Von: mk
Moskau/Pjöngjang – Wladimir Putin scheint echt in der Klemme zu stecken. In einer Glückwunschbotschaft an Staatschef Kim Jong Un zum Nationalen Befreiungstag Nordkoreas erklärte der Kreml-Despot, er möchte die Beziehungen mit Nordkorea weiter vertiefen. Bereits bei der Siegesfeier im Juli hielt sich eine russische Delegation rund um Verteidigungsminister Sergej Schoigu gemeinsam mit Abgesandten aus China in Pjöngjang auf. Experten vermuten, dass es in Wahrheit um Waffenlieferungen geht.
Sowohl Russland als auch Nordkorea sind zunehmend vom Westen isoliert und mit Sanktionen belegt. Beide Regime haben sich einander angenähert, seit der Kreml Truppen in die Ukraine entsandt und im vergangenen Jahr umfangreiche Kampfhandlungen begonnen hat.
Beide Länder verbindet außerdem im fernen Osten Russlands eine schmale Grenze mit einer Länge von nur 19 Kilometern. Die USA vermuten, dass genau dort im November 2022 aus Nordkorea eine Lieferung von Infanterieraketen und Fluggeräten an die russischen Wagner-Söldner gegangen sei, die an der Seite der regulären Armee kämpften. Nordkorea und Russland haben den Vorwurf zurückgewiesen.
Schoigu hielt sich im Juli in Nordkoreas Hauptstadt auf – offiziell „nur“ um den 70. Jahrestag vom Ende des Korea-Krieges zu feiern. Nicht nur Gäste aus Russland, sondern auch aus China waren zur Militärparade eingeladen.
Laut Experten – darunter auch laut russischen Militärbloggern – könnte aber mehr im Spiel gewesen: Russland musste sich demnach herablassen, weitere Artilleriegeschosse bzw. Raketen und dergleichen von Nordkorea zu erwerben.
Zwar hat Russland auch im eigenen Land die Waffenproduktion angekurbelt. Doch Putins Angriff auf die Ukraine entwickelt sich immer mehr zu einem Abnutzungskrieg. So meldete Generalstab der ukrainischen Streitkräfte jüngst, dass Russland seit dem Beginn seiner Invasion 254.920 Soldaten in der Ukraine verloren hat. Allein in den letzten Tagen hätten die russischen Streitkräfte 540 Verluste erlitten. Außerdem habe Russland 4.313 Panzer, 8.370 gepanzerte Kampffahrzeuge, 7.584 Fahrzeuge und Treibstofftanks, 5.128 Artilleriesysteme, 714 Mehrfachraketenwerfer, 482 Luftabwehrsysteme, 315 Flugzeuge, 314 Hubschrauber, 4.242 Drohnen und 18 Boote verloren.
Ostasien-Experte Prof. Alexander Görlach hat die Achse zwischen Putin, Xi Jinping und Kim Jong-un im WELT-Studio analysiert. Während China Russland nicht offen unterstützt und versucht, sich so gut es geht, an Sekundärsanktionen vorbei zu manövrieren, könnte Nordkorea von der Dreier-Konstellation am meisten profitieren. Als „Paria“, der wegen seines Atomwaffenprogramms eh schon international geächtet ist, hat das Regime in Pjöngjang wenig zu verlieren.
Dass sich China Seite an Seite mit Nordkorea zeigt, sei für den kommunistischen Staat unterdessen kein Problem. „In dieser Diktatoren-Boygroup bestärkt man sich gegenseitig“, erklärte Görlach.
Möglich sei laut Görlach aber auch, dass es zwischen Nordkorea und China verstärkt zu Spannungen komme, wenn sich Russland und Nordkorea ohne den Segen Pekings weiter annähern.
China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner seines weitgehend isolierten Nachbarlandes. Die chinesischen Exporte nach Nordkorea waren im Juni achtmal höher als ein Jahr zuvor. Gleichzeitig hatten sowohl Russland als auch China im UNO-Sicherheitsrat für die internationalen Sanktionen gegen Nordkorea wegen seiner Atom- und Raketenprogramme gestimmt.