Von: mk
Bozen – “Genau wie angekündigt”, erklärte Landeshauptmann und Finanzlandesrat Arno Kompatscher nach der Verabschiedung, “gibt uns der heute im Landtag verabschiedete Nachtragshaushalt die Mittel in die Hand, um unsere Jahresprogramme 2017 in den verschiedensten Sektoren – von der Wirtschaft über die Bauprogramme bis hin zu Bildung, Sozial- und Gesundheitswesen – vollständig umzusetzen.”
Der Nachtragshaushalt 2017 umfasst 195 Millionen Euro. Beim Großteil der Mittel handelt es sich um Überschüsse aus dem vorjährigen Haushalt; es sind dies genau 129 Millionen Euro. “Wie versprochen, wird der Rotationsfonds für Wirtschaft und Tourismus aus dem Nachtragshaushalt gespeist”, betonte der Landeshauptmann, “57 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.”
Knapp 40 Millionen Euro wird das Land in den strategischen Regionalfonds zurückzahlen. “Es handelt sich dabei um regionale Mittel, die wir für Investitionen genutzt haben, was der Rechnungshof beanstandet hat”, präzisierte Landeshauptmann Kompatscher, “daher zahlen wir sie an die Region zurück. Allerdings werden wir diese regionalen Mittel 2018 für die Bezahlung des jährlichen Beitrags zur Tilgung der Staatsschulden nutzen. Der Landeshaushalt 2018 wird damit um eine Ausgabe von 40 Millionen Euro entlastet.”
Mit 68 Millionen Euro erscheint der Reservefonds im Nachtragshaushalt gut ausgestattet. “Es handelt sich dabei um eine haushaltstechnische Maßnahme”, erläutert der Finanzlandesrat, “wobei die Verwendung eines Großteils dieser Mittel schon feststeht.” So sollen 15 Millionen Euro für den Ausbau des Breitbandnetzte, die Verlegung von Glasfaserkabel und die Errichtung der Pop verwendet werden, elf Millionen Euro sind für die Finanzierung der Freien Universität Bozen in Erfüllung der Leistungsvereinbarung vorgesehen. In den Ausbau des Biathlonzentrums Antholz will das Land 2,7 Millionen Euro aus dem Nachtragshaushalt 2017 investieren und weitere 2,5 Millionen Euro werden für die Gehaltsanhebungen des neuen Bereichsübergreifenden Vertrags benötigt.
Mit dem Nachtragshaushalt hat der Landtag heute Nachmittag auch das Finanzgesetz genehmigt. “Leider war es auch diesmal wieder notwendig, das Gesetz für dringende gesetzgeberische Maßnahmen zu nutzen”, sagte der Landeshauptmann. Dazu gehören unter anderen die Maßnahmen zur wohnortnahen Gesundheitsversorgung, sprich die Umsetzung des neuen Zusatzvertrags für die Hausärzte, die Neuregelung der (Mineral-)Wassergebühren, die Sanierung geschlossener Abfalldeponien, die Neuordnung der Schulämter, die Gleichstellung der Berufsschuldirektoren mit den anderen Schuldirektoren, die Schaffung neuer Stellen für Integrationsmitarbeiter an den Schulen sowie die frühzeitige Schuldentilgung der Therme Meran.
Mit dem Nachtragshaushalt wurden die gesetzlichen Grundlagen für Verbesserungen im Familienbereich gelegt: den Übergang des regionalen Familiengeldes ans Land ab 1. Jänner 2018, die Verlängerung der Tarifbegünstigung in den Einrichtungen der Kleinkindbetreuung aus gesundheitlichen Gründen und die Verkleinerung der Gruppengrößen in Kindertagesstätten und Kinderhorten. “Mit diesen Neuerungen gelingt es uns, die Familien im Alltag zu entlasten, sie noch besser in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen und eine hohe Qualität in der Kleinkindbetreuung zu garantieren”, betonte Familienlandesrätin Waltraud Deeg nach Verabschiedung. Auf ihren Vorschlag hat die Landesregierung die Gesetzesartikel in den Nachtragshaushalt eingebracht.
Nachtragshaushalt: 17 Ja, 13 Nein, drei Enthaltungen im Landtag
Der Landtag hat heute die Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 130/17 (Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt des Landes Südtirol für das Finanzjahr 2017 und für den Dreijahreszeitraum 2017-2019) wieder aufgenommen.
Art. 27-quinquies sieht die Möglichkeit der vorzeitigen Tilgung von Schulden durch die Landesgesellschaften vor. Bernhard Zimmerhofer bezweifelte die Sinnhaftigkeit dieser Bestimmung. Es gehe hier um die Schulden der Meraner Thermen, die damit auf Null gestellt würden, bemerkte Hans Heiss, und LR Richard Theiner bestätigte dies. Der Artikel wurde mit 17 Ja und 15 Enthaltungen genehmigt.
