Von: luk
Bozen – Diverse Themen wurden heute im Landtag behandelt.
Beschussantrag Nr. 168/19: Reduzierter Tarif für Pendler im öffentlichen Verkehr (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler am 20.09.2019); der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. im Südtiroler Tarifsystem einen reduzierten Sondertarif zugunsten der pendelnden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsplatz gegen Vorlage detaillierter Belege vorzusehen; 2. wieder die Möglichkeit einzuführen, dass bei der Fahrt vom Wohnort zum Arbeitsplatz die Busfahrt für pendelnde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die vom Zug auf den Stadtbus umsteigen, kostenlos ist.
“Bei den verschiedenen Tarifklassen des Südtirol Pass wurde die Situation der Pendlerinnen und Pendler, die jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, nicht berücksichtigt”, bedauerte Brigitte Foppa (Grüne). “Dabei leidet diese Bevölkerungsgruppe bereits unter einem deutlichen Verlust an Kaufkraft.” Die neuen Kilometertarife brächten für 66 Prozent der Nutzer eine Preiserhöhung, nur für jene 4 Prozent, die weiter als 10.000 km pro Jahr fahren, gebe es eine Preissenkung, aber nur eine sehr geringe. Mit der Tarifreform von 2014 seien nun auch die Anschlussfahrten in der Stadt nicht mehr gratis. “Es wäre viel zweckmäßiger, von Vornherein die Tarife für diejenigen zu senken, die häufig öffentliche Verkehrsmittel benutzen, unabhängig von den äußeren Umständen. Das neue System des Südtirol Pass macht dies technisch möglich, so wurde beispielsweise eine (leichte) Differenzierung des Tarifs durch die Einführung des Euregio Family Pass für Familien mit minderjährigen Kindern gewährt und umgesetzt.”
Maria Elisabeth Rieder (Team K) unterstützte den Antrag. Die Arbeitsplätze würden zunehmend in der Landeshauptstadt zentralisiert, was auch den Pendlerverkehr erhöhe. Der Südtirol Pass habe viele positive Neuerungen gebracht, auch eine erhöhte Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, aber die Tarife seien der Schwachpunkt. Wer viel und wer weit fahre, solle Vergünstigungen bekommen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) verwies auf den Beschluss des Dreier-Landtags für ein einheitliches Ticket in der ganzen Euregio. Das teuerste Ticket in Tirol koste 499 Euro im Jahr, damit könne man Bahn, Bus und auch Parkplätze benutzen. Ein gemeinsames Jahresticket für die ganze Euregio um 500 Euro wäre eine gute Lösung und viel einfacher als das derzeitige System.
Das derzeitige System rechne nach gefahrenen Kilometern, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Zwischen 2013, auf das sich die von Foppa genannten Zahlen beziehen, und 2017 habe sich eine Verschiebung der Nutzung ergeben. Zugenommen habe die Gruppe bis 1.000 Kilometer, und daraus ergebe sich, dass die neuen Tarife für zwei Drittel der Nutzer eine Verteuerung bedeuten.
Magdalena Amhof (SVP) betonte, dass das Südtiroler System rundum beneidet werde. Pendler bis 2.000 km seien nicht der Standard, wer täglich Bozen-Brixen fahre, sei schnell darüber hinaus und zahle rund 450 Euro im Jahr – weniger als in anderen europäischen Regionen. Das Prinzip des Systems: Wer viel fahre, zahle weniger pro Kilometer. Damit würden vor allem die Pendler berücksichtigt.
Wer 20.000 km pro Jahr fahre, zahle rund 650 Euro im Jahr, die Senioren zahlten 150 Euro, bemerkte Ulli Mair (Freiheitliche). Diese großen Unterschiede seien oft nicht nachzuvollziehen. Ermäßigungen sollte es für geschützte Kategorien geben.
Das derzeitige System sei gut, es gehe nun ums Feintuning, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Der Antrag wolle jene fördern, die sich ökologisch verhielten und den Verkehr entlasteten. Das Tarifreset am Ende des Jahres sei immer eine Enttäuschung.
Gerhard Lanz (SVP) sah das System des öffentlichen Nahverkehrs in Südtirol als eine der wichtigsten Errungenschaften der letzten Jahre. Es sei sinnvoll, an diesem System festzuhalten. Es werde noch Investitionen brauchen, um diesen Dienst weiter bieten zu können. Nachbesserungen seien durchaus möglich, man könne auch einzelne Vergünstigungen überdenken. Aber es sei nicht sinnvoll, jetzt Verbesserungen für einzelne Kategorien einzuführen.
