Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von Süd-Tiroler Freiheit und Freiheitlichen diskutiert.
Zu Beginn der Sitzung wies Sven Knoll auf die angekündigten Kundgebungen auf dem Magnagoplatz hin sowie auf den desolaten Anblick, den der Platz derzeit biete: wie eine Müllhalde. Präsident Roberto Bizzo teilte mit, dass man die Landesregierung, die für den Platz zuständig sei, bereits darüber informiert habe. Das wahre Problem seien aber nicht die Müllhalden, sondern, die Personen, die keinen anderen Schlafplatz hätten.
Brigitte Foppa regte ein Treffen mit den Teilnehmern der Kundgebung an, heute Nachmittag mit den Kindergärtnerinnen. Alessandro Urzì kritisierte die Worte von Präsident Bizzo, diese Haltung sei mit Ursache für die Zustände auf dem Platz. Wer den Rechtsstatus des Asylwerbers habe, erhalte die Leistungen, die das Land seit Jahren biete, erklärte LH Arno Kompatscher. Die Zahl der Obdachlosen habe jedenfalls zugenommen, man sei dabei, sie zu erheben. Es gebe die Duschen, die allen Obdachlosen zur Verfügung stünden, es gebe auch öffentliche Toiletten. Davon abgesehen gebe es Regeln, die eingehalten werden müssten. Ob es ein Treffen mit den Teilnehmern der Kundgebung komme, müsse das Präsidium entscheiden, aber man sollte dies nicht zum Prinzip machen, dass für jeden, der eine Tafel in die Höhe halte, der Landtag seine Arbeit unterbrechen werde.
Riccardo Dello Sbarba führte den Aufenthalt der Obdachlosen auf dem Magnagoplatz auf die Schließung der Kälteunterkunft durch das Land zurück. Er sprach sich auch dafür aus, die Arbeiten für ein Treffen mit den Kindergärtnerínnen zu unterbrechen. Dagegen sprach sich Andreas Pöder aus – sinnvoller wäre eine Anhörung zu gegebener Zeit. Zu den Obdachlosen meinte er, er würde sich nicht wundern, wenn sie von den Hilfsorganisationen hierher geschickt worden seien. Ulli Mair sprach sich ebenfalls gegen eine Unterbrechung aus, solange vonseiten der Demonstranten kein Ersuchen um eine Aussprache vorliege. Ein junger Südtiroler habe jüngst eine Strafe von 3.000 Euro wegen Urinierens in der Öffentlichkeit bekommen, bei den Obdachlosen sehe man hingegen darüber hinweg.
Beschlussantrag Nr. 430/15: Radweg Pfitsch – Zillertal: Tirol rückt wieder ein Stück näher zusammen! (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Atz Tammerle und Knoll am 14.7.2015). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, sich mit der Landesregierung des Bundeslandes Tirol, den zuständigen Behörden, Vereinen und Verbänden in Verbindung zu setzen, um einen Fahrradverbindungsweg über das Pfitscher Joch innerhalb von zwei Jahren zu planen und umzusetzen.
“Bereits heute ist es möglich, mit dem Fahrrad über einen Forstweg vom Pfitscher Talboden auf das 2248 m hoch gelegene Pfitscher Joch zu fahren”, bemerkte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). “Eine Abfahrt ins Zillertal bis zum Schlegeisspeicher ist bis Dato nicht möglich, da nur ein Fußweg besteht, der nicht oder nur teilweise befahren werden kann. Der Radsport, und dabei insbesondere das Mountainbike und das E-Bike, erfreuen sich bei Einheimischen wie Feriengästen zunehmender Beliebtheit.
Um diesem Trend auch Rechnung zu tragen, würde sich ein Radweg über das Pfitscher Joch als Verbindung zwischen dem Südtiroler Pfitscher Tal und dem Nord-Tiroler Zillertal sehr gut anbieten. Wichtig dabei ist allerdings, dass die Gleichstellung von Wanderern und Radfahrern nicht in Frage gestellt wird, denn es braucht ein respektvolles Miteinander. Parallel für diesen neuen Fahrradübergang müssten die nötigen Infrastrukturen geschaffen werden. Erforderlich wären z.B. E-Bike-Ladestationen, ein Radservicezentrum mit Fahrradverleih und -reparatur, ein Shuttledienst sowie ein Gastbetrieb.” Diese Radverbindung würde einen starken touristischen bzw. wirtschaftlichen Impuls gerade für ein Gebiet wie das strukturschwache Pfitscher Tal bedeuten. Für die Finanzierung könnte man einen EU-Fonds in Anspruch nehmen.
