Von: ka
Bozen – Beschlussantrag Nr. 463/21: Wohnortnahe Ausbildung in Sozialberufen (eingebracht von den Abg. Rieder, Köllensperger, Ploner F., Faistnauer und Ploner A. am 06.07.2021; Ersetzungsantrag der Abg. Rieder, Köllensperger, Ploner F. und Ploner A. vom 14. 09.) Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die dezentrale, wohnortnahe Ausbildung in sozialen Pflegeberufen jährlich in der Peripherie in enger Kooperation mit örtlichen Alters- und Pflegeheimen, deren Bedarf bei der Ausschreibung eine wichtige Rolle spielt, im Sinne von bereits gefällten Entscheidungen und Beschlüssen anzubieten und bei ausreichender Teilnehmer*innenanzahl durchzuführen. 2. Formen des Blended Learnings für die Ausbildung als Pflegehelfer*in oder Sozialbetreuer*in zu entwickeln. 3. Den praktischen Teil dieser dezentralen, wohnortnahen Ausbildungen in enger Zusammenarbeit mit Senioren- und Pflegeheimen sowie den Krankenhäusern vor Ort zu gestalten.
“Der Personalbedarf in den Sozialberufen, vor allem in den Alters- und Pflegeheimen, ist hoch”, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). “Der Pflegebedarf steigt, die Strukturen müssen ihre Plätze erhöhen, es scheitert aber am verfügbaren Personal. Pandemie und Impfpflicht haben diese Probleme beschleunigt und verschärft. Die Landesfachschule für Sozialberufe „Hannah Arendt“ bietet bereits Lehrgänge auch außerhalb von Bozen an. Für Menschen, die eine Familie haben und sich beruflich umorientieren, ist dies ein begünstigender Faktor. Eine Frau mit zwei Kindern aus dem Ahrntal wird kaum mehrmals wöchentlich nach Bozen zum Unterricht fahren, hingegen kann sie einen Kurs in Bruneck besuchen. Es gilt auch, Onlineangebote zu entwickeln und in den Fächern, in denen sie machbar sind, anzubieten und umzusetzen. Werden Stellen für die verpflichtenden Praktika in unmittelbarer Nähe (z.B. Alters- und Pflegeheime, Krankenhaus…) angeboten, wird die Teilnahme sicherlich für mehr Interessierte möglich. Bedenkt man den Personalmangel in den Sozialberufen, gäbe es hier weitere Handlungsmöglichkeiten: Ausbildungen, die gefördert werden, wenn sich die Auszubildenden verpflichten, im Anschluss einen Mindestzeitraum diesen Beruf auch auszuüben. Außerdem können durch die Praktika und berufsbegleitende Ausbildung auch Heime oder soziale Einrichtungen als Ausbildungsstätten die Landesfachschule unterstützen.” Man wisse, was zu tun sei, man müsse jetzt die ersten konkreten Schritte setzen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstützte den Antrag. Aber auch dezentrale Angebote müssten auf die Bedürfnisse der Einzelnen eingehen und sie müssten laufend beobachtet werden. Ebenso sollte es eine Bewertung der Kurse durch die Studierenden geben.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bezeichnete den Vorschlag als sinnvoll und dringlich. In den Pflegestrukturen sei noch viel zu tun, von der Gewährleistung der Zweisprachigkeit bis zur Deckung der Nachtdienste oder zum Tabuthema Sexualität im Alter. Die Ausbildung in Wohnortnähe sei ein wichtiger Aspekt, ebenso aber die Anerkennung ausländischer Ausbildungstitel.
Magdalena Amhof (SVP) erinnerte an den genehmigten Beschlussantrag vom Juni, der bereits zwei der drei heutigen Forderungen enthalte. Es kein guter Stil, das noch einmal einzureichen. Es werde derzeit zusammen mit den Sozialverbänden ein Gesetzentwurf zum Thema ausgearbeitet. Man gehe in die richtige Richtung, aber es sei noch viel zu tun, um jungen Menschen Sozialberufe schmackhaft zu machen. Zur Anerkennung von Ausbildungen im Ausland liege für den Dreierlandtag ein Beschlussantrag von LR Deeg und anderen SVP-Mandataren vor.
Es interessiere ihn wenig, wer was zuerst eingebracht habe, meinte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Seine Fraktion habe seinerzeit für den SVP-Antrag gestimmt und werde nun für den Antrag des Team K stimmen. Sein Antrag, Pflegeberufe attraktiver zu gestalten, sei hingegen von der Mehrheit abgelehnt worden.
