Von: mk
Bozen – Am heutigen Mittwochvormittag ist die Mai-Session des Landtags mit der der Opposition vorbehaltenen Zeit fortgesetzt worden. Als erster Antrag wurde der Beschlussantrag Nr. 657/22 Pestizidemonitoring auf Spielplätzen – weil Gesundheit immer Vorrang hat (eingebracht von den Abgeordneten Staffler, Foppa und Dello Sbarba am 20.12.2022; Ersetzungsantrag vom 04.05.2023) behandelt: Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. den eigenen Beschluss vom 30. August 2022, Nr. 607 abzuändern und Pestizidanalysen, welche von „privaten Subjekten“ eingesendet und bezahlt werden, als im öffentlichen Interesse zu deklarieren und die Landesagentur anzuweisen, Pestizidproben routinemäßig zu analysieren; 2. periodische Monitorings der Pestizidbelastung in den sogenannten „sensiblen Zonen“ Südtirols wiederum durchzuführen, die Bevölkerung über die Ergebnisse zu informieren und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit der Menschen und vor allem der Kinder sicherzustellen; 3. Beschilderungen an Spielplätzen und Schulhöfen Südtirols vorzunehmen, die an Obstwiesen mit intensiven Anbauweisen grenzen, damit Kinder und deren Eltern darüber informiert werden, dass dort Pestizide ausgebracht werden; 4. gemeinsam mit den betroffenen Interessensgruppen darauf hinzuarbeiten, dass Landwirte die Zeiten, in denen sie Pestizide ausbringen, im Vorfeld kommunizieren und die Verwaltung diese den Bürgern auf geeignete Art und Weise zur Verfügung stellen muss.
Hanspeter Staffler (Grüne) erinnerte daran, dass die Pestizidausbringung im Wesentlichen über Sprühen erfolge. Nicht alle ausgebrachten Pestizide erreichen nur ihre Zielflächen, sondern sie landeten zum Teil auch auf sogenannten Nicht-Zielflächen wie Biotope, biologischen Anbauflächen, Stadtparks oder auch Kinderspielplätzen. Es gebe in Südtirol private Initiativen, die Kinderspielplätze auf Pestizidrückstände untersucht hätten. Es habe sich dabei anhand von Grasproben gezeigt, dass sich dort relativ viele Pestizide sammelten – rund 50 Prozent der Spielplätze seien kontaminiert. Es sei dabei nicht nur ein Pestizidrückstand, sondern die Rückstände verschiedener Pestizide gefunden worden. Es gebe Bemühungen, den Abdrift zu reduzieren, etwa durch neue Sprühmethoden. Die europäischen Gesetze und Verordnungen, aber auch der nationale Aktionsplan bezogen auf die Pestizide seien sehr klar in ihren Aussagen: Demnach dürften auf sensiblen Flächen – etwa Parks, Wohnanlagen und auch Spielplätze – keine Pestizide vorkommen. Die Grünen hätten zwei Dinge irritiert: Das Erste sei, dass das Land keine Proben mehr auf Spielplätzen nehmen – das sei ein Manko, denn die Kontrolle und das Monitoring auf sensiblen Flächen sei wichtig. Das Zweite sei, dass laut einem Beschluss der Landesregierung vom August 2022 Proben, die von NGO oder Privaten gesammelt würden, in den Landeslabors nicht mehr untersucht würden – das habe nicht die Zustimmung der Grünen. Deshalb dieser Beschlussantrag.
Es sei sehr wichtig, so Brigitte Foppa (Grüne), den Blick auf dieses Thema zu lenken, da Spielplätze für manche Kinder der einzige Platz seien, wo sie im Freien spielen könnten. Der Beschlussantrag ziele nicht auf Verbote, sondern darauf das Bewusstsein zu schärfen und die Information, das Monitoring und die Transparenz in den Mittelpunkt stelle. Junge Eltern seien eine sehr aufmerksame und sensible soziale Gruppe, die möchte, dass es ihren Kindern gut geht.
Franz Ploner (Team K) hob hervor, dass es um die Gesundheit der Kinder und der gesamten Bevölkerung gehe. Denn Pestizide seien Gifte, damit seien sie problematisch für die Natur und die Menschen. Man habe nun sehr viele Mischprodukte oder solche mit geringerer Toxizität, damit gehe man unter einen gewissen Level von Toxizität. Man müsse die langfristige Auswirkung von Pestiziden bedenken. Man wisse heute nicht, wie häufig heute neurotoxische Erkrankungen in der Landwirtschaft seien, wie die Parkinson-Krankheit in diesem Bereich zunehme. Er fände es sinnvoll, zu wissen, wie die Niederdrift und die Konzentration von Pestiziden im Land seien. Dadurch könnten entsprechende Konsequenzen gezogen werden. Er finde den Beschlussantrag deshalb wichtig.
