Von: apa
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist zufrieden mit den direkten Abschiebungen von Deutschland nach Afghanistan. Österreich sei in dieser Frage gut mit dem Nachbarland abgestimmt, sagte er am Freitag bei einer Pressekonferenz. Man schiebe bereits Afghanen ab, so Nehammer. Der “nächste Schritt” sei nun, sie auch direkt nach Afghanistan zu bringen. Mit dem dortigen Taliban-Regime sei es “ein Stück weit kompliziert”. Man müsse daher “Umwege suchen”.
Auch die Rücküberstellung von Geflüchteten aus Deutschland in Nachbarstaaten gemäß der Dublin-Verordnung begrüßte Nehammer. Viele der nun umgesetzten Dinge “gibt es in Österreich schon”. Es habe lange gebraucht in Deutschland, entscheidend seien aber die jetzigen Fortschritte. Nehammer: “Wir sind froh, dass wir jetzt Verbündete sind.”
Wohlwollend äußerte sich am Freitag auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zur deutschen Entscheidung. Es handle sich um eine “sehr gute”, wenn auch “nicht überraschende Nachricht”, sagte er am Rande eines Pressetermins in Mödling auf APA-Nachfrage. Man stehe in dieser Sache seit Monaten in engem Austausch mit den deutschen Behörden. Nun komme “endlich Bewegung in die Sache”, so Karner. Ziel sei, dass Deutschland und Österreich gemeinsam Abschiebungen Richtung Afghanistan mit regionalen Partnern wieder durchführen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sei auf Basis der Länderberichte schon vor längerer Zeit zu der rechtlichen Einschätzung gekommen, dass wegen der geänderten Sicherheitslage in Afghanistan in bestimmten Einzelfällen eine Abschiebung nach Afghanistan wieder zulässig sei, wurde im Innenministerium betont. Ein Erkenntnis des VfGH vom Juli, das allerdings nicht auf alle Afghanen anwendbar ist, hat diese Einschätzung aus Sicht des Ressorts bestätigt. Aktuell würden Ministerium und BFA intensiv an einer Umsetzung von Abschiebungen Richtung Afghanistan arbeiten, dazu liefen Gespräche mit mehreren europäischen Ländern.
Laut Zahlen des Innenministeriums wurden seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 insgesamt 553 Ausreisen von afghanischen Staatsangehörigen aus Österreich registriert, davon 157 Abschiebungen ohne Zwangsmaßnahmen nach einem entsprechenden Bescheid. Bei den 396 zwangsweisen Rückführungen gab es 362 Dublin-Abschiebungen in andere EU-Mitgliedstaaten – zuletzt vor allem Bulgarien und Rumänien – und 34 in Drittstaaten.
Zustimmung zum Vorgehen Deutschlands kam auch von FPÖ-Chef Herbert Kickl: “Das Abheben der Abschiebeflieger nach Afghanistan ist auch bei uns schon längst überfällig und wird von der Bevölkerung erwartet”, erklärte er in einer Aussendung. Bei der ÖVP vermisste Kickl hingegen “jegliche Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit”, sie sperre sich in Wahrheit gegen Abschiebungen. Nehammer und Karner “reden nur von Abschiebungen nach Afghanistan, kommen aber nicht in die Umsetzung”, befand der Freiheitliche.
Im “Ö1-Mittagsjournal” wunderte sich der NEOS-Abgeordnete Nikolaus Scherak darüber, “dass Karner nicht längst Informationen aus Deutschland eingeholt hat”. Wenn die Bundesrepublik nach Afghanistan abschieben könne, “müsste das auch in Österreich umsetzbar sein”, meinte Scherak. SPÖ und Grüne betonten, Abschiebungen sollten dann durchgeführt werden, wenn sie rechtlich möglich sind.
Genau das bezweifeln aber die Grünen im Fall von Afghanistan. Denn es bräuchte dafür “Rückführungsabkommen auf Augenhöhe”, und das sei mit “den Steinzeit-Islamisten der Taliban nicht möglich”, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Man stehe aber Wegen wie jenem, den die deutsche Bundesregierung gewählt hat, “offen gegenüber”. Insbesondere dann wenn die Einzelfälle überprüft werden. Ob das auch in Österreich rechtskonform und praktisch möglich ist, müsse das Innenministerium prüfen.
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