Art. 27-sexies wurde ohne Debatte genehmigt.
Art. 27-septies betrifft den Wohnbau. Die Bestimmung, die die Wohnungen für das Militär betreffe, belaste auch den Bestand des WOBI, bemerkte Hans Heiss und fragte, um wie viele Wohnungen es sich handle. Bernhard Zimmerhofer fragte ob die 5 Prozent der Fläche, die das Militär nutzen könne, zusätzlich gemeint seien. Der WOBI-Direktor habe erklärt, dass die Aufgabe für das Institut verkraftbar sei, erklärte LR Christian Tommasini. Der Vorbehalt von fünf Prozent für das Militär sei bereits heute in Kraft, mit der vorliegenden Bestimmung könne man dies besser handhaben, wenngleich man noch beobachten müsse, wie sie sich bewähren werde. Der Artikel wurde mit 18 Ja, 6 Nein und 7 Enthaltungen genehmigt.
Art. 27-octies betrifft die Spielautomaten. Myriam Atz Tammerle schlug vor, die erwähnten Totems klarer zu bezeichnen, auch im folgenden Artikel. LR Martha Stocker erklärte sich damit einverstanden. Der Artikel habe den Zweck, das Gesetz besser wirksam zu machen, da die Totems mittlerweile weit verbreitet seien. Der Artikel wurde mit 20 Ja und elf Enthaltungen genehmigt.
Art. 27-novies wurde ohne Debatte genehmigt.
Art. 28 sieht die Aufhebung geltender Bestimmungen vor. Sven Knoll beanstandete, dass mit einem Änderungsantrag des Landeshauptmanns ein Abschnitt eines weiteren Gesetzes abgeschafft wird, ohne dass der Landtag wisse, worum es gehe. LH-Stv. Theiner erklärte, dass sich das aus der Generaldebatte ergeben habe; es gehe um das Energiegesetz. In einem weiteren Fall gehe es um das Personal der ladinischen Kindergärten, fügte LR Waltraud Deeg hinzu. Hans Heiss verwies auf die Rettung des Verwaltungsüberschusses der Gemeinden und fragte, inwiefern der Rotationsfonds hier eine Rolle spiele. LR Arnold Schuler erklärte, dass man für 2017 eine Übergangslösung gefunden habe, dass die Gemeinden aber gut daran täten, die Überschüsse abzubauen. Man suche nun neue Lösungen, damit die Gemeinden das Geld, das sie vom Land erhalten, auch einsparen können, wenn sie es für spätere größere Vorhaben brauchen. Der Artikel wurde mit 17 Ja, einem Nein und 15 Enthaltungen genehmigt.
Art. 29 enthält die Finanzbestimmung. Hans Heiss fragte, wie das Land die Privatschulen unterstützen wolle, damit sie Schüler mit Unterstützungsbedarf aufnehmen. Dass die Privatschulen hier zu wenig täten, treffe sicher nicht auf alle zu, erklärte LR Philipp Achammer. Nun wolle das Land bis zu 100 Prozent der entsprechenden Kosten rückerstatten. Der Artikel wurde mit 17 Ja, elf Nein und drei Enthaltungen genehmigt.
Art. 30 legt das Inkrafttreten fest und wurde ohne Debatte genehmigt.
Anschließend wurden die einzelnen Artikel des Landesgesetzentwurfs Nr. 131/17: Nachtragshaushalt des Landes Südtirol für das Finanzjahr 2017 und für den Dreijahreszeitraum 2017-2019 in Augenschein genommen. Die acht Artikel des Entwurfs wurden ohne Debatte und teilweise mit Änderungsvorschlägen der Landesregierung genehmigt.
Erklärungen zur Stimmabgabe
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) kündigte sein Nein zu den beiden Gesetzen an. Er bemängelte unter anderem die spärliche Präsenz der Mehrheit im Saal, ein Zeichen, dass es keine so sichere Mehrheit gebe. Der PD hätte sein Gewicht mehr in die Waagschale legen können, etwa zu den Einschreibungen in die Kindergärten. Vielleicht würde es der SVP gut tun, einmal auf der Oppositionsbank zu sitzen. Die Bestimmung zu den Gebühren für das Mineralwasser überlasse es der Landesregierung, die Beträge festzulegen. Es gehe hier um ein Millionengeschäft, das mit diesem Gesetz nicht angetastet werde.
