Umweltschützer zeigen sich betroffen

Murenabgang bei der Baustelle zur geplanten Aufstiegsanlage Frommer Alm-Kölner Hütte

Montag, 06. Juli 2020 | 16:41 Uhr

Von: mk

Tiers – Letzte Woche ist in unmittelbarer Nähe der Baustelle zur geplanten neuen Aufstiegsanlage Frommer Alm-Kölner Hütte unterhalb der Laurins Lounge eine größere Mure abgegangen. Die Umweltschutzverbände zeigen sich betroffen, angesichts der massiven Schäden an der sensiblen alpinen Landschaft in unmittelbarer Nähe des Weltnaturerbes.

Seit Anfang Juni wird an der neuen Zehner-Kabinenbahn „König Laurin“ von der Frommer Alm zur Kölner Hütte gebaut. Allein für die geplante unterirdische Bergstation sollen rund 6.100 Kubikmeter Material ausgehoben und bewegt werden. Das entspricht etwa dem Aushub von zehn Einfamilienhäusern im sensiblen alpinen Gelände auf 2.300 Metern.

Parallel zu den Aushubarbeiten für die Bergstation (die geplante Aushubhöhe beträgt 15 Meter) unterhalb der Kölner Hütte ist bereits von Donnerstag auf Freitag ein Erdrutsch abgegangen. Von Freitag auf Samstag folgte eine weitere Mure von beträchtlichem Ausmaß.

DNU

Bereits im Februar 2019 sprachen sich die beiden Alpenvereine AVS und CAI in einer Presseaussendung gemeinsam für eine Reduktion der Förderleistung und Dimensionierung der geplanten Kabinenbahn auf ein „umweltverträgliches Maß“ aus. „Gerade im Nahbereich zu den Schutzgebieten muss mit der alpinen Natur und Landschaft rücksichtsvoll umgegangen werden“, meinte Claudio Sartori, Präsident vom CAI Alto Adige. Denn nur wenige Meter hinter der Kölner Hütte und der Baustelle liegt der Naturpark Schlern-Rosengarten, zugleich auch Natura-2000-Gebiet und Dolomiten Unesco Welterbe.

Der AVS drückte in einem Brief vom 14.02.2019 an Landeshauptmann Arno Kompatscher und die Landesräte Daniel Alfreider und Maria Hochgruber Kuenzer seine Verwunderung darüber aus, dass für diesen großen Eingriff im hochsensiblen Gelände keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste. Die Dienststellenkonferenz hatte diese Entscheidung am 17.10.2018 getroffen, im selben Zug aber umfangreiche Nachbesserungen am Projekt gefordert. Anstelle einer UVP wurde ein Sammelgenehmigungsverfahren mit bindendem Gutachten ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt.

Das zustimmende Gutachten der Dienststellenkonferenz vom 21.05.2019 zum Varianteprojekt der Latemar Karersee GmbH schrieb eine Reduktion der maximalen Förderleistung der Liftanlage von geplanten 2.400 p/h auf 1.800 p/h vor und erteilte in Folge 28 Auflagen. „Allein diese hohe Anzahl von Auflagen zeugt davon, dass es sich hier um ein Projekt mit erheblichen Umweltauswirkungen handelt“, meint AVS-Präsident Georg Simeoni.

Der Rosengarten sei einer der symbolträchtigsten Berge der Dolomiten. Die Umweltschutzverbände Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Heimatpflegeverband Südtirol, AVS, CAI und Mountain Wilderness zeigen sich von den massiven Schäden im sensiblen alpinen Gelände betroffen. Bereits seit Jahren warnen sie vor derartigen Großprojekten und vor den damit einhergehenden Folgeerscheinungen.

Grüne kritisieren Landesregierung

„Normalerweise gibt es einen ordentlichen Aufschrei, wenn in der Nähe einer Schutzhütte eine Mure abgeht. Erst recht wird darüber berichtet, wenn der Grund für den Murenabgang Baggerarbeiten im Hochgebirge sind. Seltsamerweise war das vergangene Woche nicht der Fall, obwohl im Bereich der Kölner Hütte nach einem Gewitter ein großer Erdrutsch zu Tale donnerte“, erklären die Grünen im Südtiroler Landtag.

Auch sie weisen daraufhin, dass Umweltschutzverbände und Bürgerinitiativen in den vergangenen Jahren den geplanten Neubau der Liftanlage zwischen Frommer Alm und Kölner Hütte als überdimensioniert bezeichnet und vor zu drastischen Eingriffen in die sensible Landschaft am Fuß des Rosengartens gewarnt hätten.

Die Proteste hätten sich nicht nur gegen die neue Seilbahn, sondern auch gegen den geplanten Event-Glasturm gerichtet.

„Mittlerweile hat die Landesregierung entschieden und den Liftbau genehmigt. Die Bauarbeiten diesbezüglich haben vor einigen Wochen begonnen, an der heutigen Bergstation bei der Kölner Hütte wurden gewaltige Erdbewegungen durchgeführt. Die Vegetationsdecke wurde im steilen Gelände aufgerissen, das darunter liegende Erdreich ausgebaggert und am Hang deponiert. Es kam, wie es kommen musste. Ein Gewitter genügte, um tausende Kubikmeter Aushubmaterial zu mobilisieren, welches zu Tale stürzte und alles mitriss, was sich im Wege befand. Zum Glück kamen keine Menschen zu Schaden. Dennoch sollte der Vorfall von den Behörden genauestens untersucht werden“, verlangen die Grünen.

Dieses Ereignis zeige allzu deutlich auf, wie sensibel und verletzbar die Landschaft im Hochgebirge ist und wie gefährlich starke Eingriffe sein können. „Hoffentlich zieht die Landesregierung aus dieser Beinahe-Katastrophe die notwendigen Lehren und stellt in Zukunft keine Genehmigungen für Liftanlagen in sensiblen Zonen mehr aus.“ sagt der Landtagsabgeordnete Hanspeter Staffler von den Grünen.

Es falle auf, dass unter der Regierung Kompatscher der Bau von Aufstiegs- und Liftanlagen deutlich zugenommen habe. Dabei würden nicht nur wertvolle Landschaftseinheiten ge- oder zerstört, sondern es würden auch viele Millionen von Steuergeldern in diese Projekte fließen.

Bezirk: Salten/Schlern