Familien von Soldaten protestieren

„Putin soll Krieg beenden oder selbst an die Front“

Dienstag, 19. Dezember 2023 | 11:49 Uhr

Von: mk

Moskau – Eine Gruppe von Familien mobilisierter russischer Soldaten fordert seit Wochen Präsident Wladimir Putin auf, den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Die Mitglieder von Put’ Domoi (Weg nach Hause) sind hauptsächlich Ehefrauen und Mütter von Soldaten, die zum Kampf in die Ukraine geschickt wurden. Wie die “The Moscow Times” berichtet, geht es der Gruppe in erster Linie um die Rückkehr ihrer Angehörigen nach längerem Dienst an der Front.

“Wir Russen haben unter Ihrer Führung keine Hoffnung mehr… setzen Sie sich an den Verhandlungstisch”, erklärt die Gruppe in einer an Putin gerichteten Botschaft. “Lassen Sie uns in Frieden leben! Oder gehen Sie selbst an die Front und sterben Sie dort”, heißt es zudem.

Im Rahmen der “Teilmobilisierung” im September 2022 hat Moskau rund 300.000 Reservisten einberufen, um Russlands Truppenzahl in der Ukraine zu erhöhen.

Put’ Domois Botschaft wurde über die Messenger-App Telegram verbreitet. In einem Video ist außerdem ein mobilisierter russischer Soldat zu sehen, der sich Alexander nannte und seine Bestürzung darüber zum Ausdruck brachte, dass Putin die Forderung der Gruppe nach einer einjährigen Dienstzeitbegrenzung für mobilisierte Truppen ignoriert habe, berichtet n-tv.

Der Telegram-Kanal von Put Domoi ist laut einem Bericht des russischen Exilmediums Meduza vom Anwalt und kremlnahen Blogger Ilja Remeslo als „Projekt der Navalnisten“ abgestempelt worden. Er argumentierte, dass „Hausfrauen“ weder die Zeit noch die Kompetenz hätten, „Social-Media-Seiten zu erstellen, sie zu moderieren, Beiträge und juristische Dokumente zu verfassen, Klagen vor Gericht einzureichen, zu Anhörungen zu gehen und ihre Aktivitäten in den Regionen zu koordinieren“.

In einem Interview verteidigte sich eine Vertreterin von Put Domoi gegen die Anschuldigungen: Bei den Aktivistinnen handle es sich um „Wirtschaftswissenschaftlerinnen, Juristinnen, Marketingfachfrauen“, die eine höhere Ausbildung hätten und sich in ihren Bereichen, in denen sie arbeiten ständig weiter entwickeln. Es sei ein Klischee, dass man als Frau eines mobilisierten Soldaten eine Hausfrau sein müsse.

Das britische Verteidigungsministerium hält es laut der Newsweek für wahrscheinlich, dass der Kreml versucht hat, die Nutzer von Put Domoi mittels Bestechung zum Schweigen zu bringen. Die Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) hat über die Versuche des Kremls geschrieben, den Kanal auf Telegram mit Hilfe von gefälschten Profilen zu verleumden.

Krimi-Autor als Terrorist eingestuft

Auch andere Kritiker am Angriffskrieg auf die Ukraine haben es in Russland schwer. Nun wird auch der bekannte Schriftsteller Boris Akunin in Russland als “Terrorist” und “Extremist” gelistet. Der Autor lebt seit Jahren im Ausland.

Die russische Finanzaufsichtsbehörde Rosfinmonitoring führt den Kremlkritiker nun in einem entsprechenden Verzeichnis. Zudem bestätigt Russlands Ermittlungsbehörde, dass gegen ihn in Abwesenheit ein Verfahren nicht nur wegen angeblicher Rechtfertigung von Terrorismus, sondern auch wegen “Falschnachrichten” über die russische Armee eröffnet wurde.

Akunin, der 1956 im damals zur Sowjetunion gehörenden Georgien geboren wurde, heißt mit bürgerlichem Namen Grigori Tschchartischwili und ist vor allem für Kriminalromane bekannt. Er hat den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine kritisiert.