Von: APA/AFP/Reuters/dpa
Russlands Präsident Wladimir Putin hat anlässlich des Osterfestes eine Waffenruhe für die russischen Truppen im Ukraine-Konflikt angekündigt. Die österliche “Waffenruhe” gelte ab Samstag 17.00 Uhr MESZ und solle bis Sonntag 23.00 Uhr MESZ dauern, sagte Putin im russischen TV und begründete den Schritt mit “humanitären Gründen”. Er rief die Ukraine auf, in diesem Zeitraum ebenfalls die Waffen niederzulegen. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte vorerst skeptisch.
Nach ukrainischen Angaben feuerten russische Streitkräfte jedoch auch nach Inkrafttreten der von Putin verkündeten Feuerpause auf ukrainische Stellungen. “Die Russen versuchen so zu tun, als seien sie ‘Friedensstifter’, doch sie haben bereits am 11. März eine bedingungslose Waffenruhe abgelehnt”, schrieb der Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation, Andrij Kowalenko, auf Telegram. “Sie sprechen von einer ‘Waffenruhe’, schießen aber ohne Unterbrechung weiter.” Ziel sei es, der Ukraine die Schuld für ein Scheitern der Friedensbemühungen zu geben.
Selenskyj schrieb auf der Plattform X: “Was den neuen Versuch Putins betrifft, mit Menschenleben zu spielen, so erklingt gerade in vielen Teilen der Ukraine der Luftalarm.” 45 Minuten vor Inkrafttreten der Feuerpause seien russische Kampfdrohnen am Himmel über der Ukraine gesichtet worden. Die Flugabwehr der Ukraine habe bereits das Feuer eröffnet. “Shahed-Drohnen an unserem Himmel entlarven Putins wahre Einstellung zu Ostern und zu Menschenleben”, kritisierte Selenskyj. Der Präsident machte zunächst keine Angaben dazu, ob die Ukraine das Feuer über Ostern ebenfalls einstellen werde. Im Moment der Verkündung der einseitigen Osterfeuerpause durch den Kreml war in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zudem Raketenalarm ausgelöst worden.
Ukraines Außenminister traut Worten Putins nicht
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha äußerte sich ebenfalls kritisch. Er erinnerte in einem Beitrag auf der Plattform X daran, dass die Ukraine bei Friedenssondierungen Anfang März in Jeddah dem US-Vorschlag einer 30-tägigen Feuerpause zugestimmt habe. Allerdings habe Russland abgelehnt und stattdessen eine Reihe von Vorbedingungen gestellt. “30 Stunden statt 30 Tage”, fasste Sybiha das Angebot Putins zusammen. Leider sei das russische Missverhältnis zwischen Erklärungen und Tatsachen bekannt. “Wir wissen, dass wir seinen Worten nicht trauen können und dass wir die Taten betrachten, und nicht die Worte.” Nach seiner Meinung könnte Moskau jederzeit einer 30-tägigen Feuerpause ohne Vorbedingungen zustimmen. Sybiha forderte die Partner der Ukraine zu Wachsamkeit auf. “Nur Taten und nicht Worte können die Wahrheit enthüllen: Dieser Krieg begann und dauert nur wegen Russland an.”
Putin: “Gehen davon aus, dass die Ukraine unserem Beispiel folgen wird”
“Wir gehen davon aus, dass die Ukraine unserem Beispiel folgen wird”, erklärte hingegen Putin bei einem vom Fernsehen übertragenen Treffen mit Generalstabschef Waleri Gerassimow. Die russischen Truppen sollten aber bereit sein, mögliche Verstöße gegen die Waffenruhe und Provokationen des Feindes abzuwehren. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, an alle Kommandanten in den Kampfgebieten sei der Befehl für die Feuerpause ergangen. Sie sei aus humanitären Gründen angeordnet worden und werde unter der Bedingung eingehalten, dass auch die Ukraine sich daran halte. Ob die Regierung in Kiew über die geplante Feuerpause informiert wurde, blieb zunächst offen.