LR Daniel Alfreider räumte ein, dass es 2014 eine Erhöhung gegeben habe, die aber auch von einem Ausbau der Dienste begleitet war, die zu finanzieren sei. Es gelte, den Service immer attraktiver zu machen, etwa durch kürzere Verbindungszeiten, wie z.B. mit der Riggertalschleife. Die EU-Vorgaben sprächen von 35 Prozent Kostenbeitrag durch die Nutzer – Südtirol sei noch weit darunter, bei etwa 29 Prozent. Man wolle noch mehr Personen von der Straße auf die Schiene bringen, das sei ein Vorteil für die Umwelt, aber auch für die privaten Haushalte. Was bei den Öffis 650 Euro im Jahr koste, würde mit dem Auto 3.500 Euro kosten. Das Angebot müsse noch attraktiver werden, auch mit Parkplätzen, Anschlüssen und anderem. Man stehe vor einer Neuvergabe der Konzessionen, und in diesem Rahmen werde auch das Tarifsystem erneuert. Tirol habe einen festen Abopreis, unabhängig von den Kilometern; das sei zu berücksichtigen, wenn man an ein Euregio-Ticket denke. Jedes Land müsse seine Tarifpolitik auf die Gegebenheiten ausrichten, man wolle aber eine Kompatibilität finden, was mit der Digitalisierung leichter möglich sei.
Brigitte Foppa sah die festen Abotarife als bessere Lösung, auch weil sie zur stärkeren Nutzung bewegten. Das Südtiroler System belohne Senioren und Kinder, während jene am meisten zahlten, die täglich mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren.
Der Antrag wurde mit 15 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 181/19: Durchführungsbestimmung betreffend die Berufsausübung der Personen, die in den Berufskammern oder -verbänden eingetragen sind (eingebracht von den Abg. Köllensperger, Rieder, Ploner A., Ploner F., Unterholzner und Faistnauer am 8.10.2019); der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. den Entwurf einer Durchführungsbestimmung auszuarbeiten und diesen der paritätischen Sechserkommission sowie anschließend dem Ministerrat zur endgültigen Genehmigung zu unterbreiten, der Folgendes vorsieht: die Möglichkeit einer Eintragung in die Berufskammern oder -verbände auch bei alleiniger Kenntnis der deutschen Sprache, wobei der entsprechende Beruf einzig in der autonomen Provinz Bozen ausgeübt werden darf.
Paul Köllensperger (Team K) verwies auf die EU-Richtlinie von 2005: “Personen, deren Berufsqualifikation anerkannt wird, müssen über die Sprachkenntnisse verfügen, die für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat erforderlich sind.“ Der Passus im Europagesetz des Landes sei gut, aber rechtlich nicht sicher ausreichend, da die Eintragung in die Berufskammern mit Staatsgesetz geregelt sei. Daher werde es eine Durchführungsbestimmung zum Statut brauchen.
Franz Ploner (Team K) betonte, dass die Einschreibung in die Berufskammern nicht vom Land geregelt werden könne. Der alleinige Bezug auf das Statut, das beide Sprachen gleichstelle, sei nicht ausreichend. Denn wer sich in eine Bozner Berufskammer einschreibe, könne seinen Beruf in ganz Italien ausüben.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstützte den Antrag. Die Grünen hätten diesbezüglich bereits bei Gesundheitsminister Speranza interveniert. Man müsse Rom immer über die spezielle Situation in Südtirol aufklären.
Gerhard Lanz (SVP) meinte, dass der Artikel im Europagesetz genügend Absicherung biete. Es gebe gute Kontakte nach Rom, daher werde das Gesetz wahrscheinlich nicht angefochten.
Sven Knoll (STF) betonte, dass Deutsch und Italienisch in Südtirol gleichgestellt seien. Er gab Lanz Recht, aber die Regierungen in Rom wechselten ständig. Daher wäre es nützlich, die Frage vor die Sechserkommission zu bringen; politische Abkommen seien nicht ausreichend.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) plädierte dafür, das Thema nicht vom Statut zu trennen, das die beiden Sprachen gleichstelle. Die Frage sollte eigentlich weder im Europagesetz noch per Durchführungsbestimmung geregelt werden, sondern direkt im Statut.
LH-Stv. Arnold Schuler meinte, dass die Landeskompetenzen genügten, um die Materie zu regeln. Diese Zuständigkeiten seien zu nutzen und zu verteidigen. Man sei zuversichtlich. Theoretisch könne jedes Landesgesetz angefochten werden, aber es wäre ein falsches Signal, jedes Mal zur Sicherheit auch den Weg über die Sechserkommission zu gehen.
Paul Köllensperger meinte, dass auch der entsprechende Artikel im Statut eine Durchführungsbestimmung nötig mache. Man sollte das gleich in Angriff nehmen und nicht auf eine Anfechtung der Regierung warten. Dadurch gehe nichts verloren.
