Von: mk
Bozen – Im Landesgesetz vom 15. Mai 2000, Nr. 9 ist festgelegt, dass ab Anfang 2022 von den in Südtirol registrierten Hunden ein genetisches Profil eingetragen werden muss. Ziel ist unter anderem, bei Hundebissen mittels Abstrichs klären zu können, welches Tier den Biss verübt hat und so den Halter zur Rechenschaft zu ziehen. Außerdem soll der Verunreinigung von öffentlichen Plätzen mit nicht sachgemäß entsorgtem Hundekot vorgebeugt werden. Mit einem Gesetzentwurf haben die Grünen im Landtag eine Debatte angeregt. Zu einer Abschaffung des genetisches Profils von Hunden wird es trotzdem nicht kommen.
Der Entwurf trägt den Titel “Maßnahmen zum Schutz der Tierwelt und zur Unterbindung des Streunens von Tieren”. Im Begleitbericht dazu werden verschiedene Gründe angeführt (fehlende Registrierung von in Südtirol lebenden Hunden, Kosten etc.), warum der Artikel 6, Absatz 4 des Landesgesetzes vom 15. Mai 2000, Nr. 9 aber ersatzlos gestrichen werden solle. „Die Einbringerin erhofft sich“, so der Begleitbericht weiter, „durch dieses Reset neue Anregungen innerhalb der gesellschaftlichen Debatte zu diesem heiklen und oft emotionalen Thema. Es braucht einen sachlichen Diskurs, an dessen Ende eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann.“
Man sollte einsehen, dass man mit der Regelung einen Schritt zu weit gemacht habe, so Brigitte Foppa (Grüne), Erstunterzeichnerin des Gesetzentwurfs. Es mache keinen Sinn, wenn nun nachgebessert werde, so wie im Omnibusgesetzentwurf, der ab morgen behandelt werde, vorgesehen. Benachteiligt würden damit letztlich all jene, die das Gesetz von Anfang an ernst genommen hätten. Sie bitte darum, keine Gesetze zu machen, die erst nach langer Zeit in Kraft treten, oder deren Folgen erst nach langer Zeit auftreten, dies bringe eine Unzufriedenheit mit dem Regelwerk des Landes mit sich.
In der Generaldebatte zum Landesgesetzentwurf ergriff zunächst Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) das Wort: Er erklärte u.a., Politik lebe auch davon, dass Menschen politische Entscheidungen nachvollziehen könnten. Die Regelung mit der Hunde-DNA sei eine solche Entscheidung, die dazu beitrage, dass die Bevölkerung sich von der Politik abwende. Warum müssten Einheimische mit ihrem Hund einen Test machen, aber der Tourist mit seinem Hund nicht? Das sei eine Benachteiligung der einheimischen Bürger. Das Ansinnen an sich, sei durchaus nachvollziehbar und sinnvoll. Doch so wie vorgesehen, sei die Regelung absurd und bringe nichts. Für jede Rechtsprechung brauche es auch die Akzeptanz der Bevölkerung, er gehe davon aus, dass diese nicht gegeben sei – aber das Problem der Verunreinigung der Wiesen und Wege sei damit nicht gelöst. Die für die Umsetzung des Gesetzes vorgesehenen Ressourcen und Gelder sollten viel eher zur Sensibilisierung und Aufklärungsarbeit genutzt werden, um aufzuzeigen, dass Verunreinigungen eine Gefahr in der Lebensmittelherstellung seien. Schwarze Schafe werde es immer geben, aber der Großteil der Bevölkerung sei vernünftig.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) sagte u.a., dieser LGE gebe die Möglichkeit zum Korrigieren – wer Verantwortung trage, müsse eine Fehlerkultur zulassen und lernen. Auch wenn das aktuelle Gesetz gut gemeint sei, sei es falsch getroffen. Bei all den Problemen, die man habe, versteife man sich nun aber auf diese Regelung – Mitteilungen dieser Art habe er von Bürgern erhalten. Er appelliere deshalb dazu, den Menschen im Land zu zeigen, dass man auf sie höre, und dem Land etwas Gutes zu tun, indem man heute diesem LGE zustimme.
Madeleine Rohrer (Grüne) erinnerte u.a. daran, dass sie einmal eine Verkehrsregelung zurücknehmen musste – dies sei einer der wichtigsten Momente ihrer politischen Laufbahn gewesen, allerdings im Positiven. Das Gesetz sei gut gemeint, aber schlecht getroffen gewesen, das sollte sich nun auch die Mehrheit eingestehen. Man sei sich wohl einig, dass das Gesetz ein Fiasko sei. Man habe bereits im Gesetzgebungsausschuss gemerkt, wie uneinig sich auch die Mehrheit sei bezüglich der Änderung des Gesetzes sei; so würden beispielsweise nicht die Strafen der Gemeinden für die Verunreinigung ausgesetzt, sondern es bliebe länger Zeit zur Registrierung – theoretisch würde das bedeuten, dass die Besitzer der bisher registrierten 10.000 Hunde Strafbescheide erhalten könnten. Das Gesetz sei schlampig und schlecht gemacht – das dürfe nicht Schule machen.
