Von: mk
Bozen – Im Landtag stand heute die Wahl eines neuen Mitgliedes des Konvents der 33 für die Überarbeitung des Autonomiestatuts für die Region Trentino-Südtirol aufgrund des Rücktritts von Francesco Clementi auf der Tagesordnung. Wie Präsident Bizzo mitteilte, trete Clementi eine Professur in Harvard an und habe deshalb seinen Rücktritt erklärt. Die vorliegenden Kandidaturen waren: Mauro De Pascalis, Gianfranco Postal, Roberto Toniatti und Fulvio Cortese. Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) kündigte an, an der Wahl nicht teilzunehmen. Es sei nicht opportun, wenn drei der vier Kandidaten Trentiner seien, diese hätten bekanntlich andere Ansichten zur Rolle der Region.
Auf Antrag von Alessandro Urzì (Alto Adige nel cuore) wurde eine Sitzung der Fraktionssprecher einberufen. Der Landtag wählte schließlich in geheimer Wahl Roberto Toniatti mit 17 Stimmen zum neuen Mitglied des Autonomiekonvents. Vier Stimmen entfielen auf De Pascalis, eine Stimme auf Cortese.
Beschlussvorschlag: Prüfung des Berichts des Wahlbestätigungsausschusses über eine durchgeführte Überprüfung und Kenntnisnahme der entsprechenden Schlussfolgerungen. Der Ausschuss hat die Position des Abg. Albert Wurzer überprüft, der Vorstandsmitglied des Vereins “Musik Sommer Pustertal” ist, und keine Unvereinbarkeit mit dem Mandat festgestellt, da es sich um eine ausschließlich kulturelle Tätigkeit handelt, wie Vorsitzender Pius Leitner berichtete. Der Landtag hat sich dieser Einschätzung einstimmig angeschlossen.
Beschlussvorschlag: 2. Berichtigung des Haushaltsvoranschlages des Südtiroler Landtages für die Finanzjahre 2016, 2017 und 2018. Mit der Berichtigung wird der im Juli bei der Abschlussrechnung für 2015 festgestellte Überschuss von 2.276.787,52 Euro in den laufenden Haushalt eingebunden.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) fragte nach der Zweckbestimmung der Zuweisung an den Kommunikationsbeirat und ob diese Gelder auch dafür verwendet würden, um den Dienst zu den Telefonrechnungen auch in der Peripherie anzubieten.
Hans Heiss (Grüne) fragte nach Details zu den Ausgaben für die Erneuerung der technischen Systeme.
Präsident Roberto Bizzo kündigte an, dass in Zukunft die Dokumentenübermittlung rein digital erfolgen werde. Die Dezentralisierung des Diensts für Telekommunikation sei Angelegenhit des Kommunikationsbeirats, aber der Landtag könne eine solche anregen. Bei der technischen Erneuerung gehe es um die Audio- und Videoanlage im Plenarsaal.
Die Haushaltsberichtigung wurde bei 5 Enthaltungen genehmigt.
Beschlussvorschlag: Ratifizierung des Beschlusses der Landesregierung vom 6. September 2016, Nr. 965: Verfassungsgerichtshof – Anfechtung des Gesetzes vom 28. Juni 2016, Nr. 132 „Schaffung des Nationalen Netzwerksystems für den Umweltschutz und Ordnung des Höheren Instituts für Umweltschutz und Umweltforschung“. Das Gesetz berücksichtige nicht die autonomen Zuständigkeiten Südtirols z.B. bei Verwaltungsprozeduren, Tarifen oder beim Aufbau der Umweltagentur, erklärte LH Arno Kompatscher.
Sven Knoll (STF) fragte, ob es dazu Gespräche mit der römischen Regierung gegeben habe. Immer wieder müssten Landesgesetze vor dem Verfassungsgericht verteidigt werden, und die Regierung übergehe immer wieder die Autonomiebestimmungen. Knoll kritisierte, dass das Land im Zuge der Verhandlungen um den Sicherungspakt seine Klagen gegen eine Reihe von Staatsgesetzen zurückgezogen habe. Die Situation werde mit der zentralistischen Verfassungsreform noch schlimmer werden.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) befürwortete die Anfechtung, hier gehe es um eine primäre Zuständigkeit des Landes. Außerdem habe die Südtiroler Umweltagentur einen anderen Aufbau als ähnliche Einrichtungen in anderen Regionen. Er würde sich allerdings mehr Unabhängigkeit für die Umweltagentur wünschen.
Andreas Pöder (BürgerUnion) sah einen Widerspruch im Verhalten der Mehrheit. Jetzt verteidige man eine autonomie Zuständigkeit, vorhin habe man mit Prof. Toniatti einen Kritiker der Verfassungsreform und der Schutzklausel in den Konvent entsandt. Und im Verfassungsgesetzentwurfs Zellers, den der Landtag gestern befürwortet habe, gehe die Zuständigkeit für die Anfechtung von Staatsgesetzen vom Landtag an die Landesregierung über. Es passe auch nicht zusammen, wenn man ständig Staatsgesetze – richtigerweise – anfechte und gleichzeitig dem Staat bei der Verfassungsreform das Vertrauen ausspreche.
Pius Leitner (Freiheitliche) stimmte der Anfechtung zu. Er kritisierte wie Pöder, dass der Landtag in Zukunft nicht mehr für Anfechtungen zuständig sein könnte. Das große Problem der Autonomiepolitik sei, dass man immer in der Verteidigung spiele. Der Staat werde immer alles daran setzen, uns zu bevormunden, und das werde mit der Verfassungsreform bestärkt. Das Verfassungsgericht werde immer mehr zum Gesetzgeber, und das sei ein demokratiepolitisches Problem.
Landeshauptmann Arno Kompatscher lud dazu ein, sich die Rechtsprechung des Verfassungsgericht über einen bestimmten Zeitraum anzuschauen. Seit der sog. föderalistische Verfassungsreform habe das Verfassungsgericht sehr oft gegen die Autonomie geurteilt und Zuständigkeiten ausgehöhlt. Eine Reform des Autonomiestatuts hätte uns davor schützen können, aber das sei aus bekannten Gründen nicht erfolgt. Nun sei die Gelegenheit dazu da. Die Prof. Toniatti und Peterlini behaupteten, das Parlament könne die Schutzklausel aushebeln. Das könne es tatsächlich, aber das wäre dann ein Völkerrechtsbruch. Kompatscher rief dazu auf, die Schutzklausel noch einmal durchzulesen. Er lasse sich nicht vorwerfen, autonomiepolitisch nicht seinen Mann zu stehen. Das Prinzip des Einvernehmens müsse ins Statut selbst geschrieben werden. Es gebe übrigens auch Verfassungsrechtler, die gegen die Verfassungsreform seien, weil damit die Sonderautonomien unangreifbar würden. Die Schutzklausel sei nicht nur eine Verteidigungsstrategie, sie diene auch dazu, neue Zuständigkeiten zu erreichen. Zum vorliegenden Anfechtungsbeschluss zeigte sich Kompatscher zuversichtlich: Es gebe bereits Urteile in diese Richtung, und das habe man der Regierung auch gesagt. Der Landtag hat schließlich den Anfechtungsbeschluss bei einer Enthaltung ratifiziert.