Von: mk
Bozen – “2017 ist ein besonderes Jahr. Wir hatten in den vergangenen Monaten mehrere Gelegenheiten, uns zu treffen”, sagten Landeshauptmann Arno Kompatscher und der österreichische Außenminister Sebastian Kurz, als sie nach ihrem Vier-Augen-Gespräch am heutigen Donnerstag vor die Presse traten. Kompatscher blickte noch einmal zurück auf die Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Streitbeilegungserklärung in Meran und in Wien. “Es ist eine Genugtuung, feststellen zu können, wie sich die Erfolgsgeschichte Autonomie entwickelt hat”, zeigte er sich erfreut. Auch dass Südtirol für Italien und Österreich immer noch eine wichtige Frage der bilateralen Zusammenarbeit ist, unterstrich der Landeshauptmann. Kompatscher erinnerte zudem daran, dass die Autonomie im veränderten europäischen und internationalen Kontext immer weiterentwickelt werden müsse und betonte die gute Zusammenarbeit mit der österreichischen Bundesregierung.
Bundesminister Kurz zeigte sich beeindruckt von der positiven Entwicklung Südtirols in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten und berichtete davon, dass die Autonomie in vielen Teilen der Welt als Vorbild gesehen werde. “Südtirol ist ein Herzensanliegen”, betonte er – und die Südtiroler Landesregierung ein wichtiger und verlässlicher Partner. Im Gespräch zwischen Kurz und Kompatscher ging es auch um die europäischen Strukturfonds, die Programme Interreg und Eusalp, und um die Kooperation im Rahmen der Euregio. Beide betonten die gute Zusammenarbeit, Kompatscher berichtete von der gestrigen Sitzung der Euregio im Trentino, Kurz zeigte sich davon überzeugt, dass alle Beteiligten von diesem regen Austausch profitieren würden.
Ein wichtiges Thema des Treffens von Landeshauptmann Kompatscher mit Minister Kurz war auch die Migration. “Ich habe dem Minister die Position der Europaregion erklärt”, sagte Kompatscher und forderte erneut eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage. “Wir müssen das Problem an der Wurzel packen, es reicht nicht, die Symptome zu behandeln”, sagte er. Was den Brenner betrifft, so sei die Lage unter Kontrolle. Auch dank einer hervorragenden Zusammenarbeit zwischen Italien und Österreich. “Es ist auch absolut nachvollziehbar, dass ein Land die Kontrolle über seine eigenen Grenzen haben möchte”, sagte Kompatscher mit Blick auf die Debatte über den militärischen Einsatz am Brenner.
“Österreich ist bereit, die eigenen Grenzen zu schützen”, bekräftigte auch Kurz, “so wie es ist, kann es nicht bleiben”, sagte er und forderte einmal mehr einen Systemwechsel. “Ich war von Anfang an gegen ein Weiterwinken. Wer das unterstützt, gefährdet das Europa der offenen Grenzen nach innen. Es kann nicht sein, dass Schlepper darüber entscheiden, wer nach Europa zuwandern darf und wer nicht”, so Kurz. Ein grenzenloses Reisen durch Europa sei nur dann möglich, wenn die Außengrenzen gesichert sind, stimmte Kompatscher ihm zu.
Solange eine Rettung im Mittelmeer mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden sei, würden sich immer mehr Menschen auf den Weg machen, fuhr Kurz fort. Um die gefährliche Flucht weniger attraktiv zu machen, müssten die aufgegriffenen Menschen umgehend zurückgeschickt werden, forderte Kurz. “Ziel muss es sein, die Mittelmeerroute zu schließen”, bekräftigte er. Dass das möglich sei, habe die Schließung der Balkanroute vor gut einem Jahr bewiesen. Schon nach drei Tagen seien nicht mehr 15.000 Menschen in Griechenland angekommen, sondern nur mehr rund 1.000. In Italien sind nach UN-Angaben im ersten Halbjahr 2017 fast 20 Prozent mehr Flüchtlinge angekommen als im Vorjahreszeitraum. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass seit Jahresbeginn mehr als 83.000 Bootsflüchtlinge in Italien an Land gegangen sind. Den Vorstoß von Innenminister Marco Minniti, der angekündigt hatte, NGO-Schiffe zu beschlagnahmen, wenn die Hilfsorganisationen sich nicht an die Regeln halten, begrüßte der österreichische Außenminister. “Ich halte es für wichtig, dass NGOs ihre Finanzen offenlegen müssen, dass sie in libyschen Gewässern nicht verkehren dürfen und dass sie nicht mit Schleppern zusammenarbeiten”, sagte Kurz und erinnerte daran, dass er wegen seiner Forderung nach stärkerer Kontrolle der NGOs vor wenigen Monaten heftig kritisiert worden war.