Er verstehe nicht, so Thomas Widmann (Für Südtirol mit Widmann) u.a., warum man stur an etwas festhalte, das niemand wolle. Die Tierärzte seien überlastet und wollten das Gesetz nicht, man mache eine externe Dienstleistungsbeauftragung, die teuer sei, etc. Es handle sich dabei um Regelungen, die kein Mensch verstehe. Man sollte die Regelung abschaffen – und dem behandelten LGE zustimmen.
Arnold Schuler (SVP) erinnerte u.a. daran, dass bereits 2018 die ersten Maßnahmen gesetzt wurden – ein entsprechender Beschlussantrag der Freiheitlichen sei angenommen worden. Als damals zuständiger Landesrat habe er die Umsetzung in Angriff genommen. Man hätte zwischen dem Beschlussantrag und der Verabschiedung des Gesetzes Zeit für einen Sinneswandel gehabt, wenn die Maßnahmen für sinnlos erachtet worden wären. Man müsse denen, die die Gesetze umsetzten, auch die Gewissheit geben, dass die Gesetze standhalten. Werde eine Person von einem fremden Hunden gebissen, könne durch einen DNA-Test nachgewiesen werden, um welches Tier es sich handle. Die hygienischen Probleme seien zahlreich. Die Maßnahme habe Schwachstellen, aber sie habe eine abschreckende Wirkung. Er hoffe, dass das Gesetz bestehen bleibe.
Als gut gemeint, aber nicht gut getroffen, bezeichnete Andreas Colli (JWA Wirth Anderlan) den Artikel 6, Absatz 4 des Landesgesetzes vom 15. Mai 2000, Nr. 9. Die vorgesehene Identifizierung über DNA-Analysen scheine verfälschbar und ungenau zu sein. Es stelle sich auch die zentrale Frage, mit welchen Mitteln der Abgleich vorgenommen werde – dazu stehe im Gesetz nichts. Zudem würden Hundehäufchen oft von Artgenossen beschnüffelt und von diesen markiert, deshalb sei eine eindeutige Zuordnung schwierig. Er gehe davon aus, dass solche Tests keinem gerichtlichen Verfahren standhalten würden. Ein nächstes Problem sei, wer der Feststellungsbeamte sei. Er bezweifele auch, dass es verfassungskonform sei, wenn man die einheimische Bevölkerung zu den DNA-Test bei ihren Hunden zwinge, andere aber nicht. Das Gesetz sei ein Rohrkrepierer und die Streichung des Passus wäre angebracht.
Im Gutachten des Rates der Gemeinden zum vorliegenden LGE habe gestanden, so Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) u.a., dass man gegen den Gesetzentwurf sei – auch um die 10.000 Bürger, die die genetische Profilierung ihrer Hunde bereits vornehmen lassen haben, nicht zu schädigen; die Kosten dafür liegen zwischen 70 und 80 Euro. Dies, obwohl gerade die Gemeinden sich der Schwierigkeiten in der Umsetzung der aktuellen Regelung bewusst sein müssten. Die wichtigste Problemstellung sei, dass der Hundekot eingesammelt und analysiert werden müsse – das sei sehr schwierig. Die Bestimmung sei nicht anwendbar, auch wenn sie gut gemeint war. Er verstehe, dass die Mehrheit die Bestimmung beibehalten möchte, doch man müsse sich fragen, ob die Bestimmung langfristig sinnvoll sei. Wenn man den LGE der Kollegin Foppa ablehne, müsste die Landesregierung die Bestimmung dennoch überdenken – denn mit dieser sei ein Fehler passiert.
In seiner Replik erinnerte LR Luis Walcher u.a. daran, dass das Thema in den vergangenen Jahren im Landtag mehrmals diskutiert worden sei. Man habe sich in den vergangenen Monaten mit der kritisierten Maßnahme beschäftigt und sei imstande gewesen, einiges zu organisieren, auch was die Tests angehe. Man sei mittlerweile nicht mehr allein in Europa, wo man versuche, den Hundehäufchen Herr zu werden. Man wolle in diesem Moment am Landesgesetz festhalten und erteile dem LGE Nr. 9/23 eine Absage.
Brigitte Foppa (Grüne) sagte u.a., die Debatte habe gezeigt, dass man darin übereinstimme, dass Hundekot ein Problem für die Landwirtschaft, Spielplätze und anderes sei. Funktionieren sollte das Gesetz aufgrund der abschreckenden Wirkung – diese sei aber bis dato nicht geschehen. Man mache es mit dem Omnibus nun noch komplizierter und es werde damit noch mehr Unsicherheit erzielt. Doch jeder müsse für sich selbst beschließen, wenn die Zeit zum Umdenken sei. Der Übergang zur Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 9/23 wurde mit 17 Ja- und 17 Nein-Stimmen abgelehnt.