Von: apa
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hat den aktuellen Integrationsbericht als Anlass genutzt, ÖVP-Forderungen zur Zuwanderung im Vorwahlkampf Nachdruck zu verleihen. “Wir brauchen die richtige Form der Migration”, sagte sie bei der Präsentation des Sammelwerks am Montag – “aber was wir nicht brauchen ist illegale Migration über Jahre in unser Sozialsystem”. Zudem zeigte sich Raab sicher, dass die vom Innenministerium propagierte “Asylbremse” Wirkung zeige.
Zum 14. Mal wurde der Integrationsbericht vorgestellt, er fasst großteils bekannte Zahlenwerke zum Thema zusammen. Raab bezeichnete das Kompendium als Beitrag zur Versachlichung der Integrationsdebatte. Dass der Bericht nun eine “Halbierung der Migrationszahlen” zeige, sieht die Ministerin aber auch aus politischer Sicht positiv. Die Maßnahmen von Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) zeigten Wirkung.
Dementsprechend sieht die Integrationsministerin auch Forderungen gerechtfertigt, die die ÖVP nicht zuletzt im anlaufenden Wahlkampf erhebt: So wolle man bei der Sozialhilfe das dänische Modell übernehmen, das eine Wartefrist von fünf Jahren für den Vollbezug der Sozialhilfe vorsieht. Im Bereich des Arbeitsmarkts sollten Flüchtlinge verpflichtet werden, dort hin zu gehen, “wo die Arbeit ist”, also weg von Wien und in jene Länder, wo Bedarf besteht.
Kritik an der traditionell von der SPÖ regierten Bundeshauptstadt gab es auch am Sozialhilfemodell insgesamt. Der soziale Standard dürfe nämlich “kein Magnet für illegale Migration” sein. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz müsse daher in allen Bundesländern einheitlich umgesetzt werden. Stark machte sich die Ministerin hingegen für die Zuwanderung von Arbeitskräften unter anderem aus der Europäischen Union: “Wir brauchen die richtige Form der Migration, wir brauchen qualifizierte Migration.”
Die Antwort lieferte SPÖ-Integrationssprecher Christian Oxonitsch. Der Integrationsbericht sei “eine weitere Bestätigung des integrationspolitischen Versagens der letzten Jahre, durch die ÖVP”, befand er in einer Aussendung. Raab präsentiere “Jahr für Jahr dieselben schlechten Zahlen und äußert Jahr für Jahr dieselben Forderungen, als wäre sie nicht die Integrationsministerin”. Für die Caritas ist der Begriff der illegalen Migration “verfehlt”, könnten Menschen doch nicht legal einreisen, um einen Asylantrag zu stellen, hieß es auf X.
Ein “in Zahlen gegossenes Versagen der schwarz-grünen Bundesregierung” sehen auch die Freiheitlichen im Integrationsbericht. Raab präsentiere die Zahlen “nach ÖVP-Manier geschönt und mit dem Hintergedanken versehen, dass Österreichs Bürger die Zahlendrehereien ohnehin nicht verstehen”. Für Yannick Shetty von den NEOS verbindet die derzeitige Migrations- und Integrationspolitik “das Schlechteste aus zwei Welten”. Zu oft schiebe man die Falschen ab während es für die Menschen, “die Österreichs Grundwerte mit Füßen treten, kaum Leitplanken und Stoppzeichen” gebe.
Weniger parteipolitisch sahen die Zahlen im Integrationsbericht die weiteren Beteiligten bei der Präsentation. Die Vorsitzende des Expertenrats, Katharina Pabel, betonte dennoch die Wichtigkeit der Sprachkompetenz. So hätten 65 Prozent der 2023 anerkannten Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten, die 2023 ihren ersten Sprachkurs besuchten, Alphabetisierungsbedarf – auch in ihrer Muttersprache. Sie sprach sich auch für Maßnahmen für Personen aus, die noch vor dem Wechsel nach Österreich stehen, etwa durch Familiennachzug.
“Österreich wächst und Österreich wächst nur aufgrund der Zuwanderung”, betonte Tobias Thomas, Generaldirektor von Statistik Austria. Laut dem gemeinsam mit dem Integrationsbericht präsentierten Statistischen Jahrbuch “Migration & Integration” lebten im Durchschnitt des Jahres 2023 rund 2,45 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung in Privathaushalten entsprach dies einem Anteil von 27,2 Prozent (2022: 26,4 Prozent).
Etwa 1,8 Mio. Menschen gehören der sogenannten “ersten Generation” an, sie wurden selbst im Ausland geboren und sind nach Österreich zugezogen. Die verbleibenden rund 620.100 Personen mit Migrationshintergrund sind in Österreich geborene Nachkommen. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund stieg in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel bzw. 7,8 Prozentpunkte an. Die Zahl der ausländischen Staatsangehörigen in Österreich lag Anfang 2024 bei rund 1,8 Mio. Personen. Dies entsprach einem Anteil von 19,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung.
Unter den ausländischen Staatsangehörigen in Österreich sind weiterhin Deutsche die mit Abstand größte Gruppe: Am 1. Jänner 2024 lebten rund 232.700 Deutsche in Österreich, gefolgt von 153.400 rumänischen Staatsangehörigen. Diese liegen vor den türkischen (124.100) und serbischen Staatsangehörigen (122.200). Platz fünf belegt Ungarn (107.300). Auf den Rängen sechs bis zehn finden sich die Staatsangehörigen von Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Syrien, der Ukraine und Polen.
Die Erwerbstätigenquote von Personen mit Migrationshintergrund war 2023 mit 68,5 Prozent um rund 8 Prozentpunkte geringer als jene der erwerbsfähigen Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Bei Personen aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak war die Erwerbstätigenquote im Jahr 2023 mit 48 Prozent am geringsten. Besonders niedrig war die Erwerbstätigkeit bei Frauen aus Afghanistan, Syrien bzw. dem Irak mit 32,3 Prozent.
Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit nicht-deutscher Erstsprache ist in den letzten zehn Jahren von 20 Prozent auf 27 Prozent angestiegen. Am höchsten fiel der Anteil der Schüler und Schülerinnen mit nicht-deutscher Erstsprache im Schuljahr 2022/23 insbesondere in der Sonderschule (42,9 Prozent), in der Polytechnischen Schule (38,9 Prozent) und in der Mittelschule (34,8 Prozent) aus. Am geringsten war dieser in der Berufsschule (13,7 Prozent), der BHS (19,7 Prozent) und der AHS-Oberstufe (20,5 Prozent).
Ausländer und Ausländerinnen sind außerdem sowohl häufiger Verurteilte als auch Opfer von Straftaten. Im Jahr 2023 wurden von der Polizei insgesamt 330.000 Tatverdächtige erfasst: Davon entfielen 45,6 Prozent auf ausländische Staatsangehörige, wobei 28,2 Prozent in Österreich wohnhaft waren. Im Vergleich zum Anteil der ausländischen Bevölkerung (19,3 Prozent) war der Anteil der in Österreich lebenden ausländischen Tatverdächtigen somit deutlich höher. Unter den 25.000 im Jahr 2023 verurteilten Personen hatten 45,1 Prozent keine österreichische Staatsbürgerschaft.