Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute weiter mit dem Beschlussantrag Nr. 372/15: Gesamttiroler Sportlerehrung! (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Atz Tammerle, Knoll am 29.04.2015) befasst. Die Landesregierung wird aufgefordert: 1. innerhalb von 12 Monaten, gemeinsam mit dem Bundesland Tirol und den zuständigen Vereinen, Verbänden und Behörden ein Konzept auszuarbeiten, das eine Gesamttiroler Sportlerehrung (abwechselnd in Nord-, Süd- und Ost-Tirol) ermöglicht; 2. genannte Gesamttiroler Sportlerehrung erstmals spätestens mit Ende der Wintersaison 2016/17 zu veranstalten. Die Debatte dazu hatte bereits gestern stattgefunden. LR Martha Stocker kündigte an, mit den Verlagshäusern, die bereits eine Sportlerehrung organisieren, zu sprechen und dem Einbringer innerhalb Juni zu berichten. Zimmerhofer ging auf das Angebot ein und beantragte die Vertagung des Antrags.
Andreas Pöder von der BürgerUnion sorgte hingegen mit einem völlig anderen Antrag für Aufruhr- und zwar mit dem Beschlussantrag Nr. 684/16: Geschlechtergerechte Sprache im Landtag (eingebracht vom Abg. Pöder am 23.9.2016). Der Landtag möge beschließen: 1. Bei der Verwendung der geschlechtergerechten Sprache, bei Anträgen der Abgeordneten, immer natürlich in Absprache mit denselben, sind unter anderem auch folgende Geschlechter zu berücksichtigen: androgyner Mensch, Androgyne, Bigender, Frau zu Mann (FzM), Mann zu Frau (MzF), gender variabel, genderqueer, intersexuell (auch inter*), weder noch … (usw.) Insgesamt zählte Pöder an die 60 neue Geschlechterbezeichnungen, die unter anderem auch Facebook verwendet. 2. Das Landtagspräsidium wird beauftragt, in Absprache mit dem Fraktionssprecherkollegium eine Kommission einzusetzen, die gegebenenfalls zusätzliche Geschlechter eruieren soll. Dieter Steger (SVP) bezeichnete den Antrag als reine Provokation und kündigte die Gegenstimme seiner Fraktion an.
Der Antrag sei sicher eine Provokation, meinte Ulli Mair (Freiheitliche), er zeige aber die Auswüchse auf, die das Phänomen inzwischen angenommen habe. Präsident Roberto Bizzo meinte, Provokationen könnten auch sympathisch sein, aber diese könne er persönlich nicht mittragen. Andreas Pöder bezog sich auf den Beschlussantrag vom September 2016 zur geschlechtergerechten Sprache im Landtag und bezeichnete diesen als Provokation. Es könne nicht sein, dass eine Landtagskommission einen Antrag eines Abgeordneten abändere. Der Antrag wurde mit 21 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 741/17: Herkunftslandprinzip bei Sozialleistungen (eingebracht von den Abg. Mair, Tinkhauser, Blaas, Leitner, Stocker S. und Oberhofer am 15.2.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten: 1. Das Herkunftslandprinzip bei Sozial- und Familienleistungen anzuwenden, um sicherzustellen, dass Einwanderer im Gast- bzw. Aufenthaltsland Leistungen erhalten, die nicht über dem Niveau liegen, das ihnen im Herkunftsland, deren Staatsbürger sie sind, zustehen würde. 2. Mit der italienischen Regierung Verhandlungen aufzunehmen, um das Herkunftslandprinzip bei allen Sozial- und Familienleistungen durchzusetzen. 3. Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Sozial- und Familienleistungen im Herkunftsland der Einwanderer verschwinden. Dies wird sichergestellt, indem verstärkt Sachleistungen angeboten werden (Gutscheinsystem).
