Der Hass auf Israel und den Westen entlädt sich im Iran

Proteste in muslimischer Welt nach Beschuss von Gaza-Spital

Mittwoch, 18. Oktober 2023 | 12:30 Uhr

Von: APA/AFP/dpa/Reuters

Nach dem mutmaßlichen Beschuss eines Krankenhauses in Gaza durch Israel mit angeblich mehreren hundert Toten ist es in muslimisch geprägten Ländern zu Protesten gekommen. Im Iran versammelten sich Mittwochfrüh Hunderte Demonstranten vor der britischen und der französischen Botschaft in Teheran, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Die Demonstranten warfen Eier auf die französische Botschaft und forderten den Tod Englands und Frankreichs.

Israel und die USA haben keine Botschaften in Teheran, da sie keine diplomatischen Beziehungen zum Iran unterhalten. Mehrere Tausend Menschen kamen zudem auf einem zentralen Platz der iranischen Hauptstadt zusammen, um ihre Wut über den folgenschweren Angriff zu manifestieren, wie ein AFP-Fotograf berichtete.

In Istanbul hinderte die türkische Polizei Demonstranten daran, das israelische Konsulat zu stürmen. Die Teilnehmer hätten versucht, in der Nacht auf Mittwoch in das Konsulat einzudringen und dabei unter anderem Steine auf das Gebäude geworfen und Feuerwerkskörper gezündet, teilte das Gouverneursamt mit. Fünf Personen, die die Absperrung zum Konsulat überwunden hätten, seien festgenommen worden.

Mehr als 60 Menschen seien bei dem Einsatz verletzt worden, davon seien die meisten Polizisten, hieß es weiter. Eine Person sei aufgrund eines Herzinfarktes gestorben. Die örtliche Ärztegewerkschaft und eine kleine Oppositionspartei rief zu weiteren Protesten vor dem Konsulat am Mittwoch auf.

Am Dienstag war in Gaza ein Krankenhausgelände von einem Raketeneinschlag getroffen worden. Das Gesundheitsministerium der Hamas meldete nach dem Angriff “zwischen 200 und 300” Tote. Israel machte den Islamischen Jihad für den Vorfall verantwortlich und erklärte, er sei durch eine fehlgeleitete Rakete der Miliz verursacht worden. Die Armee brachte Argumente vor und legte Videomaterial vor; beides solle dies beweisen. Die im Gazastreifen herrschende Hamas wies wiederum Israel die Schuld für den Angriff zu. Der Islamische Jihad bezeichnete die Anschuldigung Israels am Mittwoch als “Lüge”, mit der das Land “seine Angriffe auf Krankenhäuser rechtfertigen” und “sich der Verantwortung für sein Verbrechen entziehen” wolle.

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi rief einen Tag der Trauer aus und erklärte laut der amtlichen Nachrichtenagentur Irna, dass “die Flammen der US-israelischen Bomben, die heute Abend auf die verletzten Palästinenser im Krankenhaus in Gaza abgeworfen wurden”, die “Zionisten (…) verzehren werden”. Teheran forderte zudem arabische Staaten, die Beziehungen zu Israel unterhalten, auf, diese abzubrechen.

Vor dem Hintergrund des neuen Nahost-Krieges trachtet der Iran danach Sanktionen gegen Israel durch die Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) zu initiieren. Außenminister Hossein Amirabdollahian brachte in einer Mitteilung seines Ministeriums die Verhängung eines Ölembargos und die Ausweisung der israelischen Botschafter ins Spiel. In Saudi-Arabien findet am Mittwoch eine OIC-Dringlichkeitssitzung zu Gewalteskalation im palästinensisch-israelischen Konflikt statt. Die Organisation besteht aus dem Iran, Saudi-Arabien und 55 weiteren Staaten mit hohem Anteil muslimischer Bevölkerung.

Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon verkündete am Mittwoch einen “Tag der Wut gegen den Feind” und sprach mit Blick auf den Raketenbeschuss von einem “Massaker” und “brutalen Verbrechen”. Auch in der libanesischen Hauptstadt Beirut demonstrierten nach Angaben eines AFP-Korrespondenten hunderte Menschen vor der US-Botschaft und skandierten “Tod für Amerika” und “Tod für Israel”.

In Jordanien versuchten Demonstranten, die israelische Botschaft zu stürmen. Die Regierung sagte ein für Mittwoch geplantes Vierer-Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden in Amman ab. Katar sprach von einem “brutalen Massaker” und einem “abscheulichen Verbrechen gegen wehrlose Zivilisten”.

Die politischen Palästinenserfraktionen im Westjordanland riefen wegen der Ereignisse um das Spital in Gaza zu Konfrontationen mit israelischen Soldaten auf am Mittwoch ab 12.00 Uhr. Der Protest richte sich auch gegen den gerade laufenden Besuch von US-Präsident Joe Biden in Israel, hieß es. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas hatte eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Am Mittwoch gab es zudem einen Generalstreik im Westjordanland.

Dort ist die Sicherheitslage seit dem Großangriff von Hunderten Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober sehr angespannt. Seither wurden dort bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten und Siedlern 62 Palästinenser getötet und 1.250 verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Ramallah mitteilte.