Ex-Fußballstar Kawelaschwili wird neuer Präsident

Prorussischer Kandidat wird neuer georgischer Präsident

Samstag, 14. Dezember 2024 | 15:58 Uhr

Von: APA/Reuters

Die Wahlversammlung in Georgien hat den Kandidaten der Regierungspartei Georgischer Traum, den ultrarechten Michail Kawelaschwili, zum neuen Präsidenten gewählt. Das von der Opposition boykottierte Gremium wählte Kawelaschwili am Samstag mit 224 Stimmen für eine fünfjährige Amtszeit zum Staatschef. Eine Stimme war ungültig, Gegenkandidaten gab es keine. Während der Abstimmung demonstrierten vor dem Parlament hunderte Menschen gegen die Wahl des ehemaligen Fußballprofis.

Am Samstag versammelten sich bei leichtem Schneefall Hunderte von Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Tiflis. Einige spielten auf der Straße Fußball und schwenkten rote Karten, eine spöttische Anspielung auf Kawelaschwilis sportliche Karriere. Kawelaschwili wurde letzten Monat vom Oligarchen Bidsina Iwanischwili, der selbst schon Regierungschef des Landes war, für das überwiegend zeremonielle Amt des Präsidenten nominiert. Iwanischwili gilt als eigentlich starker Mann in Georgien, der in der Regierungspartei Georgischer Traum das Sagen hat. Die ehemalige Sowjetrepublik verfestigt mit der Wahl die Abwendung vom Westen, gegen die seit Wochen protestiert wird.

Neuer Präsident ist Mitverfasser des Gesetzes über “ausländische Agenten”

Kawelashwili, ein ehemaliger Profifußballer, vertritt antiwestliche, teils konspirative Ansichten. Er hat wiederholt behauptet, westliche Geheimdienste versuchten, Georgien in einen Krieg mit Russland zu treiben. Zudem ist er Mitverfasser des Gesetzes über “ausländische Agenten”. Kritiker sehen das Vorbild dafür in einem ähnlichen Gesetz in Russland, mit dem die Regierung dort gegen Opposition und Teile der Gesellschaft vorgeht.

Das georgische Staatsoberhaupt wird aufgrund einer 2017 verabschiedeten Verfassungsänderung nicht mehr wie bisher direkt vom Volk gewählt, sondern von einer 300-köpfigen Wahlversammlung aus Parlamentsabgeordneten und Lokalpolitikern. Die Opposition boykottiert die Abstimmung: Da sie das Ergebnis der von Betrugsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl von Ende Oktober nicht anerkennt, nehmen ihre Abgeordneten nicht an der Arbeit des Parlaments teil.

Amtierende Präsidentin will Entscheidung nicht anerkennen

“Niemand hat irgendwen gewählt. Es ist nichts passiert”, sagte die noch amtierende pro-westliche Präsidentin Salome Surabischwili Medienberichten zufolge. Sie hatte bereits angekündigt, dass sie sich als einzig legitime Präsidentin sehe und die neue Wahl als “Parodie” bezeichnet. Surabischwili nahm ebenfalls an den Protesten vor dem Parlament in Tiflis teil. Auf X schrieb sie, die Wahl von Kawelaschwili sei eine Verhöhnung der Demokratie. Surabischwili wird von den Oppositionsparteien unterstützt. Diese haben angekündigt, sie weiterhin als rechtmäßiges Staatsoberhaupt anzuerkennen.

Die von der Russland-freundlichen Partei Georgischer Traum getragene Regierung hat die Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union ausgesetzt, obwohl die Mitgliedschaft in der EU als Ziel in der Verfassung festgeschrieben ist. Seitdem reißen die Kundgebungen von Regierungsgegnern nicht ab. Die Sicherheitskräfte haben bereits eine Reihe führender Oppositionspolitiker festgenommen und ihr Vorgehen gegen die Demonstranten verschärft.

Glückwünsche aus Aserbaidschan und vom Regierungschef

Nach der Bekanntgabe des Sieges von Kawelaschwili gratulierte der Präsident des Nachbarstaates Aserbaidschan, Ilham Aliyev, prompt. Auf einer Pressekonferenz beglückwünschte Georgiens Ministerpräsident Irakli Kobachidse den früheren Fußballer Kawelaschwili ebenfalls zur Wahl. “Mehr als 20 Jahre hatte Georgien keinen patriotischen sowie moralisch und psychologisch ausgeglichen Menschen als Präsidenten”, sagte er gemäß einer Mitteilung. Die Wahl Kawelaschwilis werde daher zu einem Wendepunkt für das Land. Vorgängerin Surabischwili war 2018 bei ihrer Wahl ebenfalls vom Georgischen Traum unterstützt worden.

Angesichts der während des Wahlvorgangs schwach besuchten Proteste sprach der Regierungschef von einer Niederlage der Opposition. “Die radikale Opposition hat zuerst die Wahlen und danach die Straße verloren”, schrieb Kobachidse. Oppositionsparteien und NGOs seien nicht einmal mehr in der Lage, 2.000 Menschen zu Straßenaktionen zu bewegen. “Das ist ihre reale Lage, was sehr gut für unser Land ist. In Georgien ist der “Majdan” gescheitert und wird niemals gelingen”, behauptete Kobachidse. Wenig später zog ein Demonstrationszug von mehreren tausend Regierungsgegnern durch das Stadtzentrum.

Kommentare

Aktuell sind 3 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen