Von: mk
Meran – Wie aus internen Schreiben hervorgeht, kann die Deutsche Burschenschaft ihre Verbandstagung in Südtirol nur noch mit Rumpfprogramm durchführen. Der inhaltliche Teil musste gestrichen werden, es geht nur mehr den gemeinsamen Bierkonsum am Samstag, den 16. September in einer noch geheimen Lokalität im Raum Meran. Auch deshalb sei die Stimmung im Verband miserabel, da viele Burschenschafter dafür nicht die lange Anreise aus Deutschland und Österreich auf sich nehmen wollten, teilt die Antifa Meran in einer Aussendung mit.
Der Verband „Deutsche Burschenschaft“ wollte sein Verbandstreffen ursprünglich im Thalguterhaus in Algund abhalten. Nach Protesten aus der Bevölkerung lud die Gemeinde die Burschenschafter wieder aus.
In der Nacht auf heute haben Mitglieder der Antifa Meran im Meraner Raum an verschiedenen Orten Plakate mit der Aufschrift „Burschenschaften nicht willkommen – Südtirol gegen Rechtsextremismus“ angebracht, um auf das Treffen hinzuweisen und die ablehnende Haltung der Bevölkerung zu unterstreichen.
Wie heute bekannt wurde, hatten mehrere Gaststätten im Meraner Raum entsprechende Anfragen bekommen und abgelehnt. Auch ein Lokal in Marling hatte einer Reservierungsanfrage zunächst zugesagt, da die Burschenschafter mit falschem Namen aufgetreten waren. Nachdem die Betreiber auf die Hintergründe aufmerksam wurden, luden sie die Burschenschafter wieder aus. „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns“, hieß es auf Nachfrage.
Fans des FC Obermais haben mit einer Banner-Aktion ihren Unmut über das Treffen ausgedrückt. Bei dem Spiel gegen den SV Lana entrollten rund ein Dutzend Fans des Oberliga-Vereins aus der Passerstadt ein Banner mit der Aufschrift „Burschafter Not Welcome“. In sozialen Medien schreibt die Fangruppe Curva Sud Obermais zu der Aktion: „In Zeiten globaler Krisen, niedriger Löhne und Armut erfahren populistische und rechtsextreme Parteien erfahrungsgemäß einen großen Aufschwung. Im Oktober stehen in Südtirol die Landtagswahlen an: Die gewohnten Feindbilder werden hervorgeholt. Für ein paar Stimmen wird quer durch die Parteilandschaft fleißig nach unten getreten. Die Geschichte zeigt, wie verheerend rechte Ideologien sein können, deswegen ist es gerade jetzt umso wichtiger klar Stellung zu beziehen und gemeinsam gegen Menschenfeindlichkeit und rechte Hetze zu stehen.“
Die „Deutsche Burschenschaft“ (DB) zählt als größter und ältester Dachverband für Burschenschaften in Deutschland 1300 Studenten und mehr als 10.000 „Alte Herren“ aus 120 Mitgliedsbünden zu ihren Vertretern.
In den letzten Jahren kam es wiederholt zu internen Richtungskämpfen, die sich unter anderem an umstrittenen Äußerungen einzelner Personen von Mitgliedsburschenschaften entzündeten, in deren Zusammenhang die Deutsche Burschenschaft in deutschsprachigen Medien mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht wurde. Die Richtungskämpfe kulminierten in einer Austrittsbewegung von Burschenschaften aus der DB.
Während ihr 2008 noch 123 Burschenschaften angehörten, sind es derzeit nach eigenen Angaben nur noch 67, ein Drittel davon mit Sitz in Österreich. Verschiedene deutsche Landesämter für Verfassungsschutz beobachten immer wieder einzelne Verbindungen wegen möglicher rechtsextremistischer Bestrebungen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz lehnt eine Beobachtung der Deutschen Burschenschaft ab.