FPÖ-Verhandler Christian Hafenecker

Medien-Streit bei Koalitionsverhandlungen

Donnerstag, 23. Januar 2025 | 19:18 Uhr

Von: apa

Die Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind am Donnerstag fortgesetzt worden. Gleich zu Beginn gab es Sand im Getriebe: Die FPÖ zog sich unmittelbar nach dem Auftakt der Untergruppe “Medien” wegen Unstimmigkeiten kurz zu internen Beratungen zurück. Dem Vernehmen nach dürfte die ÖVP zwar an der ORF-Haushaltsabgabe nicht festhalten, fordert aber Alternativen zur Finanzierung von den Freiheitlichen ein. Kommende Woche könnte auch wieder auf Chefebene verhandelt werden.

Knackpunkte neben dem ORF dürften weiterhin ein Bekenntnis zu EU, die Abgrenzung der FPÖ zu den Identitären und der Umgang mit Antisemitismus sein. Möglicherweise könnten diese “heißen Eisen” kommende Woche auch von den Parteichefs Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) behandelt werden – nach dieser Woche könnte sich dann auch ein Fahrplan für die weiteren Gespräche bzw. deren Abschluss herauskristallisieren. Außerdem gibt es dem Vernehmen nach bereits Begehrlichkeiten die Ministerien betreffend. So wollen sowohl Freiheitliche als auch die ÖVP etwa das Innenressort.

Unmut in Mediengruppe

Die FPÖ-Verhandler der Mediengruppe waren kurz nach Beginn der Sitzung in der Früh wieder aus dem Verhandlungssaal ausgezogen, um sich intern zu beraten, wie FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker der APA im Parlament sagte. Nach dieser kurzen Unterbrechung wurden die Gespräche wieder fortgesetzt. Die Freiheitlichen stießen sich daran, dass Kurt Egger, Mediensprecher der ÖVP, für den Donnerstag die Medienverbände zu einem “persönlichen Gespräch” eingeladen hatte, dies wohl nicht zufällig direkt nach Abschluss der ersten Verhandlungsrunde, wie es aus der FPÖ hieß.

Egger hatte bereits am Montag erklärt, angesichts der “aktuellen Herausforderungen für die österreichische Medienlandschaft” bekräftige die ÖVP ihre Unterstützung für Demokratie und Medienfreiheit. Er nahm dabei auf ein Schreiben der Medienverbände Bezug, in dem die heimischen privaten Medienverbände am Montag betonten, dass Presse- und Kommunikationsfreiheit ein “verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht” sei.

Medien, Kultur, Finanzen und Steuern auf der Tagesordnung

Vor Verhandlungsstart am Donnerstag hatten Hafenecker und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) in der “Plenar Lounge” im Parlament einen “Doorstep” vor Journalisten abgehalten, bei denen die inhaltlichen Anliegen der Verhandlungspartner noch einmal bekräftigt wurden. Angesetzt waren für den Donnerstag Gespräche unter Federführung von Hafenecker und ÖVP-Ministerin Susanne Raab zu den Bereichen Kultur und Medien – wobei Medien den Auftakt machte. Die Gruppe unter FPÖ-Mann Hubert Fuchs und Mahrer widmet sich dem Thema Finanzen und Steuern. Auch Wirtschaft und Landesverteidigung stehen auf der Tagesordnung. Die Verhandlungen dürften sich bis in den frühen Abend hineinziehen, medienöffentliche Statements waren danach nicht geplant.

Hafenecker sagte zum Medien-Thema, er wolle außer Streit stellen, dass die FPÖ “für Medienpluralität” stehe, “auch wenn Sie es uns nicht glauben”. Auch verwies er auf einen Brief von FPÖ-Chef Herbert Kickl an die Chefredakteure und Herausgeber, in dem er erklärt hatte, er suche einen “offenen Dialog” mit den Medien.

Freilich werde es “notwendig sein, die Medienförderung zu reparieren” und auf den Stand der technischen Gegebenheiten “anzupassen”. Auf Nachfrage verwies Hafenecker darauf, dass es nun einmal so sei, dass es immer mehr Online-Medien gebe – “egal ob das nun rechtskonservative Medien sind oder andere”. “Dem soll man auch Rechnung tragen.” Klar sei, dass ein Medienförderungssystem “zusammengezimmert” worden sei, “wo sich die etablierten Medien festgesetzt haben”, meinte Hafenecker zur aktuellen Situation. Umgekehrt gibt es bei der ÖVP kein gesteigertes Interesse, sogenannte alternative Medien besonders zu fördern.