“In ganz Europa werden verschiedene Maßnahmen diskutiert, die die Einwanderung in das Sozialsystem einschränken sollen”, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche), die auf eine Initiative der österreichischen Regierung verwies. “Mit Blick auf Südtirol wird bereits heute klar, dass der Anteil der Einwanderer an den Sozialleistungen höher ist, als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Beachtet man die Altersstruktur der Einwanderer, wo der Altersdurchschnitt deutlich geringer ist als bei Einheimischen, verschlimmert sich die Situation auf absehbare Zeit auf Kosten der Einheimischen durch höhere Sozialzuwendungen an Einwanderer in Bereichen, die altersabhängig sind (z.B. Pflegegeld). Dem Sozialsystem droht der Kollaps. Hinzu kommt die verschlimmernde Tatsache, dass ein Teil der Sozialleistungen an Einwanderer bekanntermaßen im Ausland verschwindet. Von verschiedener Seite wird immer wieder das Herkunftslandprinzip herangezogen, um die Migration in das Sozialsystem einzuschränken, womit der Anreiz für Einwanderer, von Sozialleistungen zu leben, minimiert werden würde. Das Herkunftslandprinzip kann in zwei verschiedenen Formen realisiert werden: Entweder gewährt das Herkunftsland die Sozialleistungen. Oder das Aufenthaltsland gewährt die Leistungen, die sich allerdings am Niveau des Herkunftslandes orientieren (z. B. Mindestsicherung oder Familienbeihilfen). Das Herkunftslandprinzip schränkt Sozialtourismus und die Einwanderung in das Sozialsystem effektiv ein und trägt einer Situation Rechnung, wo derzeit Sozialbeiträge vielfach in den Herkunftsländern verschwinden.” Wenn man keine Kontrollmechanismen einführe und keine Änderungen am System vornehme, werde es bald zu Problemen kommen, meinte Mair.
Der Kern des Antrags sei sicher sinnvoll, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), man müsse aber differenzieren, ob es um Sozialleistungen gehe, die es im Herkunftsland nicht gebe. Man könne z.B. hier nicht jemandem die öffentliche Gesundheitsversorgung verweigern, weil es in seinem Land keine gebe. Wer hier arbeite und Steuern zahle, habe Anspruch auf gewisse Leitungen. Davon abgesehen seien reine Geldzuwendungen der falsche Weg, diese würden dann vielfach in ein anderes Land überwiesen, wo sie mehr wert seien. Daher sollte man mehr auf Gutscheine für Sachleistungen setzen.
Hans Heiss (Grüne) räumte ein, dass es Missbrauch von Sozialleistungen gebe, übrigens auch von Einheimischen, vor allem wenn man auf die Steuerhinterziehung schaue. Wer hier seit fünf Jahren lebe, habe das Recht auf Gleichbehandlung. Man müsse auch in Rechnung stellen, was Migranten für unser Sozialsystem leisteten. Gerade die Freiheitlichen forderten, dass man den Menschen in den Herkunftsländern helfen müsse – dies geschehe auch mit den Transferleistungen.
Andreas Pöder (BU) bezeichnete es als Denkfehler, dass jeder, der sich hier aufhalte, dieselben Rechte habe wie die einheimische Bevölkerung. Unterhalb einer gewissen Anzahl von Jahren der Ansässigkeit sollte das Herkunftslandprinzip gelten, um Missbrauch zu vermeiden.
Roland Tinkhauser (F) wies auf die Steuererleichterungen für Kinder hin, die auch ausländischen Arbeitnehmern zustünden. Er fragte, ob die Zahl der im Herkunftsland lebenden Kinder überprüft werde.
Brigitte Foppa (Grüne) fragte, wie man die vorgeschlagene Regelung handhaben wolle; man müsste die Sozialsysteme einer Vielzahl von Ländern überprüfen. Es könne sein, dass mit der Ablehnung von Sozialleistungen neue Bedürftigkeit und damit neue Kosten entstünden.
Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) sprach sich allein für den 3. Punkt des Antrags aus: Gutscheine für Sachleistungen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) meinte, das Gutscheinsystem könnte auf alle ausgedehnt werden. Die Sozialleistungen seien grundsätzlich für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der betroffenen Person gedacht. Mit einem “nigerianischen” Mietgeld könne man hier keine Miete bezahlen. In unserer Region und im Friaul sei der Beitrag der Ausländer am Steueraufkommen mit 12 Prozent am höchsten, das sei mehr als der Anteil an der Bevölkerung.
