Von: apa
Mit einem länderübergreifenden Schulterschluss wollen Organisationen wie der Österreichische, der Deutsche und der Südtiroler Alpenverein sowie diverse Naturschutzgruppen einen stärkeren Schutz des alpinen Raumes erwirken. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auf rund 2.400 Höhenmeter am Donnerstag im Kaunertal machte man gegen “Kraftwerksprojekte” sowie “Gletscherehen” mobil und forderte ein Ende jeglicher Erschließung.
Im Kaunertal sei man jedenfalls “umringt von Hotspots im negativen Sinne”, betonte der Präsident des Österreichischen Alpenvereins, Wolfgang Schnabl. Hier stehe beispielsweise die Erweiterung des Kraftwerkes Kaunertal zum Pumpspeicherkraftwerk sowie die damit verbundene Flutung des Platzertals an. “Im Platzertal befindet sich aber eines der größten, unberührten Moore Österreichs”, kritisierte er die Pläne des landeseigenen Tiroler Energieversorgers Tiwag. Auch mit der damit verbundenen Wasserableitung aus dem benachbarten Ötztal ging er hart ins Gericht: “Wir fordern, dass das ganze Projekte gestoppt wird, nicht nur Teile davon adaptiert werden”, so Schnabl.
Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren erstmals 2009 eingereicht worden. Für das Projekt plante die Tiwag, bis zu 80 Prozent des Wassers aus der Venter und Gurgler Ache im 34 Kilometer entfernten Ötztal auszuleiten. Zudem würden im Platzertal neun Fußballfelder an Moorflächen geflutet. Zuletzt lenkte die Tiwag in der “Ötztal-Frage” ein: Die geplante Wasserableitung aus dem benachbarten Ötztal wurde auf Eis gelegt. Die Aufteilung in zwei Projektteile werde dies vorerst nicht nötig machen, hieß es als Begründung. In einem ersten Schritt wolle man nunmehr das neue Pumpspeicherkraftwerk Versetz mit dem Speicher Platzertal umsetzen. Diese Entscheidung – die bei den Teilnehmern zwar auf Wohlwollen stieß, aber nicht weit genug ging – reiche allerdings nicht aus. “Wir fordern, dass das ganze Projekt gestoppt wird, nicht nur Teile davon adaptiert werden”, betonte Schnabl.
Auch das Ende von Skigebietserweiterungen auf Gletschern wurden gefordert, etwa am Kaunertaler Gepatschferner. “Es braucht dort definitiv keine neue Pisten und keine neuen Seilbahnen”, strich Schnabl heraus. Was es stattdessen benötige: “Einen absoluten Gletscherschutz ohne Ausnahmeregeln”. Der derzeit “unerschlossene Naturraum” müsse auch tatsächlich und unumstößlich unerschlossen bleiben.
Dem schloss sich auch Wolfgang Arnoldt, Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins, an. Die “Gletscherschutzverordnung” in der aktuellen Form sei ein “Uralt-Ding”, zumal man vor 15 Jahren noch gar nicht gewusst habe, wie wichtig und schützenswert alpine Räume und deren Ökosysteme seien. Auch die Alpenvereine an sich nahm er dabei in die Pflicht: “Wir haben diesbezüglich in den letzten Jahren womöglich zu viele Augen zugedrückt.” Damit wolle man jetzt “Schluss machen”.
Auch aus Südtirol – verkörpert durch den Präsidenten des Alpenvereins Südtirol, Georg Simeoni – kam Schützenhilfe. Dieser strich vor allem die “Gier von so manchen Zeitgenossen heraus”, die den “Hals nicht voll bekommen”. Einige Hütten glichen mittlerweile etwa “Wellnesstempeln”. Mit dem nunmehr erfolgten, internationalen Schulterschluss wolle man eine solche “Erschließungswut beenden”: “Die Erschließung des alpinen Raumes ist ein für alle Mal abgeschlossen”, so Simeoni apodiktisch.
Ähnlich argumentierten schließlich auch Gerd Estermann von der Bürgerinitiative Feldring und Marieke Vogt von “Wildwasser erhalten Tirol” (WET). “Diese Maßlosigkeit von so manchem ist schlimmer als jede Pandemie”, geißelte Estermann so manch Touristiker, während Vogt hervorhob, dass beispielsweise Moore “noch strenger geschützt werden sollen: “Diese sind einzigartig.”