Waltraud Deeg (SVP) berichtete von regelmäßigen Fachkontakten mit dem deutschsprachigen Ausland, wo es ähnliche Probleme gebe, meistens noch mehr. Oft könnten sich die Pflegekräfte auch untereinander nicht verständigen. In Südtirol sei die Situation noch gut, und diese Qualität wolle man halten. Deeg warnte davor, die Berufsbilder nach unten zu schrauben. Sie sei als Freiwillige in vielen Gegenden in Pflegestrukturen gewesen und freue sich, dass sie Situation in Südtirol insgesamt gut sei.
Gerhard Lanz (SVP) betonte, dass man an der Qualität festhalten wolle. Diese dürfe unter einer Dezentralisierung nicht leiden. Diese Ausbildung stelle einen Wert dar, und es sei für die Jugendlichen interessant, in diese zu investieren und dafür auch etwas in Kauf zu nehmen.
Der Bedarf im Pflegebereich sei groß, bestätigte LR Philipp Achammer, auch wegen der derzeitigen Suspendierungen. Das Problem werde man gänzlich nicht lösen können angesichts der demografischen Entwicklung, dem Renteneintritt der Babyboomer. Das Herabsetzen der Qualität, um mehr zu bekommen, wäre der falsche Weg. Wichtig wäre mehr Flexibilität, um den Bedürfnissen der Auszubildenden entgegenzukommen. Punkt 1 des Antrags sei eine Verstärkung dessen, was bereits beschlossen sei. Was Punkt 2 betreffe, so habe die Arendt-Schule bereits betont, dass sie einen guten Mix anbieten wolle. Punkt 3, die Zusammenarbeit mit den Pflegestrukturen, funktioniere bereits. Er sei ein Verfechter des dualen Modells, daran sollte man weiterarbeiten.
Maria Elisabeth Rieder zeigte sich mit vielem einverstanden, was die Mandatare der Mehrheit gesagt hätten, auch zu attraktiveren Gehältern und Arbeitsbedingungen für die Pflegeberufe. Sie sei bereit, den Antrag noch einmal zu erarbeiten und bat um Vertagung.
Beschlussantrag Nr. 475/21: Stoppt die Umwidmungen unserer Wälder (eingebracht vom Abg. Nicolini am 17.08.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die Nutzungsänderungen von Waldflächen in Flächen mit einer anderen Zweckbestimmung ‒ sei es in Weide als auch in landwirtschaftliche Flächen (Grün-Grün-Umwidmung) ‒ und auf jeden Fall immer auf Flächen, die in den Gefahrenzonenplänen vorgesehen sind, restriktiver zu regeln; 2. die Nutzungsänderungen neu zu berechnen und dementsprechend die Datenbank des Informationssystems LAFIS anzupassen, damit aktuelle und reelle Daten zu den Grundstücken verfügbar sind; 3. eine Übereinstimmung zwischen den Änderungen, die im Landschaftsplan durch das zuständige Landesamt erfasst werden, mit jenen der Gemeindepläne zu gewährleisten, nicht nur um sicherzustellen, dass beide Pläne gleiche Daten aufweisen, sondern auch, damit aktuelle Daten zu den Flächen verfügbar sind; 4. eine befristete Aussetzung der Grün-Grün-Umwidmungen vorzusehen; 5. eine jährliche Höchstgrenze an Grün-Grün-Umwidmungen von Waldflächen in Flächen mit einer anderen Nutzung vorzusehen, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass derzeit keine Obergrenze bzw. kein Prozentsatz, sondern lediglich eine Einzelfallbewertung vorgeschrieben ist; 6. äußerst restriktive Richtlinien für Grün-Grün-Umwidmungen von Waldflächen in Flächen mit einer anderen Nutzung auszuarbeiten, die von der vor Kurzem eingesetzten Grün-Grün-Kommission umzusetzen sind.
Es sei unleugbar, dass bestimmte Umweltkatastrophen auf den Bodenverbrauch zurückzuführen seien, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Laut jüngstem Report sei Südtirol jene Provinz Italiens mit dem höchsten Temperaturanstieg seit 1960, um 2,71 Grad allein im letzten Jahrzehnt. Immer mehr Wälder würden in landwirtschaftliches Grün umgewandelt, laut letztem Forstbericht rund 100 Hektar, darunter auch in Gefahrenzonen. Wenn man den Temperaturanstieg stoppen wolle, brauche es ein Limit, ein Moratorium.
