Von: apa
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist am Donnerstag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Elysée-Palast in der Pariser Innenstadt empfangen worden. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern werden immer enger, betonte Macron. Bei einem gemeinsamen Pressestatement bezeichnete Nehammer Macron als Verbündeten bei EU-Themen, vor allem in punkto Wettbewerbsfähigkeit und Regulierung.
Dass es nicht nur politisch viele Übereinstimmungen zwischen den beiden Ländern gibt, sondern Nehammer und Macron durchaus auch eine persönliche Verbindung haben, machte das Gastgeschenk des Kanzlers deutlich. Nach dem Arbeits- und Vier-Augen-Gespräch übergab Nehammer, selbst passionierter Hobbyboxer, seinem Gastgeber rote Boxhandschuhe. Erst kürzlich wurde ein Schwarz-Weiß-Foto Macrons beim Box-Training veröffentlicht. “Es ist immer verbindend, wenn man gleiche Hobbys hat”, erklärte er im Vorfeld gegenüber mitgereisten Journalisten.
Auch bei den bereits vor dem Gespräch stattfindenden Pressestatements waren die beiden Politiker bemüht, Einigung zu demonstrieren. Sowohl Macron als auch Nehammer nannten die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU als Prioritäten für die kommende EU-Legislatur und die strategische Agenda. “Wir müssen alles tun, was wir können, um die technologische Souveränität zu stärken”, so Macron.
Die EU sei zu regulativ und müsse sich ändern, forderte Nehammer ein “Ende der Verbotskultur”, stattdessen mehr Freiheiten für die Wirtschaft und eine Stärkung des europäischen Binnenmarktes. Ansonsten würden die großen Märkte beginnen, sich abzuschotten, warnte er. Macron bezeichnete er dabei als “Verbündeten im Kampf gegen Regulierung”.
Wettbewerbsfähigkeit und die Stärkung des europäischen Binnenmarktes sind auch die Hauptthemen des nächsten EU-Gipfels am 17. und 18. April, dessen Vorbereitung eines der Zieles von Nehammers Besuch in Frankreich war.
Auch in der EU-Erweiterungsfrage sei man auf einer Linie. Die EU-Erweiterung sei “strategisch erforderlich”, betonte Macron, der Nehammer für Österreichs Engagement auf dem Westbalkan dankte.
“Wirklich großartig” sei die bilaterale Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen, betonte Nehammer und dankte Frankreich für die Unterstützung nach dem Terroranschlag in Wien im November 2020. “In großer Not erkennt man die wahren Freunde.”
Während der Olympischen Spiele im Sommer in Paris unterstützt Österreich seinerseits Frankreich mit der Entsendung von Polizisten, wofür sich wiederum Macron bedankte. Generell habe sich die Kooperation im Bereich Sicherheit und dem Rüstungssektor positiv entwickelt, sagte er unter Verweis auf Österreichs Kauf französischer Helikopterträger des Typs Mistral.
Der Bundeskanzler betonte gegenüber Macron außerdem, dass Österreich seinen Geheimdienst “neu aufgebaut” habe, ohne jedoch den jüngsten Spionage-Skandal rund um den ehemaligen Staatsschützer Egisto Ott konkret anzusprechen. Dieser werde kein Thema der bilateralen Gespräche sein, sagte Nehammer zuvor gegenüber Journalisten.
Hinsichtlich des Ukraine-Kriegs herrschte zuletzt zumindest in einem Aspekt keine Einigkeit zwischen Wien und Paris. Im Rahmen eines von Frankreich initiierten Unterstützungsgipfels für die Ukraine Ende Februar, an dem auch Nehammer teilnahm, ließ Macron wissen, dass sein Land auch den Einsatz von Bodentruppen nicht mehr ausschließe – und erntete dafür umgehend Kritik, auch aus Österreich.
Nationen könnten das “selbstständig entscheiden”, meinte Nehammer, angesprochen auf Macrons Äußerungen, am Donnerstag. Für Österreich als neutrales Land stelle sich die Frage aber ohnehin nicht, er wolle vielmehr jegliche militärische Eskalation in der Ukraine verhindern.
Außerdem brauche es eine neue Strategie und neue Partner. “Wir befinden uns in einer westeuropäischen Echokammer.” Man sei sich schnell einig, welche Zukunft man für den Ukraine-Konflikt sehe – “aber wir haben dabei niemanden an unserer Seite”, erklärte Nehammer. Deshalb wolle er sich auch bei Macron über seine Südamerika-Reise erkundigen.
Nehammers Kurzbesuch in Paris war der erste bilaterale Besuch eines österreichischen Bundeskanzlers seit 2018. Vor sechs Jahren besuchte der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die französische Hauptstadt im Rahmen einer “Tour des capitales” in Vorbereitung auf den EU-Gipfel in Salzburg während Österreichs EU-Ratspräsidentschaft.