Die Kollegen der Grünen legten hier den Fokus auf ein Problem, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), das sei wichtig hervorzuheben. Doch den Fokus allein auf die Landwirtschaft zu legen und alles andere auszublenden, sei nur die halbe Lösung. Gerade weil sich Spielplätze zum Teil neben viel befahrenen Straßen befänden. Deshalb beantrage er eine getrennte Abstimmung nach Punkten. Es gelte zu unterscheiden, ob bei einer Bodenprobe aktuelle Pestizidausbringung erhoben oder ob es sich bei den gefundenen Rückständen um solche handle, die sich bereits seit Jahren im Boden befänden. Es brauche ein Gesamtkonzept, wie mit derartigen Dingen umgegangen werde.
Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) erklärte, dass er die beiden Punkte 1 und 2 – die die Transparenz forcieren solle – unterstützen würde. Bei der Definition der Flächen laut Punkt 3 frage er sich, wie das definiert werden solle. Und bei Punkt 4, ob ausschließlich chemisch-synthetische Pestizide gemeldet werden sollten. Es gehe darum, einen Gürtel um die Spielplätze zu errichten, in denen Landwirte
Paul Köllensperger (Team K) erinnerte an eine Spende seinerseits, durch die 2017 Proben auf 71 Spielplätzen im Vinschgau entnommen und analysiert wurden. Diese Studie habe erhebliche Pestizidbelastungen auf den Spielplätzen nachgewiesen. Es sei damals darum gegangen, auf ein Problem aufmerksam zu machen. Die Diskussion, wie man weitermachen wolle, müsse erfolgen – dabei gehe es aber nicht um die Kriminalisierung der Landwirtschaft.
Magdalena Amhof (SVP) erklärte, die SVP sei bereit, den Punkt 2 bezüglich des Monitoring anzunehmen; dies sei ein wichtiger Punkt im Sinne der Transparenz und Offenheit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Alle anderen Punkte würden abgelehnt.
Man solle die Dinge nicht beschönigen, aber es dürfte auch keine Panik verbreitet werden, schickte Landesrat Arnold Schuler voraus. Es gebe in der heutigen Zeit vielen Bereichen Grenzwerte, nur bei den Pflanzenschutzmitteln gebe es Null-Toleranz . Als es die erste große Untersuchung auf den Kinderspielplätzen gegeben habe, sei die Aufruhr groß gewesen. Doch bei näherer Betrachtung lasse sich vieles erklären. Es habe ihn erstaunt, dass der Abg. Franz Ploner gesagt habe, alle Pestizide seien Gift; er müsste doch als Arzt wissen, ab wann ein Wirkstoff zum Gift werde. In der Medizin würden Wirkstoffe eingesetzt, die giftiger seien, als manche Pestizide. Als Untersuchungen im Obervinschgau gestartet wurden, sei er skeptisch gewesen, dass es gelingen werde, die Abdrift zu reduzieren – doch durch Umstellungen der Technik sei es gelungen. In den letzten vier Jahren des Untersuchungszeitraums seien die Rückstände um mehr als 70 Prozent gesunken. Es könne auf keinster Weise von einer Gesundheitsgefährdung der Kinder auf den Spielplätzen durch die geringen Mengen, die dort gefunden wurden, bestehe – dies müsse am Ende das Um und Auf sein. Wenn es gewünscht werde, dass das Monitoring durchgeführt werde, dann werde man das machen – auch zugunsten der Landwirtschaft. Monitorings müssten aber aussagekräftig sein, damit die Resultate eingeordnet und entsprechende Rückschlüsse gezogen werden könnten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bat darum Punkt 2 wie folgt zu ergänzen: “ein periodisches Monitoring der Pestizid- und Schadstoffbelastung”.
Franz Ploner (Team K) stellte in Bezug auf die Aussagen des Landesrates klar, dass Pestizide per Definition giftig seien. In der Medizin habe man die Verpflichtung zur Aufklärung, bei den Pestiziden ginge es um Vorsorge für alle. Er hinterfrage auch sehr wohl Daten.
Hanspeter Staffler (Grüne) bemerkte, er habe einen Gesetzesvorschlag zum Pestizidmonitoring eingebracht, über den der Landesrat im Gesetzgebungsausschuss “not amused” gewesen sei. Nachdem der Entwurf noch in der Pipeline sei, biete er dem Landesrat ein, diesen gemeinsam einzubringen. Mit Annahme von Punkt 2 werde ein wichtiger Schritt gemacht. Ein gutes Pestizidmonitoring mit vielen Daten helfe auch in der Humanmedizin zu verstehen, ob etwas passiere. In Frankreich etwa sei Morbus Parkinson eine anerkannte Berufskrankheit für Weinbauern. Wenn man hier den Schutz der Kinder in den Vordergrund stelle, dann gehe es aber auch um die gesamte Bevölkerung. Man müsse den Gedanken der Transparenz und der Aufklärung folgen, und dürfe ebenso wenig vergessen, was die EU vorschreiben werde: eine 50-prozentige Reduktion der Pestizide bis 2023 – was das genau bedeute, wisse man noch nicht. Er nahm den Vorschlag des Abg. Knoll zur Ergänzung des Punkts 2 mit Schadstoffbelastung.
Der Antrag wurde getrennt nach Prämissen und Punkten abgestimmt: Die Prämissen und die Punkte 1, 3 und 4 wurden mehrheitlich abgelehnt; Punkt 2 wurde mit 29 Ja angenommen.