Ulli Mair (Freiheitliche) befürwortete grundsätzlich Anträge, die die Landesteile Tirols zusammenbringen. Sie wies allerdings auf das Problem der gleichzeitigen Präsenz von Radfahrern und Wanderern hin. Die Nebenstrukturen für den Radweg seien nicht unbedingt Aufgabe der öffentlichen Hand, die Pfitscher Stromerzeuger würden sich z.B. über die E-Ladestationen freuen. Außerdem fehlten die Willensbekundungen der zuständigen lokalen Behörden.
Hans Heiss (Grüne) lobte die Absicht, die beiden Landesteile zu verbinden. Aber es sei noch zu sehen, inwieweit das Projekt von der Wirtschaft vor Ort gewünscht werden. Auch das Zusammenleben von Wanderern und Radfahrern sei problematisch. Das hohe Aufkommen von Mountainbikern sei eine Belastung für die Natur. Der Antrag sei noch zu vertiefen, daher werde man sich der Stimme enthalten.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) wunderte sich über die Skepsis der Grünen gegenüber dem ökologischen Verkehrsmittel Fahrrad. Ein gutes Wegenetz, das benachbarte Regionen verbinde, sei grundsätzlich positiv. Natürlich sei dabei auch auf die Kompatibilität mit den Wanderern zu achten.
Bei einem Jungbauernfest im Zillertal habe er mit vielen über diese Verbindung gesprochen, berichtete Sven Knoll (STF), und dort sei das Interesse sehr groß, auch weil das Zillertal ein gutes Radwegenetz habe. Die angesprochene Verbindung ließe sich mit sehr wenigen Eingriffen verwirklichen. Es wäre eine Initiative abseits vom Massentourismus.
Die von Heiss angeregte Fahrradverbindung mit Welschtirol gebe es bereits, merkte Sigmar Stocker (F) an. Mit dem E-Bike werde der Fahrradtourismus eine immer größere Bedeutung haben, das Zillertal setze darauf. Stocker lobte die Landesregierung, die für das Radwegenetz bereits viel getan habe.
Die Radverbindung wäre eine touristische Aufwertung für das Pfitschertal, meinte Myriam Atz Tammerle (STF). Auch Österreich habe für den Fahrradtourismus viel getan, auch in den Berggebieten. Tirol wolle sich laut Tourismusdirektor Margreiter als Fahrraddestination positionieren.
LH Arno Kompatscher unterstützte die Idee von einer Fahrradverbindung übers Pfitscher Joch und wies auf die bisherigen, laufenden und geplanten Projekte grenzüberschreitender Fahrradwege hin. Derzeit überlege man, ob man für die Nebenwege dieselben Kriterien wie für das Hauptnetz anwenden solle. Die Landesregierung sei aus Gründen des Landschaftsschutzes eher dagegen und eher für ein Netz von Radwanderwegen mit Mischnutzung und eigenen Regeln. Man verhandle derzeit mit den verschiedenen Interessengruppen darüber, auch was die Aspekte von Grundnutzung, Sicherheit und Haftung betreffe. Mit diesem Beschlussantrag würde man all dem vorgreifen, aber man werde das Anliegen auch in dieser Arbeitsgruppe vorbringen.
Alessandro Urzì regte einen Kompromiss zwischen Einbringer und Landesregierung an.
LH Kompatscher erklärte, er könnte den Antrag annehmen, wenn er sich nur grundsätzlich und ohne genaue Vorgaben für das Vorhaben einsetze.
Der in diesem Sinne geänderte Antrag wurde mit 25 Ja und vier Enthaltungen angenommen.
Beschlussantrag Nr. 709/16: Ethnische Herkunft von Flüchtlingen identifizieren – Asylverfahren und Ausweisungen beschleunigen! (eingebracht von den Abg. Mair, Leitner, Stocker S., Blaas und Oberhofer am 16.11.2016).
