Von: ka
Bozen – Während die Südtiroler am Sonntag zur Wahlurne schritten, blickten viele gebannt nach Österreich. Im Vaterland mussten nach der wegen Unregelmäßigkeiten geplatzten ersten Wahl die Bürger erneut ihre Stimme abgeben. Allseits wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt, wobei der Kandidat der FPÖ Norbert Hofer sich vom Trump-Effekt etwas Rückenwind erhoffte.
Aber es kam ganz anders. Der Kandidat der Grünen setzte sich ganz im Gegensatz zur Abstimmung im Mai doch recht deutlich durch. Am Ende wollte eine Mehrheit keinen Sprung ins Ungewisse und einen Bundespräsidenten, der vereint, auch im Ausland präsentabel ist und nicht für blankes Entsetzen und Empörung sorgt. Eine Mehrheit wollte auch mehr Kontinuität und nicht einen Macher, der von der Hofburg aus über Gedeih und Verderb der Regierung entscheidet. Die Ambivalenz Hofers in Sachen eines möglichen Öxits – den Ausstieg Österreichs aus der EU – ließ ihn bei den Wählern der Mitte und der Wirtschaft vollends durchfallen.
So fiel nicht nur in Brüssel, sondern auch in Bozen vielen ein Stein von Herzen. Während die deutsche Opposition ungeniert Hofer hofierte und sich von ihm im Falle seiner Wahl neue Impulse in der Südtirol-Politik bis hin zur Selbstbestimmung erhoffte, sah die SVP einer solchen Zukunft mit Grausen entgegen. Eine aggressive Südtirol-Politik hätte nicht nur eine neue Eiszeit heraufbeschworen, sondern die SVP wäre auch Gefahr gelaufen, das Politikmonopol im Dreieck Wien-Bozen-Rom zu verlieren.
Aber passiert ist das Gegenteil. Aus der Sicht des Duos Achammer und Kompatscher war es ein Traumwochenende. Während das kompakte Südtiroler Ja trotz der gesamtstaatlichen Niederlage die Position der SVP in Rom stärkt, bekommt sie mit dem Tiroler Van der Bellen einen verlässlichen, behutsamen und moderaten Partner als Bundespräsident. Der Rest hingegen muss die Wunden lecken und hat seit Sonntag die Gewissheit, dass sie weder das Vertrauen der Südtiroler besitzen, noch in der Wiener Hofburg einen Freund haben.