Der Antrag wurde mit 13 Ja und 16 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 192/19: Einberufung einer Sicherheitskonferenz unter Einbindung des Landtages (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 21.10.2019); der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1.) Zeitnah und in Absprache mit dem Regierungskommissariat eine Sicherheitskonferenz einzuberufen, bei welcher Vertreter der verschiedenen Sicherheits- und Rechtsorgane (staatliche und lokale Polizeiorgane, Staatsanwalt u.a.), Vertreter aus Gesellschaft und Berufssparten (wie Sozialarbeiter, Sanitäter, Lokalbetreiber u.a.), Vertreter des Gemeindenverbandes, die Landesregierung sowie die Fraktionssprecher der im Landtag vertretenen Parteien eingebunden werden. 2.) Aus den gewonnenen Erkenntnissen Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im öffentlichen Raum auf Gemeinde- und Landesebene zu definieren. 3.) In die Organisation und Vorbereitung der Sicherheitskonferenz die im Landtag vertretenen Fraktionen miteinzubinden.
“Die öffentliche Sicherheit in Südtirol hat sich in den letzten Jahren zusehends verschlechtert. Dabei handelt es sich keineswegs nur um ein subjektives Gefühl einzelner besorgter Bürger”, meinte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) und verwies auf die jüngsten Vorfälle. “Im Jahr 2018 ist die Anzahl der Einbrüche um 10 Prozent, die Zahl der beschlagnahmten Drogen um ganze 30 und jene der Raubüberfälle um über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Bürger richten ihre Erwartungen nicht ausschließlich in Sicherheitsorgane, sondern auch in die Politik. Auch wenn Südtirols Handlungsspielraum aufgrund der beim Staat liegenden Zuständigkeit im Bereich der Sicherheit begrenzt ist: Die Landesregierung und der Südtiroler Landtag stehen in der Pflicht sämtliche Kompetenzen voll auszuschöpfen und in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Behörden aktiv beizutragen, das Sicherheitsproblem im Land zu entschärfen. Durch die Schaffung von Rahmenbedingungen in den einzelnen Politikfeldern und Verwaltungsebenen, kann die Politik das Entstehen oder die Verhinderung von Problemlagen in puncto Kriminalität beeinflussen und steuern. Dabei muss sie über die reine Ordnungs- und Sicherheitspolitik hinaus, kriminalpräventiven Aspekten in Bereichen der Sozial-, Kinder- und Jugend- sowie Arbeitsmarktpolitik einen angemessenen Stellenwert einräumen. Der Ankündigungs- und Beschwichtigungspolitik der letzten Jahre müssen endlich Taten entgegengesetzt werden, um Straftaten einzudämmen und das verlorengegangene Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheitsorgane des Landes zurückzugewinnen.”
LH-Stv. Arnold Schuler räumte die Bedeutung des Themas ein und plädierte dafür, den Antrag zu behandeln, wenn LH Kompatscher wieder im Landtag sei.
Die Behandlung wurde daher vertagt.
Beschlussantrag Nr. 193/19: Fachhochschulen (eingebracht vom Abg. Nicolini am 21.10.2019); der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, eine Vorstudie zur Gründung einer Stiftung durchzuführen; diese soll damit beauftragt werden, Unternehmen, öffentliche Partner (KlimaHaus-Agentur) und das derzeitige Schulsystem zusammenzubringen, um eine Fachhochschule für die beiden Fachrichtungen einzurichten, die für die Zukunft Südtirols von strategischer Bedeutung sind: Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität.
Italien habe die Fachhochschulen 2010 eingeführt, um spezialisierte Fachkräfte in bestimmten Bereichen heranzubilden, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Es handle sich um eine nichtuniversitäre Ausbildung nach der Matura, die vor allem der Nachfrage der Betriebe entgegenkommen solle. Veneto und Lombardei hätten hier Vorreiterrolle, aber auch das Trentino habe nun damit angefangen. Er schlage mit Energieeffizienz und nachhaltiger Mobilität zwei Fachrichtungen vor, bei denen Südtirol eine Vorreiterrolle habe.
Alex Ploner (Team K) unterstrich die Chancen einer Fachhochschule, auch für jene, denen ein Uni-Studium zu viel sei. Der Abschluss sei auch mit dem Europass Diploma Supplement integrierbar.
LR Giuliano Vettorato wies auf Schwachstellen dieses Ausbildungsweges hin, der für Kleinbetriebe nicht attraktiv sei. Die Fachrichtungen könnten nicht vom Land eingerichtet werden, sondern auf Antrag der jeweiligen Stiftung. Südtirol habe durchaus Bedarf an Fachkräften, und die bilde man über die Berufsausbildung aus, die ab dem nächsten Schuljahr neu ausgerichtet werde. Vettorato sprach sich gegen den Antrag aus, erklärte sich aber bereit zu Gesprächen.
Der Vorschlag komme aus der Wirtschaft, antwortete Diego Nicolini, die Fachschulen hätten in den genannten Regionen bereits Erfolge verbucht.
Der Antrag wurde mit zwölf Ja, 16 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt.