Tal Shoham freut sich am Tag seiner Befreiung

Puls24: Österreicher Tal Shoham erzählt von Gefangenschaft

Montag, 17. März 2025 | 21:04 Uhr

Von: apa

Tal Shoham ist am 7. Oktober 2023 von der Terrororganisation Hamas entführt und nach Gaza verschleppt worden. Erst 505 Tage später kam der Austro-Israeli wieder frei. Nach seiner Freilassung gab er mehreren österreichischen Medien ein Interview und fuhr mit den Journalisten in den Kibbuz Be’eri, von wo er und viele seiner Familienmitglieder entführt worden waren. Im Interview mit Puls24 berichtet der heute 40-Jährige von seiner Entführung und Gefangenschaft.

Shoham, dessen Großvater ein Holocaust-Überlebender aus Österreich war, besuchte mit seiner Familie den Kibbuz in der Nähe des Gazastreifens, als der Terrorangriff der Hamas begann. “Ich habe gehört, dass überall um uns herum die Menschen arabisch sprechen. Zwei im Garten und dann zwei oder drei vor dem Haus. Ich dachte mir, was ist hier los. Wo ist das Militär?”, erzählt Shoham. Erst als die Terroristen versuchten die Fenster einzuschlagen und in das Haus einzudringen, sei ihm klar geworden, dass dies eine lebensbedrohliche Situation sei.

“Mein Sohn steht neben mir und fragt mich, ob wir jetzt sterben werden. Er versteht plötzlich, dass wir uns in einer ernsten Situation befinden und ich sage ihm dann: Ich hoffe, dass wir nicht sterben”, berichtet Shoham im Puls24-Interview, das im Kibbuz, wo er entführt wurde, stattfand.

Als er zu einem Auto gebracht wird, habe er etwa 30 bis 40 Terroristen gesehen. “Das war einer der schockierendsten Anblicke die ich gesehen habe, während des gesamten Krieges. Sie stehen einfach alle da, lachen und stellen Videos in die sozialen Netzwerke. Ich habe einfach nicht gewusst, wie ich mit der Vorstellung umgehen soll, dass das israelische Militär einfach nicht da ist. Ich habe nicht glauben können, dass sie uns in dieser Krise alleine lassen.” Schließlich wird Shoham in einen Kofferraum gesperrt, für die kurze Fahrt in den Gazastreifen.

Austro-Israeli wird von der Hamas 505 Tage gefangen gehalten

“Als wir in den Gazastreifen kommen, fängt die Menge an zu schreien. Sie rufen ‘Allahu Akbar'(arab. “Gott ist groß”, Anm.). In diesem Moment habe ich gewusst, wir sind in Gaza”, so Shoham. Einer der Terroristen habe ihn mit einer Kalaschnikow in der Hand aufgefordert, sich hinzuknien. “Aber ich dachte mir nein! Ich gehe nicht auf die Knie, damit sie mich wie der IS (Islamischer Staat, Anm.) köpfen können. Ich konnte zwar nicht beeinflussen, ob ich jetzt sterbe, aber zumindest wollte ich entscheiden, wie es passiert.”

In der Gefangenschaft der Hamas muss Shoham wiederholt das Versteck wechseln. Einmal zwingt man ihn, sich als Frau in Vollverschleierung zu tarnen. Ein anderes Mal wird er mit einem Rettungsauto in ein anderes Haus gebracht. Mehr als elf Monate wurde er in einem Tunnel versteckt erzählt Shoham, der während seiner Geiselnahme wegen der mangelnden Verpflegung 30 Kilogramm abnahm. Seine größte Angst sei gewesen, dass er seine Familie nicht mehr sehen könne. Nach 50 Tagen kommen schließlich seine Frau Adi und die Kinder Naweh und Yahel frei.

Der Familienvater bleibt in der Geiselhaft der Islamisten. Einige Geiselnehmer hätten die Geiseln geschlagen, aber nicht alle. Schlimmer sei aber noch die psychische Gewalt gewesen. “Sie können dich schlagen, sie können dich quälen, aber sie können nicht in dein inneres Leben eindringen. Es sei denn, du gibst ihnen die Gelegenheit dazu und das ist etwas, was ich immer versucht habe, ihnen nicht die Genugtuung zu geben, in mein Inneres einzudringen”, berichtet er.

Drei Familienmitglieder Shohams wurden ermordet

Von zwölf Familienmitgliedern im Kibbuz seien drei ermordet worden. Dass er aber wieder seine Frau Adi und seine Kinder Naveh und Yahel in die Arme schließen haben können, sei “das schönste Geschenk”. Dennoch gebe es immer noch “Väter, die dort sind, und Kinder, die darauf warten, dass ihre Väter zurückkommen und junge Leute, die festgehalten werden”. Das einzig Schlechte, was sie getan hätten, sei es gewesen, auf eine Party zu gehen und ihr Leben zu leben.

Beim Rundgang im Kibbuz, wo über 100 Menschen ermordet wurden, ist Shoham seine Bedrückung anzumerken. Gerade hier habe man immer an einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern geglaubt, sagt er. Nun ist Shoham skeptisch: “Mittlerweile weiß ich nicht mehr, ob Frieden möglich ist. Nicht nach alldem, was ich miterlebt habe.”

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