anzuschreiben. Zu den Tests für Risikogruppen sagte Widmann grundsätzlich ja, gab aber den knappen Personalstand in Krankenhäusern und Altenheimen zu bedenken. Wenn alle geimpft wären, hätte man diese Probleme nicht mehr, das sei der Königsweg.