Die Südtiroler Landesregierung wird aufgefordert, die folgenden Maßnahmen für eine Einwanderungspolitik im Sinne der Einheimischen umzusetzen: 1. Die Südtiroler Landesregierung interveniert in Rom, damit Asylverfahren wesentlich beschleunigt werden. 2. Die Südtiroler Landesregierung interveniert in Rom, damit Abschiebungen wesentlich beschleunigt und erleichtert werden. 3. Die Südtiroler Landesregierung setzt endlich Rechtssicherheit um und unterlässt es, Flüchtlinge auf das Land zu verteilen bevor nicht nachgewiesen ist, dass es sich um Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention handelt. 4. Es erfolgt keine Unterbringung von Flüchtlingen ohne die ausdrückliche Zustimmung des entsprechenden Gemeinderates. Nicht-transparente Entscheidungen im stillen Kämmerchen werden endlich unterbunden. 5. Das Innenministerium wird aufgefordert, die Handy-Aktivitäten bei Flüchtlingen zu kontrollieren, welche dazu beitragen, die ethnische Herkunft u. eventuelle Kontakte zum IS zu klären. 6. Es werden interkulturelle Mediatoren beauftragt, welche die ethnische Identität der so genannten „Flüchtlinge“ feststellen und die folglich dazu beitragen, Asylverfahren und Ausweisungen zu beschleunigen. 7. Ist der Einsatz interkultureller Mediatoren aus rechtlicher Sicht derzeit nicht möglich, so setzt die Landesregierung nachweislich entsprechende Initiativen in Rom. 8. Der Landeshauptmann unterlässt es, die Südtiroler bei der Flüchtlingsfrage vor vollendete Tatsachen zu stellen und lässt eine Volksabstimmung zu, welche sich mit der Frage befasst, ob Südtirol gewillt ist, weitere Flüchtlinge aufzunehmen.
“Aus den Statistiken wird klar und deutlich ersichtlich, dass nur ein Bruchteil der so genannten „Flüchtlinge“ die Kriterien erfüllt und Asylstatus bekommt”, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). “Ein weiterer Teil wird akzeptiert, während der Großteil nach langjährigen Asylverfahren natürlich abgelehnt wird. Viele dieser Flüchtlinge zerstören ihre Identitätsdokumente, um nicht identifiziert werden zu können und bringen höchstens ihr „Smartphone“ mit nach Europa. Der Widerstand vieler Dorfgemeinden gegen die Aufnahme von weiteren so genannten „Flüchtlingen“ basiert vor allem auf der Tatsache, dass es sich vielfach nicht um Flüchtlinge, sondern um Scheinasylanten, Asylbetrüger und illegale Einwanderer handelt.” Mit den geplanten Abschiebezentren werde man das Problem nicht lösen, meinte Mair, man müsse die Boote am Starten hindern, die Voraussetzungen schaffen, dass die Flucht aus diesen Ländern nicht mehr nötig ist. Der Staat tue sich schwer, die Flüchtlinge zu identifizieren, die Handyidentifizierung wäre eine Hilfe, für die es keine Gesetzesänderung bräuchte. Das Land habe nicht die nötigen Kompetenzen, aber es müsse in seiner Politik die eigenen Bürger voranstellen und immer wieder auf geeigneter Ebene auf echte Lösungen drängen. Auch die Mitarbeiter im Ex-Alimarket seien der Meinung, dass die Asylverfahren zu beschleunigen seien und dass eine effektive Rückführung zu ermöglichen sei.
Dieter Steger (SVP) bezeichnete den Antrag als überholt und sprachlich teilweise nicht akzeptabel. Alle Länder täten sich mit dem Phänomen schwer. Die Landesregierung bemühe sich seit geraumer Zeit in Rom um Lösungen, auch zur Identifizierung der Flüchtlinge. Südtirol könne das Problem sicher nicht allein lösen. Punkt 8 sei reiner Populismus in Pegida-Manier. Südtirol könne nicht per Volksentscheid beschließen, keine Flüchtlinge mehr ins Land zu lassen. Hier brauche es Verantwortungsgefühl, und dieses sei bei dem Antrag nicht gegeben.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) bezeichnete die Forderungen als nicht umsetzbar. Die Freiheitlichen wollten damit nur in der Öffentlichkeit punkten. Südtirol könne nicht das Asylrecht und andere internationale Bestimmungen übergehen. Das Land könne auch nicht den Flüchtlingsstatus feststellen, das sei Zuständigkeit des Staates und von EU-Normen geregelt. Das Handy könne nur mit Genehmigung eines Richters überwacht werden. Die Identifizierung über den Dialekt sei absurd.
