Von: mk
Bozen – “In der Wirtschaft sind Fähigkeiten, die Frauen tagtäglich in der Familie leben, wie soziale Kompetenz, Organisationstalent und Kommunikationsfähigkeit, durchaus gefragt und immer mehr Frauen in Südtirol weisen eine akademische Ausbildung auf”, heben die Landesrätinnen Waltraud Deeg und Martha Stocker anlässlich des Tages der Frau am 8. März hervor. Die berühmte Gläserne Decke aber könnten viele Frauen dennoch noch immer nicht durchbrechen. Trotz guter Ausbildungen bleiben die meisten von ihnen spätestens auf der Ebene des mittleren Managements hängen. Als Gründe dafür nennen Studien unter anderem die stärkere Förderung männlicher Mitarbeiter durch männliche Vorgesetzte und den weitgehenden Ausschluss von Frauen aus wichtigen beruflichen Netzwerken. Außerdem gehen Personalchefs häufig stillschweigend davon aus, dass Frauen irgendwann eine “Familienpause” einlegen werden, teilweise ohne die Frauen selbst überhaupt dazu zu befragen – was in den meisten Rechtsordnungen auch gar nicht zulässig wäre.
“In erster Linie muss sich also etwas am Rollenverständnis ändern”, sagt Landesrätin Deeg, “auch an dem der Frauen selbst, denn viele sind nämlich selbst davon überzeugt, dass sie ab einer bestimmten Karrierestufe eine Entscheidung zwischen Elternschaft und Karriere treffen müssen.” Mit Maßnahmen wie dem flächendeckenden Ausbau von Betreuungsangeboten für Kinder von drei Monaten bis drei Jahren und dem Landesfamiliengeld+ hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren wichtige Schritte in Richtung bessere Vereinbarkeit gesetzt.
Die Präsenz von Frauen in Entscheidungspositionen nimmt langsam aber stetig zu, wie die Situation in Südtirols Verwaltungs- und Aufsichtsräten zeigt: Lag die Frauenquote in diesen Entscheidungsgremien bis zur Einführung des Gleichstellungsgesetzes im Jahr 2010 zwischen spärlichen 1 und 2 Prozent, so waren 2016 bereits 31 Prozent Frauen in Verwaltungs- und stolze 35 Prozent in Aufsichtsräten vertreten. “Dabei ist das Bedürfnis der Frauen nicht nur jenes, rein numerisch stärker in Führungspositionen vertreten zu sein, sondern auch fachlich immer qualifizierter und kompetenter aufzutreten”, erklärt Landesrätin Martha Stocker.
Um sie darin zu unterstützen, die komplexen Inhalte ihrer verantwortungsvollen Posten gut vorbereitet und mit dem nötigen Rüstzeug ausgestattet anzugehen, hat die Frauenakademie des Landesbeirats für Chancengleichheit für Frauen in Kooperation mit dem Wirtschaftsförderungsinstitut WIFI und der Handelskammer Bozen im Herbst 2016 den ersten Lehrgang für Verwaltungs- und Aufsichtsrätinnen gestartet. Die verfügbaren Plätze waren bezeichnenderweise bereits nach wenigen Tagen ausgebucht, und daher wird im Herbst 2017 ein zweiter Lehrgang angeboten. “Es besteht große Nachfrage für weitere qualifizierende Fortbildungen”, weiß Landesrätin Stocker, “weil sich Frauen immer selbstbewusster für Verantwortungspositionen bewerben.”
Die Politik könne nur die Rahmenbedingungen schaffen, nutzen müssen sie die Frauen selbst, sind die Landesrätinnen Deeg und Stocker überzeugt: “Über kurz oder lang werden diese veränderten Bedingungen aber dafür sorgen, dass wir Frauen mutiger werden. Dafür, dass wir uns noch aktiver in Politik und Wirtschaft engagieren. Dafür, dass wir verlangen, dass unsere Arbeit ebenso honoriert wird wie die der männlichen Kollegen – sowohl finanziell als auch was den beruflichen Aufstieg betrifft.”