Pro-russische Demonstrantion im Niger

Protest im Niger am 63. Jahrestag der Unabhängigkeit

Donnerstag, 03. August 2023 | 20:21 Uhr

Von: APA/AFP/dpa/Reuters

Gut eine Woche nach dem Staatsstreich im Niger haben Bürger am Unabhängigkeitstag des Landes die neuen Militärmachthaber gefeiert. Tausende Nigrer versammelten sich am Donnerstag nach lokalen Medienberichten in den Straßen der Hauptstadt Niamey. Den Organisatoren der Demonstrationen zufolge sollen rund 20.000 Nigrer teilgenommen haben. Die Demonstranten signalisierten dabei ihre Unterstützung für De-Facto-Präsident Abdourahamane Tiani und seine Junta.

Auch in der nördlichen Stadt Agadez, von der aus Migranten durch die Sahara nach Libyen und Richtung Mittelmeer fliehen, demonstrierten Menschen lokalen Medien zufolge mit Slogans und Plakaten, die Unterstützung für die Putschisten ausdrückten. Dabei sollen auch russische Fahnen geschwenkt worden sein.

Überraschend seien die Demonstrationen nicht, sagte Olaf Bernau vom Migrations-Netzwerk Afrique-Europe-Interact: Die Putschisten hätten es binnen einer Woche geschafft, ein “nationalistisches Feuer” in der Bevölkerung zu entfachen. Grund dafür sei zu einem Teil auch die Migrationsstrategie der EU im Niger.

Seit mehreren Jahren erhält der Niger finanzielle Unterstützung zur Einschränkung der Migration nach Europa. Viele Migranten seien dadurch in dem Land gestrandet, so Bernau. Dadurch habe sich unter anderem in Agadez die Zahl der Migranten in den vergangenen Jahren verdoppelt. Seit 2015 stellt ein Gesetz im Niger illegale Migration und deren Unterstützung unter Strafe.

Anlässlich des Unabhängigkeitstages sagte US-Präsident Joe Biden, das westafrikanische Land stehe “vor einer großen Herausforderung für seine Demokratie”. Die Vereinigten Staaten würdigten demnach die jahrzehntelange Partnerschaft mit dem Land, die auf gemeinsamen demokratischen Werten und der Unterstützung einer zivilen Regierung beruhten.

Frankreich hatte zuvor die Evakuierung ihrer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus dem Niger für beendet erklärt. 1.079 Menschen seien in Sicherheit gebracht worden, teilte das Außenministerium auf Twitter mit. Neben 577 Französinnen und Franzosen und deren Angehörigen seien auch Menschen zahlreicher anderer Nationalitäten evakuiert worden. Paris hatte die Evakuierung auch mit der Schließung des Luftraums im Niger begründet. Diese habe den eigenen Bürgerinnen und Bürgern keine Möglichkeit gelassen, das Land selbst zu verlassen. Zudem hatte es am Wochenende bei Pro-Putsch-Protesten Berichten zufolge Gewalt an der französischen Botschaft gegeben. Nigers neue Militärjunta warf Frankreich vor, eine militärische Intervention zu planen.

Frankreich und Italien flogen hunderte Europäerinnen und Europäer aus dem westafrikanischen Land aus. Insgesamt konnten nach Angaben aus dem Außenministerium in Wien vom Mittwoch bisher drei Österreicher aus dem Niger sicher außer Landes gebracht werden. Aktuell sind noch vier Österreicher mit Aufenthaltsort Niger beim Ministerium registriert.

Der nigrische Militärjunta-Chef hatte jegliche Bedrohung für die Ausgeflogenen zurückgewiesen. Franzosen im Niger seien nie “der geringsten Bedrohung” ausgesetzt gewesen und hätten “keinen objektiven Grund, den Niger zu verlassen”, sagte General Abdourahamane Tiani, der sich nach dem Putsch vergangene Woche als neuer Machthaber in dem afrikanischen Land präsentiert, in einer Fernsehansprache am Mittwoch.

Anderseits können nach dem Militärputsch die französischen Sender France 24 und RFI in dem Land laut Frankreichs Außenministerium vorerst nicht mehr senden. In einer Mitteilung des Ministerium vom Donnerstagabend hieß es, man verurteile sehr entschlossen, dass die Verbreitung ausgesetzt wurde. Die Maßnahmen, die im Niger gegen die Presse getroffen worden seien, geschähen in einen Kontext autoritärer Repression durch die Verursacher des Putschversuches, hieß es aus Paris weiter.

Mit Blick auf die von der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) am Sonntag gegen den Niger verhängten Sanktionen sagte Tiani, der “Nationale Rat für den Schutz des Vaterlandes (CNSP)” lehne die Sanktionen ab und weigere sich, “irgendeiner Drohung nachzugeben, egal woher sie kommt”. Die Sanktionen seien “zynisch und ungerecht” und darauf ausgerichtet, die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte und das Land zu “demütigen” und “unregierbar” zu machen. Tiani bekräftigte, dass die sich verschlechternde Sicherheitslage im Niger das Militär veranlasst habe, die Macht zu übernehmen.

Die ECOWAS hatte eine Wirtschaftsblockade gegen den Niger angeordnet und ein militärisches Eingreifen “als letzte Option” in Betracht gezogen, sollte der am 26. Juli gestürzte Präsident Mohamed Bazoum nicht innerhalb von sieben Tagen wieder eingesetzt werden.