Von: luk
Bozen – Francesco Palermo hat im Senat mit einem Gesetzentwurf für eine mehrsprachige Schule als Zusatzangebot aufhorchen lassen. Gar nicht „amused“ ist die SVP darüber – laut Tagblatt Dolomiten war aber vielleicht gerade das Zweck der Übung.
Sofern 15 Eltern dies beantragen, sollen an deutschen und italienischen Grund- und Mittelschulen eigene Sektionen eingerichtet werden, in denen der Unterricht in gleichem Ausmaß auf Deutsch und Italienisch erfolgt.
Mit dieser Ergänzung zu Art. 19 (muttersprachliches Prinzip) des Autonomiestatutes möchte Palermo ein „freiwilliges Zusatzangebot“ schaffen.
Städte und Peripherie hätten andere Bedürfnisse. Sein Vorschlag schaffe Wahlfreiheit: „Wer eine offene, innovative Schule will, bekäme sie. Wer lieber beim klassisch-konservativen Modell bleibt, der kann dies“, so Palermo gegenüber den „Dolomiten“.
Weil in Rom Neuwahlen anstehen, sind die Chancen auf eine Verabschiedung des Entwurfs sehr gering.
Weil bei der Änderung des Autonomiestatutes alles über den Konvent hätte laufen sollen, habe er den Entwurf nicht früher eingebracht. Jetzt, wo die SVP ihr Ladinergesetz aber „mit Turbo am Konvent vorbei“ schleust, frage er sich, was wichtiger sei: „Ob ein Ladiner Landtagsvizepräsident werden kann, oder ob unsere Jugend wettbewerbsfähig bleibt“, teilt Palermo aus.
Bei der SVP gibt man sich hart: Das Prinzip der deutschsprachigen Schule werde nicht in Frage gestellt – auch nicht durch ein freiwilliges Zusatzangebot.
Dennoch ärgert sich Bildungslandesrat Philipp Achammer: Hier wird so getan, als wäre unsere Schule so verschlafen und rückwärts gewandt, dass es eine gemischtsprachige Schule braucht, um endlich innovativ zu sein“, so Achammer. Dem sei nicht so.
Grüne: „Die Zeit ist reif für neue Mehrsprachigkeit in Südtirol“
Eine historische Forderung der Grünen wurde nun von Francesco Palermo im Senat eingebracht, nämlich die Möglichkeit des Zusatzangebotes von mehrsprachigen Klassen. Dies betonen die Landtagsabgeordneten Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hans Heiss.
„Auf den vorsichtigen, überaus maßvollen Vorstoß von Senator Palermo reagierte das konservative Südtirol sofort mit Abwehrhaltung, sodass sie den Untergang der deutschen Minderheit wieder einmal als existenzielle Bedrohung an die Wand gemalt hat. Besonders befremdlich in dieser Angelegenheit ist die Haltung der SVP. Noch am vergangenen Samstag hatte Landesrat Achammer bei der Tagung des Landesbeirates der Eltern für ein mehrsprachiges Südtirol geworben, jetzt wird der konkreten, zunehmend breit eingeforderten Schaffung von Wahlfreiheit für Familien schon wieder ein Riegel vorgeschoben“, kritisieren die Grünen.
Dieselbe Haltung habe es schon bei Behandlung des Gesetzentwurfs der Grünen zur mehrsprachigen Schule im Gesetzgebungsausschuss des Landtages gegeben, wo 2016 der analoge Vorschlag abgelehnt worden sei. Man wolle keine Vorzugsschienen schaffen, hieß es.
„Es ist nur zu bedauern, dass das regierende Südtirol in tiefer Angst vor den Rechtsparteien erstarrt und sich dem gesellschaftlich längst erwünschten, in Schulen bereits erprobten und in vielen Ländern anerkannten Weg versperrt. Dies ist eine Nagelprobe für den Mut und den Willen der Landesregierung zu neuen Wegen, denen sie sich aber auch hier zu verschließen scheint. Die damit verbundene Modernität und Mentalitätsöffnung würde unser Land dringend benötigen, auch um unseren inneren Reichtum zu nützen. Wir hätten die Chance der Mehrsprachigkeit und erfolgreicher Beherrschung mehrerer Sprachen vor der Haustür, zum Greifen nahe. Lassen wir es Frühling werden, lassen wir sie ein!“, appellieren die Grünen.
Artioli: Familien und Schulen sollen angehört werden
Auch die Landtagsabgeordnete Elena Artioli ist davon überzeugt, dass es in Sachen Zweisprachigkeit in Südtirol ein enormes Potenzial gibt. Allerdings komme der Vorstoß von Senator Francesco Palermo zum falschen Zeitpunkt.
Artioli hat deshalb einen Antrag im Landtag eingereicht, womit erreicht werden soll, dass die Politik die Schulen und die Familien anhört.