Sven Knoll (STF) sah in der Debatte einerseits unrealistische Forderungen, andererseits die Weigerung, ein echtes Problem wahrzunehmen. Bei Punkt 8 müsse man zwischen Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen unterscheiden. Man müsste im Grunde dafür sorgen, dass das Asylverfahren in den Herkunftsstaaten durchgeführt wird.
Äußere und innere Sicherheit gehörten zu den wesentlichen Aufgaben eines Staatsgefüges, meinte Andreas Pöder (BürgerUnion), und wenn man nicht wisse, wer sich im Land aufhalte, sei die Sicherheit nicht mehr gegeben. Pöder kritisierte die Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten zur Schließung des Brenners und erwartete sich einen Protest der Landesregierung.
Steger solle sich daran erinnern, dass er aus Bozen sei, einer Stadt, die unter dem Problem leide, erklärte Sigmar Stocker (F), der sich gegen den Vorwurf des Populismus wehrte. Die einzigen, die Realismus gezeigt hätten, seien jene, die die Balkanroute geschlossen hätten. Wenn man die Grenzen nicht mehr kontrollieren könne, werde Europa einen Super-Gau erleben. Natürlich sei zwischen Integrationswilligen und Unwilligen zu unterscheiden, aber irgendwann sei das Boot voll. Er könne sich nicht vorstellen, dass es noch zehn Jahre so weitergehen könne.
Alessandro Urzì (AAnc) teilte einige Punkte des Antrags, andere nicht. Jede Gemeinde müsse ihren Teil beitragen, andererseits sei es der Staat, der seine Aufgaben nicht mache. Und es sei auch nicht akzeptabel, dass Italien allein die ganze Last auf sich nehme, während andere Länder sich weigerten. Das Land müsse in Rom nicht nur zu Details des Verfahrens intervenieren, sondern vor allem darauf pochen, dass Europa seine Rolle spiele.
Alle würden es für das Beste halten, wenn die Boote gar nicht starten würden, meinte LH Arno Kompatscher. Er sei in Rom, Wien und auch München und Brüssel gewesen, um über das Thema zu reden, über die Notwendigkeit einer europäischen Lösung. Zur Beschleunigung des Asylverfahrens sollte Italien wie andere Länder eine Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu erstellen, das sei kompatibel mit dem Völkerrecht. Dieser Vorschlag sei angenommen worden – ein kleiner Fortschritt. Zum Asylverfahren gehöre logischerweise auch eine Rückführung bei abgelehntem Asylantrag, und das werde nun mit den Abschiebezentren in jeder Region umgesetzt. Er und Kollege Rossi seien aufgefordert worden, einen entsprechenden Vorschlag zu machen.
Zur europäischen Solidarität gehöre, dass die Flüchtlinge angemessen in Europa verteilt werden, erklärte LR Martha Stocker. Es sei die Frage anzusprechen, warum alle Flüchtlinge nach Italien gebracht werden, ebenso seien die Vorwürfe wegen Zusammenarbeit mit den Schleppern anzusprechen. Wenn Anrecht auf Asyl bestehe, sei das umzusetzen. Den Status könne man nicht an der Nase ablesen. Stocker wehrte sich gegen den Vorwurf des stillen Kämmerleins, dafür sei das Thema zu stark in der Öffentlichkeit vertreten. Sie verstehe, wenn manche Partei dieses Thema zum Wahlkampfthema machen wolle, aber solche Fragen seien für eine Volksabstimmung nicht geeignet. Insgesamt sei der Beschlussantrag teilweise überflüssig, weil die Landesregierung schon in dem Sinne tätig sei, teilweise aber widersprüchlich und populistisch.
Wenn das überflüssig sei, dann könne man auch die Frauenquote aus dem Wahlgesetz streichen, erklärte Ulli Mair. Mit der derzeitigen Flüchtlingspolitik unterstütze man Schlepper und korrupte NGOs. Bezüglich des Populismusvorwurfs meinte sie, derzeit sei Österreichs Außenminister Kurz in dieser Frage der größte Populist, weil er Stimmenverluste fürchte. SVP-Vertreter Dorfmann hingegen habe in Brüssel wenig zum Thema beigetragen. Derzeit führten abgelehnte Asylanträge einfach in die Illegalität. Wie Australien sollte die EU Konventionen mit sicheren Drittländern abschließen, so könnte man die Abschiebung beschleunigen. Rom müsste ein Zeichen setzen und keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, wenn Europa sich nicht solidarisch zeige. Mair kündigte eine Neuformulierung des Antrags an und ersuchte um Vertagung.