Laut Andreas Pöder (BürgerUnion) braucht die Landesregierung dringend eine Haushaltshilfe. Das vorliegende Gesetz zeige eine Unordnung sondergleichen. Die Bestimmung zu den Marteller Fällen ziehe den Haushalt in ein ungutes Licht; wer an der richtigen Tür klopfe, könne Beiträge behalten, die er unrechtmäßig erhalten habe. Familien mit behinderten Kindern müssten den Beitrag hingegen zurückzahlen, wenn das Kind nicht 90 Tage zu Hause war. Der Steuerzahler müsse für einen Fehler geradestehen, den nicht er gemacht habe. Pöder bemängelte auch, dass der 2014 versprochene Kassensturz immer noch ausgeblieben sei. Viel Geld gehe mit diesem Nachtragshaushalt dort hin, wo schon genug sei.
Es gehe bei diesem Nachtragshaushalt um eine enorme Summe, 195 Millionen, bemerkte Hans Heiss (Grüne). Nur ein geringer Teil davon gehe an die Landwirtschaft, während die Wirtschaft mit 57 Mio. refinanziert werde. Wenig sei für Arbeitnehmer und Geringverdiener vorgesehen. In diese Gesetzentwürfe seien auch Grundsatzreformen gepackt worden, die nicht zu einem Haushalt passten, so etwa die Reform des Bildungsressort, die Reform der Allgemeinmedizin, die breite Unterstützung erhalte, der Übergang der Familienförderung von der Region an das Land. Die Bestimmung zu den Mineralwassergebühren sei ein Schlag ins Wasser, ebenso jene zum Gratisstrom, für den es bereits eine gesetzliche Regelung gebe. Erst in dieser Debatte sei klar geworden, dass es nicht um Gratisstrom für die Konsumenten gehe. Auch Heiss kritisierte die Sanierung der Beiträge für die beiden Gastwirte, damit werde der Rechtsstaat nebenbei mit Füßen getreten.
Man habe in diesen Tagen gesehen, wie man ein Haushaltsgesetz nicht behandeln sollte, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Summe sei lange nicht klar gewesen, eine Menge von Änderungen durch die Landesregierung sei im letzten Moment gekommen, es habe keine Diskussion über Haushaltsgrundeinheiten gegeben, womit die Kontrollfunktion des Landtags übergangen werde. Hier brauche es neue Regeln im Landtag, damit die Abgeordneten auch die nötige Zeit bekämen, sich mit einem Haushaltsgesetz zu befassen. Einiges finde seine Zustimmung, so die digitale Volksanwaltschaft oder die Unterstützung für die Jungärzte. Leider gehe hier die Landesregierung das Grundproblem nicht an, auch nicht das Problem mit der Einhaltung der Sprachbestimmungen. Knoll kritisierte die Bestimmung, wonach die Studentenheime nur anteilsmäßig gefördert werden. Eine Verbesserung habe man mit der Railjetverbindung nach Wien für die Erreichbarkeit Südtirols erreicht. Die Verkehrspolitik sei aber zu stark auf Bozen konzentriert, das Pustertal sei bei der Schiene Stiefkind. Ebenso würden die Überetscher, die eine Schienenverbindung wollten, vertröstet. Für den öffentlichen Verkehr brauche es ein Gesamtkonzept, das sei auch eine Zukunftsfrage für Südtirol, für Tourismus, Arbeitsplätze u.a. Knoll kündigte die Enthaltung seiner Fraktion an.
Tamara Oberhofer (Freiheitliche) bedankte sich für die Annahme zweier Tagesordnungen, zur Musiktherapie und zur Besteuerung der Onlinevermietung von Privatwohnungen. Dennoch werde man gegen dieses Gesetz stimmen, auch weil gewichtige Reformen an den Fachkommissionen vorbeigeschleust worden seien. Mehr Aufmerksamkeit hätte es für die Situation der deutschen Kindergärten gebraucht, vor allem jene, in denen deutschen Kinder in der Minderheit seien. Der Gesundheitsfonds schaffe eine Ungleichbehandlung zwischen privatem und öffentlichem Sektor. Bei der Zweisprachigkeit in der Sanität gebe es noch Nachholbedarf, daher müsse man sich mehr um die Rückkehr von Südtiroler Jungärzten aus dem Ausland kümmern. Ein Grund für ihr Fernbleiben sei auch das Arbeitsklima. Im Gesetz seien zu viele Kann-Bestimmungen enthalten, die Politik müsse klarer sprechen.
Elena Artioli (Team Autonomie) kündigte ihr Nein an und kritisierte dabei vor allem die Haltung der SVP zur Einschreibung in die Kindergärten. Man kehre zu den Siebziger Jahren zurück. Bei allen Problemen, die Südtirol habe, sorge sich die Landesregierung über die italienischen Kinder in deutschen Kindergärten.
Beide Gesetzentwürfe wurden mit jeweils 17 Ja, 13 Nein und drei Enthaltungen genehmigt.
Der Landtag tritt im September wieder zusammen.