In Südtirol gebe es ein differenziertes Sozialsystem, bemerkte LR Martha Stocker, und nicht alle Förderungen würden gleichermaßen in Anspruch genommen. Ausländer hätten einen Überhang beim Mietgeld, seien aber bei der Wohnbauförderung kaum vertreten. Die Differenzierung, die man in Deutschland und Österreich anstrebe, habe Südtirol bereits. Das Herkunftslandprinzip sei mit EU-Recht nicht vereinbar. Übrigens sei das Land wegen des Gleichheitsprinzips von einem Österreicher angeklagt worden. Stocker sah das Gutscheinsystem als umsetzbar an, aber wenn, dann für alle. Bestimmte Grundleistungen seien für alle zugänglich, aber Zusatzleistungen seien an 5 Jahre Ansässigkeit gebunden. Bei Arbeitslosigkeit und Lebensminimum überprüfe das Land immer ganz genau. Schwierigkeiten gebe es hier eher bei den Saisonarbeitern.
Das bestehende System und die gängige Praxis seien immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, meinte Ulli Mair. Bestimmte Maßnahmen seien nicht mehr zeitgemäß, andere würden die Finanzierbarkeit des Systems in Frage stellen. Sie präzisierte, dass sie nie die Gesundheitsleistungen streichen wollte, es gehe auch nicht um die Streichung von Sozialleistungen, sondern um ihre Anpassung an die effektiven Ausgaben. Die Förderung durch Sachleistungen sei auch ein Versprechen von LR Theiner gewesen. Der dritte Punkt des Antrags (Gutscheinsystem) wurde mit 28 Ja und zwei Nein angenommen, der Rest wurde abgelehnt.
JG zum Beschlussantrag der Freiheitlichen: “Völlig überflüssig”
Aus Sicht der Jungen Generation haben die Freiheitlichen im Rahmen der heutigen Landtagssitzung wiedermal gezeigt, warum sie die Regierungsarbeit lieber anderen überlassen sollten. Mit einem Beschlussantrag forderten die Freiheitlichen nämlich die Einführung des sog. Herkunftslandprinzips, um Sozialtourismus und Arbeitsmigration einzuschränken. Ein Prinzip, das aufgrund der bereits geltenden Regelung als vollkommen überflüssig angesehen werden muss.
„Aus inhaltlicher Sicht können wir diesem Prinzip sicherlich einiges abgewinnen, denn eines ist klar: Es darf nicht sein, dass Menschen nur nach Südtirol kommen, um sich an den Sozialleistungen zu bedienen und um diese anschließend den in den Herkunftsländern wohnenden Familien weiterzugeben. Auch in Österreich gibt es unter Minister Sebastian Kurz einen derartigen Ansatz, der jedenfalls zu begrüßen ist“, so Stefan Premstaller, Vorsitzender der JG. Allerdings sei die Ausgangsposition in Südtirol eine ganz andere und nicht mit jener in Österreich zu vergleichen.
In Südtirol ist das System des Familiengeldes nämlich bereits auf dem Prinzip des Wohnortes der Eltern aufgebaut. Anspruchsberechtigt sind nämlich nur jene Eltern, die vor Einreichung des Gesuches einen ununterbrochenen Wohnsitz von mindestens 5 Jahren in Südtirol hatten. Zudem müssen die Kinder, für welche das Familiengeld beantragt wird, mit den Eltern zusammenleben und auf deren Familienbogen aufscheinen. „Die Einführung des Herkunftslandprinzips ist folglich völlig überflüssig, da wir in Südtirol bereits ein System haben, das bereits viel weiter greift und somit dem Sozialtourismus entgegenwirkt. Somit kann man sagen, dass der gesamte Antrag und folglich auch die gesamte Arbeit der Freiheitlichen umsonst gewesen sind. Man hätte sich den ganzen Aufwand sparen können, wenn man bis zu Artikel 2 des entsprechenden Landesregierungsbeschlusses gelesen hätte“, so Stefan Premstaller und dessen Stellvertreter Julian Stuffer, Sonja Plank und Manuel Raffin.
Die Junge Generation in der SVP findet, man sollte vorher die bestehenden Regelungen kennen, bevor man derartige Beschlussanträge vorbringt.