Ein Kommentar

Mit zweierlei Maß gemessen

Dienstag, 29. Oktober 2024 | 01:28 Uhr

Von: mk

Bozen – Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj könnten von Russland bald 12.000 nordkoreanische Soldaten im Krieg gegen sein Land eingesetzt werden. Glaubt man Militärexperten, sind die Männer, die Machthaber Kim Jong-un nach Russland schickt, bereits jetzt so gut wie tot.

Die Ukraine hat sofort mit einem Willkommenspaket reagiert. So nahmen ukrainische Aufklärungsdrohnen Himars-Angriffe mit Streumunition auf exerzierende Soldaten auf.

Rund 1.500 der nordkoreanischen Einsatzkräfte sollen laut Schätzungen des südkoreanischen Geheimdienstes Elitesoldaten sein, die darauf spezialisiert sind, durch Infiltrationstechniken hinter feindliche Linien zu gelangen und Chaos zu stiften.

Falls die Soldaten nicht von den Ukrainern oder desertierten Russen getötet werden, werden sie wahrscheinlich trotzdem niemals wieder in ihre Heimat zurückkehren. Nordkorea ist ein Sklavenstaat. Das Maß an Freiheit, das diese Soldaten außerhalb ihres feudalen Systems sogar Russland erleben, dürfte sämtliche ihrer Vorstellungen sprengen. Würden die Soldaten ihre Erfahrungen mit ihren Landsleuten teilen, könnte dies das nordkoreanische Regime überfordern und die innere Sicherheit untergraben. Kim Jong-un wird das wohl nicht zulassen – und es gilt als unwahrscheinlich, dass er weitere seiner Sklaven opfert.

Nordkoreas Unterstützung Russland ist nichts weiter als ein trotziges Zeichen in Richtung Westen. In der Tat reagiert man dort eher mit Spott als mit Besorgnis: NATO-Generalsekretär Mark Rutte nannte die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea zwar “eine Bedrohung für die indo-pazifische und euro-atlantische Sicherheit”. Dass Russland angesichts hoher Verluste gegen die Ukraine auf Soldaten aus Nordkorea zurückgreifen müsse, zeige zugleich die “Verzweiflung” von Kreml-Chef Wladimir Putin.

Die Ukraine versucht Nordkoreas Beteiligung unterdessen als neue Eskalationsstufe darzustellen – und in der Tat: Während der Westen – allen voran die USA – der Ukraine immer noch nicht den Einsatz von Langstreckenwaffen auf russischem Territorium erlaubt, legt sich der Kreml selbst keine Einschränkungen auf und holt sich ungeniert ausländische Soldaten als Verstärkung. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

Bezirk: Bozen