Von: apa
Bozen – Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) hat am Dienstag bei einem Arbeitsbesuch in Bozen versprochen, bezüglich der Autonomie Südtirols Wort zu halten. “Wer mich kennt, weiß, dass ich meine Versprechen halte”, bekannte Meloni bei einer Rede im Bozner Techpark NOI. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher bekräftigte, die Ausarbeitung eines entsprechenden Verfassungsgesetzes weiter vorantreiben zu wollen.
Die Südtiroler Volkspartei hatte zuletzt an einem Verfassungsgesetzentwurf zur Wiederherstellung der Autonomiestandards gemäß der Streitbeilegungserklärung von 1992 gearbeitet. Meloni sicherte Südtirol in der Vergangenheit mehrmals ihre Unterstützung zu und bekannte sich zur “besonderen Autonomie” Südtirols.
“Wir arbeiten auch am Autonomiestatut”, bestätigte Ministerpräsidentin Meloni. “Ich wurde gefragt, ob ich dieses Versprechen einhalten werde: Für mich ist die Angelegenheit keine zweitrangige Sache. An diesem Gesetzesvorschlag arbeitet Minister Roberto Calderoli mit großem Einsatz. ich denke, dass wir bald schon auf neue, gemeinsam erreichte Ziele anstoßen können”, so Ministerpräsidentin Meloni.
Meloni und Kompatscher waren in Bozen zusammengekommen, um ein Abkommen zum Entwicklungs- und Kohäsionsplan (FSC) zu unterzeichnen. Damit fließen rund 100 Millionen Euro aus europäischen Fonds nach Südtirol. Die finanziellen Mittel des Fonds sollen den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt festigen sowie wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte verringern. Der Fonds wird aus Beiträgen des Staates und der Provinzen gespeist.
Kompatscher erinnerte in seiner Rede auch daran, dass Südtirol bei der Verwendung von Geldmitteln aus europäischen Fonds als einzige Region in Italien alle Mittel abgerufen und eingesetzt habe. Man stehe, wie in der Vergangenheit, bereit, einzuspringen, wenn andere Gelder nicht abholen. Die Ministerpräsidentin erklärte, sie hoffe, dass keine Gelder übrig bleiben. Ziel sei es, dass alle in Italien effizient arbeiten. “Reichtum schafft nicht die Politik, sondern die Unternehmen”, bekannte sie sich zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.
Der Besuch Melonis erfolgte rund eineinhalb Monate nach Amtsantritt der neuen Südtiroler Mitte-Rechts-Fünferregierung, in der auch ihre Partei vertreten ist. Die Südtiroler Volkspartei Kompatschers koaliert neben Fratelli d’Italia auch noch mit den Südtiroler Freiheitlichen, der Lega sowie La Civica.
Meloni unterstrich bei dem Treffen außerdem, dass im Jahr 2023 die Einnahmen des italienischen Staates um 26 Milliarden Euro gestiegen seien. Im selben Jahr sei laut Meloni außerdem der höchste jemals verzeichnete Wert bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung erreicht worden. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung müsse im Rahmen eines kooperativen Ansatzes zwischen den zuständigen Behörden und den Steuerzahlern erfolgen – ohne die Bürger zu schikanieren, erklärte die Ministerpräsidentin. Ein weiteres Thema war die künstliche Intelligenz. Italien will eine Milliarde Euro investieren. „Eine Nation wie die unsere darf bei einem Thema wie diesem nicht zurückbleiben“, so Meloni.
Mit der Autonomen Provinz Bozen und Landeshauptmann Arno Kompatscher habe man sich auf das Ziel geeinigt, die Mittel aus dem Abkommen auf eine übergeordnete Priorität zu konzentrieren, nämlich auf die Stärkung der Straßeninfrastruktur in Südtirol. „Es gibt fünf große Projekte, die wir finanzieren“, erklärte Meloni.