FPÖ pocht auf Aus für ORF-Haushaltsabgabe

Bezüglich des ORF pochte Hafenecker einmal mehr auf die FPÖ-Forderung nach einer Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe. Dies sei eines der zentralen Wahlmotive der FPÖ-Wählerschaft gewesen, betonte er. “Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss aus dem Budget heraus finanziert werden”, betonte er. Ein entsprechendes “Commitment” habe es schon bei den Verhandlungen 2017 zwischen der damaligen türkis-blauen Regierung gegeben – “entsprechende Vorschläge nehmen wir in die Verhandlungen mit”.

Sorgen, dass dies eine stärkere Einmischung der Politik bedeuten würde, versuchte Hafenecker vom Tisch zu wischen: Der Vorwurf, “dass man den ORF an die politische Leine nehmen möchte, geht immer daneben”. Es brauche eine gesicherte Finanzierung – er könne sich eine Lösung über das Budget vorstellen, die über die Legislaturperiode hinausgeht, “damit der ORF nicht nach jeder Wahl das Budget neu verhandeln muss”.

Grüne: “Medienpolitische Orbanisierung”

Scharfe Kritik kam beim Punkt Medien von den Grünen. “Den Worten folgen nun Taten. Was der FPÖ-Mediensprecher und Regierungsverhandler Christian Hafenecker heute angekündigt hat, ist nichts anderes als der logische nächste und entscheidende Schritt im blauen Drehbuch der medienpolitischen Orbanisierung”, sagte die Grüne Mediensprecherin Sigrid Maurer in einer Aussendung.

“Anstatt das Budget zu entlasten, stellt Hafenecker in Aussicht, den ORF künftig aus dem Budget zu finanzieren und die Mittel um 15 Prozent zu kürzen.” Dies sei “medienpolitisch gefährlich”, weil es den ORF in eine “massive Abhängigkeit von der Politik bringt und redaktionell schwächt”. Die FPÖ wolle der Bevölkerung mit einer Schwächung des ORF nicht nur unabhängige Information, sondern auch ein Stück österreichische Identität rauben. “Das zu verhindern ist Aufgabe und Verantwortung der ÖVP”.

Ein weiterer zentraler Punkt der FPÖ ist die von ihr geforderte “Aufarbeitung” der Corona-Maßnahmen. Die Frage, ob ihm hier ein Modell nach Vorbild Niederösterreichs vorschwebe, bejahte Hafenecker bei seinem Statement.

ÖVP plädiert für Arbeitsanreize

Mahrer sagte, Ziel sei eine Entlastung für Bürger und Bürgerinnen sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, auch die Entbürokratisierung des Steuersystems solle im Fokus stehen. Man müsse Anreize schaffen, damit sich ein Mehr an Arbeit auch lohne, verwies er auf seinen Vorschlag einer “Leistungs-Flattax”: Der WKÖ-Präsident hatte diese Idee einer Pauschalsteuer von 20 Prozent ventiliert, die etwa auch für Zuverdienst in der Pension gelten sollte. “Auch die Überstunden würden in dieses System reinfallen”, sagte Mahrer am Donnerstag.

Kritik kam von den NEOS, für die eine Flat Tax für Pensionisten und Pensionistinnen zu wenig ist. Eine Entlastung für Leistung müsse “unabhängig vom Alter oder dem Dienstvertrag” für alle gelten, die arbeiten und etwas leisten, so der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak.

Beim Budget verwiesen beide Verhandler auf den bereits erfolgten Grundsatzbeschluss, der 2025 eine Einsparung rund 6,4 Milliarden Euro bringen soll – und das ohne neue Steuern, was ein Drücken des Defizits auf unter drei Prozent des BIP ermöglichen soll. Es gehe nun darum, den Budgetpfad für sieben Jahre auszuarbeiten, so Mahrer, der sich zuversichtlich zeigte.

Erste Runde der Untergruppen endet am Freitag

Ihren Abschluss soll die erste Runde der thematischen Gespräche am Freitag finden. Gesprochen wird dann über Bildung, Pensionen und Gesundheit sowie Außen- und Europapolitik. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Untergruppen noch mehrere weitere Gespräche benötigen und dann auch die Steuerungsgruppen von FPÖ und ÖVP mit den Parteichefs Herbert Kickl und Christian Stocker am Zug sind. Einen fixen Zeitrahmen bis zur Bildung einer möglichen Regierung gibt es nicht.

Begonnen hatten die Verhandlungen in den Untergruppen bereits am Montag. Besprochen wurden in den ersten Tagen etwa die Bereiche Infrastruktur und Verkehr, Innere Sicherheit, Landwirtschaft, Klima und Familie. Mögliche Einigungen und Kompromisse sind noch nicht an die Öffentlichkeit durchgedrungen. “Heiße Eisen”, wie etwa das Thema Sky Shield und EU-Politik, könnten dem Vernehmen nach erst von den Spitzen der Parteien behandelt werden.

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