Mattle wird 2027 wieder kandidieren - Kritik an EU-Verkehrskommissarin

Salvini ist ihm ein Dorn im Auge

Sonntag, 06. August 2023 | 08:05 Uhr

Von: apa

Der seit dem Oktober des vergangenen Jahres amtierende Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) plant persönlich schon längerfristig in die Zukunft. Im APA-Interview erklärte der 60-Jährige, dass er jedenfalls bei der Landtagswahl im Jahr 2027 wieder kandidieren wird: “So ist es.” In Sachen Transit übte Mattle scharfe Kritik an EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. Diese würde das Problem “anheizen”, statt zur Lösung beizutragen.

Von Valean, deren Stammpartei in Rumänien ebenso wie die ÖVP der Europäischen Volkspartei (EVP) angehört, habe Tirol bisher “keine Unterstützung” erhalten, ging Mattle mit der Kommissarin hart ins Gericht. Mattle verwies einmal mehr auf das von Bayern, Tirol und Südtirol paktierte “Slot-System” oder “intelligente Verkehrsmanagementsystem” mit buchbaren Lkw-Fahrten auf der Brennerstrecke. Es handle sich um einen großen Erfolg, auch weil es gelungen sei, Bayern und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hier und auch in anderen Transitfragen “mit ins Boot” zu holen. Die Regionen hätten “geliefert”. Nun müsse die EU-Kommission die Vorschläge “mitbewerten” und mithelfen, dass es in Italien und Deutschland zu einem “Umdenken” kommt. Denn für ein Umsetzen des “Slot-System” braucht es einen Staatsvertrag zwischen den Nationalstaaten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) billigte Mattle zu, bemüht zu sein und vermitteln zu wollen, damit man letztlich dem überbordenden Transitverkehr Herr werde.

Vor allem auch Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega), der wiederholt gegen die Tiroler Anti-Transitmaßnahme zu Felde zieht, ist dem Landeshauptmann ein Dorn im Auge. Auch das Mantra des deutschen Verkehrsministers Volker Wissing (FDP), “Freie Fahrt für freie Bürger”, sei angesichts der massiven Gesundheits- und Verkehrsbelastung “absolut unverständlich.” Mattle setzte unterdessen auf die EU-Wahl im kommenden Jahr. Diese könnte in der Transitpolitik eine “Veränderung” herbeiführen. Und generell: “Ich bin überzeugt, dass die Zeit für uns spielt.”

Mit der Arbeit der neuen Landesregierung aus ÖVP und SPÖ zeigte sich der Landeschef sehr zufrieden: “Wir arbeiten hart und blicken in die Zukunft.” Das erste halbe Jahr habe man sich – neben der neuen Vorgangsweise bei Großraubtieren – vor allem um die “Energiewende” gekümmert und dabei begonnen, den Photovoltaik-Ausbau voranzutreiben sowie per “Windkraftstudie” auch das dortige, bescheidenere Potenzial aufgeschlüsselt.

Ab Herbst stehe der paktierte Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung im Fokus. Bis Ende des Jahres sollen die Parameter feststehen und der Bedarf dargelegt sein. Bis zum Ende der Legislatur soll der Rechtsanspruch in Tirol umgesetzt sein. Daran werde man sich messen lassen, versicherte Mattle. Nun gehe es unter anderem darum, sich den Betreuungsschlüssel anzuschauen, Betreuungsplätze zu schaffen, das Personal aufzustellen und Bundesmittel abzuholen.

Ein grundsätzliches Bekenntnis legte Mattle zu zwei weiteren heißen Eisen ab: Dem geplanten, umstrittenen Kraftwerksausbau im Kaunertal und der nicht minder umstrittenen “Wasserstoffbahn” im Zillertal. Im Kaunertal-Fall habe die Behörde dem Landesenergieversorger Tiwag im laufenden Verfahren klare Verbesserungsaufträge erteilt. Das unterstütze er. Diese Verbesserungen müssten von der Tiwag dann auch letztlich “dargestellt werden”. Darauf werde er achten, so der Landeschef. Aber generell gelte: “Das Kraftwerk Kaunertal ist ein wesentlicher Schritt zum Ausbau der erneuerbaren Energieträger und zur Energiewende.”

In Sachen Zillertaler “Wasserstoffbahn” verwies Mattle erneut auf den Grundsatzbeschluss der Regierung, der weiter gelte: “Die Zeit ist reif für Wasserstoff in Tirol. Die Bahn ist ein wesentlicher Schritt in Richtung Dekarbonisierung.” Aber, schränkte Mattle ein: Nicht um jeden Preis. Die Ereignisse der vergangenen Woche hätten zu Verunsicherungen in der Bevölkerung geführt, daher werde noch einmal eine finanzielle und technische Prüfung durchgeführt, um das Vertrauen in das Projekt zurückzugewinnen.

Zu Verunsicherung habe auch die Tiwag-Debatte rund um den Strompreis geführt. Letztlich schwenkte das Landesunternehmen nach politischem Druck, unter anderem durch Mattle selbst, ein. Ab 24. Juli kam es zu einer Senkung – nach einer beträchtlichen Erhöhung zuvor. “In der Tiwag gibt es exzellente Kaufleute und Techniker. Aber an der Kommunikation muss gearbeitet werden. Die war grottenschlecht”, fand Mattle deutliche Worte. Dies habe er auch intern klargemacht. Er stehe aber weiter hinter der Führung rund um Vorstandschef Erich Entstrasser.

Die zwei heftig debattierten Finanz-Causen – das Pleite gegangene Dienstleistungsunternehmen des Gemeindeverbands GemNova sowie das in finanzielle Schwierigkeiten geratene Matrei in Osttirol – sah der Landeshauptmann vonseiten Schwarz-Rot ebenfalls gut gemanagt. Im Falle von Außenständen von Gemeinden beim Land werde man künftig im Sinne eines Frühwarnsystems einen “noch strengeren Blick” drauf werfen.

Bezüglich der Innsbrucker Gemeinderats- und Bürgermeisterdirektwahl im kommenden Frühjahr sprach sich Landesparteichef Mattle für einen “gemeinsamen Weg” von Innsbrucker ÖVP und der Liste “Für Innsbruck” aus. Zuerst stimme man die Themen ab, “dann geht es um die Köpfe”. Wer der wahrscheinliche gemeinsame Bürgermeisterkandidat sein wird, da wollte sich Mattle nicht in die Karten schauen lassen. Auch nicht auf die Frage, ob der gehandelte ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky einer der potenziellen Anwärter sei.