Russland sei immer zu Verhandlungen bereit gewesen und begrüße den Wunsch der USA, Chinas und anderer Länder nach einer fairen Lösung in der Ukraine-Frage, meldete unterdessen die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS. Die von den USA initiierten Verhandlungen über ein Ende der Kämpfe waren zuletzt kaum vorangekommen. US-Präsident Donald Trump hatte deswegen mit der Beendigung der Bemühungen um Frieden zwischen Russland und der Ukraine gedroht, sollte es keine raschen Fortschritte geben. “Wir wollen das schnell erledigen”, sagte Trump am Freitag in Washington.
EU-Kommission: “Russland könnte diesen Krieg jederzeit beenden”
Die EU-Kommission reagiert zurückhaltend auf den russischen Vorstoß für eine 30-stündige Feuerpause. “Russland hat sich als Aggressor erwiesen. Wir müssen daher zunächst ein tatsächliches Ende der Aggression und klare Taten für eine dauerhafte Waffenruhe sehen”, sagt die Sprecherin für auswärtige Angelegenheiten Anitta Hipper. “Russland könnte diesen Krieg jederzeit beenden, wenn es wirklich wollte. Wir unterstützen die Ukraine weiterhin für einen langen, gerechten und umfassenden Frieden.”
Russischer Armeechef: Haben Kursk fast vollständig zurückerobert
Gerassimow äußerte sich zur Lage in der russischen Grenzregion Kursk, in der die Ukraine im vergangenen August eine Offensive begonnen hatte. “Der Großteil des Gebiets, in das eingedrungen wurde, ist nun gesäubert”, sagte der russische Generalstabschef bei dem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Präsident Putin. “Es handelt sich um 1.260 Quadratkilometer, 99,5 Prozent.” Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium erklärt, das vorletzte noch unter ukrainischer Kontrolle stehende Dorf in der Region zurückerobert zu haben.
Moskau und Kiew tauschen Kriegsgefangene aus
Russland und die Ukraine haben am Karsamstag erneut Kriegsgefangene ausgetauscht. Jeweils 246 russische und ukrainische Soldaten kehrten an einem nicht näher beschriebenen Ort an der Grenze zu Belarus zu ihren eigenen Truppen zurück, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. “Außerdem wurden als Geste des guten Willens 31 verwundete Kriegsgefangene im Austausch gegen 15 verwundete russische Soldaten, die dringend medizinisch versorgt werden müssen, übergeben”, hieß es in der Mitteilung.
Der Austausch war von den Vereinigten Arabischen Emiraten vermittelt worden. Die Kriegsparteien haben in den mehr als drei Jahren seit Beginn der russischen Invasion mehrmals Kriegsgefangene ausgetauscht. Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj konnten auf diese Weise 4.552 ukrainische Soldaten nach Hause zurückkehren.
Erst am Karfreitag hatten die Ukraine und Russland Hunderte Soldatenleichen ausgetauscht. 909 Leichname habe die ukrainische Seite erhalten, teilte der für Kriegsgefangenenbelange zuständige Stab in Kiew mit. Die Soldaten sind demnach bei Kämpfen in den Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja, Sumy und Charkiw getötet worden. Ein Teil sei aus Leichenhäusern in Russland gekommen. Ukrainische Truppen kontrollierten monatelang Teile des westrussischen Grenzgebiets Kursk. Im Gegenzug erhielt die russische Seite die Überreste von 41 eigenen Soldaten. Der Tausch fand ukrainischen Angaben nach unter Vermittlung des Internationalen Roten Kreuzes statt.
Krieg startete mit russischem Überfall im Februar 2022
Der Krieg begann mit dem russischen Überfall auf die Ukraine 24. Februar 2022. Putin hat wiederholt gesagt, dass er ein Ende des Krieges wünscht. Voraussetzung sei unter anderem, dass die Ukraine nicht in das westliche Militärbündnis NATO aufgenommen werde und dass die vier annektierten ukrainischen Regionen als russisch anerkannt werden müssten. Die Regierung in Kiew hat dies als gleichbedeutend mit einer Kapitulation zurückgewiesen.
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