82 Millionen Euro für Teilfinanzierung von Infrastruktur- und Mobilitätsprojekten
Aus dem staatlichen Fonds für Entwicklung und Kohäsion werden Südtirol im Planungszeitraum 2021-2027 insgesamt 82 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Das Geld wird für die Teilfinanzierung von Infrastruktur- und Mobilitätsprojekten verwendet: Die wichtigsten davon sind das Mobilitätszentrum Meran, die Umfahrung von Branzoll, Sicherheitsvorkehrungen auf der Vinschgauer Staatsstraße in der Gemeinde Graun sowie Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur im Gewerbegebiet Bozen Süd.
Der staatliche Fonds für Entwicklung und Kohäsion (FSC) ist zusammen mit den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (Eis) das wichtigste Instrument, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu festigen sowie wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte auszugleichen. In den vergangenen Planungsperioden wurden durch diesen staatlichen Fonds viele verschiedene Projekte, darunter Tunnelbauten oder wichtige Infrastrukturprojekte für die Landwirtschaft in Südtirol finanziert. Im Zeitraum 2014-2020 sticht die Finanzierung über 18 Millionen Euro zugunsten des NOI Techpark in Bruneck hervor.
“Ein bisschen möchten wir alle so sein”
“Ich bin froh, dass wir an diesem außergewöhnlichen Ort, einem Fenster in Richtung Innovation in Europa, die Unterschrift unter die Vereinbarung zum Fonds für Entwicklung und Kohäsion setzen”, sagte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni während der Veranstaltung im NOI Techpark. “Wir haben die Fähigkeit des Landes Südtirol, Geld zielgerichtet bis zum letzten Cent auszugeben, genau vor Augen; ein bisschen möchten wir alle so sein”, sagte die Ministerpräsidentin. “Die Vereinbarung bringt über 82 Millionen Euro in die auotnome Provinz Bozen. Wir haben vereinbart, dass dieses Geld für gezielte Infrastruktur- und Mobilitätsprojekte eingesetzt werden soll, zur Entflechtung des Verkehrs an neuralgischen Punkten. So werden zugleich Emissionen verringert, zudem ist es auch eine Investition in innovative Projekte wie das Mobilitätszentrum in Meran”, unterstrich die Ministerpräsidentin.
“Diese staatlichen Mittel stellen für Südtirol eine wichtige Ressource dar, die zusätzlich zu den europäischen Mitteln eine ausgewogene Entwicklung unseres Landes unterstützen. Südtirol hat diese Mittel stets vorbildlich eingesetzt und wird auch in Zukunft eine zügige Realisierung der vorgesehenen Projekte im Bereich der nationalen und europäischen Kohäsionspolitik garantieren”, sagte Landeshauptmann Kompatscher vor den zahlreichen Ehrengästen.
Meloni war im NOI Techpark von Landeshauptmann Arno Kompatscher und seinen drei Stellvertretern Rosmarie Pamer, Marco Galateo und Daniel Alfreider empfangen worden. Auch Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi und Regierungskommissar Vito Cusumano waren anwesend, wie die Nachrichtenagentur Ansa schreibt. Begleitet wurde sie vom Minister für Europäische Angelegenheiten und den europäischen Aufbaufonds Pnrr, Raffaele Fitto. Am Rande des Besuchs der Ministerpräsidentin in Südtirol war es auch zu Protesten gekommen.
“In einem Land, in dem die Ministerpräsidentin bei einem Treffen von Neofaschisten, die den römischen Gruß zeigen, keine Miene verzieht, ist es vielleicht angebracht, Giorgia Meloni daran zu erinnern, dass Italien ein Land mit einer antifaschistischen Verfassung ist, die unsere Rechte und Freiheiten schützt”, erklärt der Landtagsabgeordnete Zeno Oberkofler, der an dem institutionellen Treffen mit der Ministerpräsidentin als Vertreter der Grünen Fraktion im NOI Techpark teilgenommen hat und ein T-Shirt mit der Aufschrift “Viva l’Italia antifascista” trug.