Von: APA/dpa/Reuters
Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach der tödlichen Messerattacke in Mannheim ein striktes Vorgehen gegen Extremisten angekündigt. In Gedenken an den getöteten Polizisten fahren die Dienstfahrzeuge der deutschen Bundespolizei bundesweit mit Trauerflor. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) versprach indes, alles zu tun, um eine derartige Attacke in Österreich zu verhindern.
Bei dem Angriff hatte ein 25-Jähriger am Freitagvormittag auf dem Marktplatz in der Innenstadt von Mannheim bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) sechs Männer verletzt, darunter den Polizisten. Der 29-Jährige erlag am Sonntagnachmittag seinen Verletzungen. Der Angreifer mit afghanischer Staatsbürgerschaft hatte dem Beamten, der den Angriff unterbinden wollte, mehrmals in den Kopfbereich gestochen.
Scholz sagte am Montag, der Polizist habe für Frieden und Sicherheit sein Leben verloren. Er sei im Einsatz gewesen, weil er die Demokratie beschützt habe und das Recht von allen, die eigenen Meinung zu sagen, egal, ob sie irgendwem sonst gefalle, so der deutsche Kanzler (SPD) bei einem Besuch im vom Hochwasser betroffenen Reichertshofen in Oberbayern. “Wir werden mit allem, was wir zur Verfügung haben, den Rechtsstaat und die Sicherheit verteidigen. Polizei, Justiz und unsere Nachrichtendienste haben diese Aufgabe, sie tun das. Aber auch wir als Bürger werden da zusammenstehen.”
Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser forderte “schnelle Strafen” für den Täter. “Wir müssen als Staat jetzt ganz hart und schnell reagieren. Das muss eine schnelle Strafe für den Täter geben”, sagte Faeser am Montag im Reuters-TV-Interview am Rande eines Besuchs im bayerischen Hochwassergebiet. Aus der SPD und der FDP kamen Forderungen, Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich zu machen. Der deutsche Grünen-Co-Parteichef Omid Nouripour warnte indes vor einem Rückführungsabkommen mit den in Afghanistan herrschenden radikal-islamischen Taliban. Sahra Wagenknecht (BSW) forderte eine Kehrtwende in der Migrationspolitik.
Innenminister Karner betonte am Montag: “Solche hinterhältigen, solche feigen Anschläge dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.” Daher sei es Aufgabe der Polizei, der Exekutive und des Verfassungsschutzes hier mit aller Vehemenz zu ermitteln, auszuforschen und so etwas zu verhindern, sagte Karner am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der finnischen Innenministerin Mari Rantanen in Wien. “Und wir werden alles tun – mit den Mitteln des Rechtsstaates, so etwas zu verhindern und mit aller Konsequenz und Härte auch dagegen vorzugehen.”
Zuvor hatte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) für den nach einem Messerangriff in Mannheim gestorbenen Polizisten Trauerflor und eine Schweigeminute veranlasst. Am kommenden Freitag – eine Woche nach der Tat – soll um 11.34 Uhr des 29-Jährigen gedacht werden, teilte das Innenministerium am Montag mit. Auch eine Trauerfeier ist geplant. Wann diese stattfinden soll, stehe bisher nicht fest, sagte ein Polizeisprecher. Man wolle zunächst der Familie Raum zum Trauern geben. Für den Abend ist in Mannheim eine Kundgebung geplant, an der auch Strobl teilnehmen will.
Das Motiv für die Attacke ist weiter unklar. Bisher sei der Täter aus gesundheitlichen Gründen nicht vernehmungsfähig gewesen, hieß es von der Staatsanwaltschaft am Montag. Er war im Zuge der Attacke von einem Polizisten angeschossen worden. Neben Aussagen zum Tatmotiv vom Täter selbst erhoffen sich die Ermittler weitere Erkenntnisse durch die Auswertung des bei der Durchsuchung seiner Wohnung im hessischen Heppenheim aufgefundenen Materials. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen war der Täter zuvor weder als Straftäter noch als Extremist aufgefallen. Nach einem Bericht der “Welt” war der Asylantrag des Afghanen 2014 abgelehnt worden. 2023 sei ihm eine befristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden, weil er mit einer Frau in Deutschland ein Kind zeugte, für das er auch das Sorgerecht bekam.
Eine mögliche Haftstrafe müsste der afghanische Täter in Deutschland verbüßen. Ob und wann ein ausländischer Straftäter nach Verbüßung der Haftstrafe abgeschoben wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Situation in seinem Herkunftsland zum Zeitpunkt der Haftentlassung.
Auf die Frage, ob die Messerattacke womöglich Auswirkungen auf die Sicherheitsvorkehrungen für die Fußball-Europameisterschaft haben werde, antwortete ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Montag in Berlin, die Sicherheit habe bei der EM natürlich höchste Priorität. Bund und Länder bereiten sich deshalb intensiv vor, um diese gewährleisten zu können. “Selbstverständlich ist es immer so, dass lageabhängig Maßnahmen geprüft werden”, fügte er hinzu.