Nicolinis Beschlussantrag weise in dieselbe Richtung, die auch der Klimaplan angebe, meinte Franz Ploner (Team K). Die Abholzung der Wälder gehöre zu den Hauptursachen des Klimawandels. Das Team K werde dem Antrag zustimmen.
Fratelli d’Italia stimmte dem Grundanliegen zu. Die Landesregierung habe auf Anfrage erklärt, dass es im Jahr rund 200 Ansuchen um Umwidmung gebe, für rund 80-100 ha. Aber einen genauen Überblick, wie viel Grund genau umgewidmet wurde, habe man nicht.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sah den Antrag als gut gemeint, aber einiges darin sei zu relativieren. Es sei nicht so, dass diese Flächen zubetoniert würden. Südtirol habe einen aufgeräumten Wald, vielleicht mit zu viel Monokultur, zu Lasten der Biodiversität. In Südtirol gebe es viel Biodiversität auch durch eine bestimmte landwirtschaftliche Nutzung, und sie würde durch Bewaldung verloren gehen.
Hanspeter Staffler (Grüne) sprach von divergierenden Datensätzen: Laut Forstressort würden rund 100 ha jährlich umgewandelt, laut Ressort für Landschaft und Raumordnung gingen jährlich 400 ha Wald verloren. Das Problem bestehe weniger am Berg, sondern an den Siedlungsgebieten. Man müsse um jeden Auwald kämpfen. Man müsse mehr auf die ökologische Bilanz schauen, nicht auf die Gesamtfläche.
Franz Locher (SVP) wies darauf hin, dass der Wald rund die Hälfte der Landesfläche ausmacht und dass viele ungenutzte Weiden sich in Wald verwandelten. Die Waldgrenze wandere nach oben wegen des Klimawandels. Der Wald sei dichter geworden, dadurch träten auch mehr Schädlinge wie der Borkenkäfer auf. Man sollte daher froh sein, wenn die eine oder andere Weide reaktiviert werde.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) konnte vielen seiner Vorredner zustimmen. Man müsste eben differenzieren. Einige Umwidmungen seien Wiederherstellungen. Wenn die Kriterien stimmten, dann seien Grün-Grün-Umwidmungen nicht das Problem; insofern könne er Punkt 6 zustimmen.
Der Wald habe auch eine Schutz- und eine Erholungsfunktion, bemerkte Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol). Es sei aber schwierig, diese zu unterscheiden. Auch er könne Punkt 6 zustimmen.
Auch LR Arnold Schuler betonte, dass mehr als die Hälfte der Landesfläche aus Wald bestehe. Die Waldfläche wachse um 500 bis 1.000 ha pro Jahr. Durch den Klimawandel steige nicht nur die Baumgrenze, es gebe auch ein stärkeres Wachstum in anderen Zonen. Für die Grün-Grün-Umwidmungen gebe es Auflagen, sie müssten an andere landwirtschaftliche Flächen angrenzen und sie müssten zum Überleben eines Hofes beitragen. Die Umwidmungen hätten nicht signifikant zugenommen, es seien rund 200 ha jährlich, davon die Hälfte in landwirtschaftliches Grün. Die verschiedenen Funktionen des Waldes würden bei den Entscheidungen mitberücksichtigt. Das LAFIS-System habe andere Kriterien als die Landschaftspläne und auch eine andere Zielsetzung. Eine jährliche Höchstgrenze für Grün-Grün-Umwidmungen habe keinen Sinn; es gehe darum, welche Flächen umgewidmet würden. Die Grün-Grün-Kommission könne die Situation vor Ort bewerten, das sei besser als starre Kriterien.
Diego Nicolini warnte davor, sich mit der Zunahme des Waldes in der Höhe zufrieden zu geben. Das sei nur ein Zeichen für ein Problem. Das LAFIS sei auf den Meter genau, was man von den Landschaftsplänen nicht sagen könne. Südtirol habe sich zum Geburtstag der Autonomie als Modell feiern lassen, aber bei den heute genannten Zahlen zum Wald sei es nahe am Brasilien Bolsonaros. Im Zweifelsfall bekomme immer die Wirtschaft den Vortritt.
Der Antrag wurde in mehreren Abstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.
Die Arbeiten werden morgen wieder aufgenommen.