Schneechaos war ebenfalls Thema

Raumordnung, Notaufnahme, Zehenplakat: Fragestunde im Landtag

Dienstag, 26. November 2019 | 16:21 Uhr

Von: mk

Bozen – Im Südtiroler Landtag hat heute die Aktuelle Fragestunde stattgefunden. Das neue Raumordnungsgesetz tritt laut Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer erst am 1. 7. 2020 in Kraft, während mehrere Interessenverbände davor warnen, bemerkte Peter Faistnauer und fragte die Landesregierung: In wie vielen Gemeinden hat der Bauamtsleiter den Kurs für die Leiter der Servicestelle absolviert? Welche Gemeinden sind bisher untätig geblieben und haben keinen Mitarbeiter zu dem “freiwilligen” Kurs geschickt? Welche Kosten hat die Abhaltung des Kurses mit sich gebracht? Welchen Sinn hatte es, den Kurs so früh abzuhalten, wenn nicht einmal die Durchführungsbestimmungen feststehen? Wann soll der nächste Kurs abgehalten werden? Sollen jene Gemeinden, welche noch keinen Beamten zum Kurs geschickt haben, dazu verpflichtet werden, jemanden zu schicken? Wie sieht die Situation in den “Pilotgemeinden” aus, welche Schritte in der Umsetzung sind hier bereits umgesetzt worden? Was passiert mit dem landwirtschaftlichen Grün innerhalb der Siedlungsgrenze, kann hier ein Landwirt gegen seinen Willen verpflichtet werden, das Grundstück zu veräußern? Welchen Schutzstatus hat das landwirtschaftliche Grün in Zukunft innerhalb der Siedlungsgrenze?

Der Kurs hatte 123 Teilnehmer aus 90 Gemeinden, antwortete LR Maria Hochgruber Kuenzer. 26 Gemeinden seien bisher untätig geblieben. Der Kurs habe 34.000 Euro gekostet, davon 22.000 zu Lasten des Gemeindenverbandes. Eine generelle Verpflichtung sei nicht sinnvoll, auch weil die Dienste verschiedener Gemeinden zusammengelegt würden. Die 7 Pilotgemeinden würden nun ihre Arbeit bewerten. Eine Enteignung sei nach wie vor möglich, sollte aber nur mit Bedacht vorgenommen werden. Während die Siedlungsgrenzen gezogen würden, sei zur Verwendung landwirtschaftlichen Grüns die Lage abzuwägen.

Laut Webseite der Uni Bozen müssten Studierende aus Nicht-EU-Ländern ein Jahr im Lande ansässig sein, bevor sie um Landesstipendien ansuchen können, erklärte Riccardo Dello Sbarba und fragte die Landesregierung: Wie viele Studierende von außerhalb der EU haben in den letzten fünf Jahren an der Uni Bozen inskribiert? Wie viele Stipendien sind für sie jährlich vorgesehen? Wie viele in den letzten fünf Jahren bzw. jedes Jahr wurden an sie vergeben? Wie wird der Wartestand von einem Jahr begründet? Wenn man Studenten von auswärts anziehen wolle, seien solche Regeln abträglich. In den letzten Jahren seien zwischen 64 und 89 Studenten aus Nicht-EU-Ländern eingeschrieben gewesen, antwortete Landesrat Philipp Achammer. Man unterscheide zwischen Ansässigen und Nicht-Ansässigen sowie zwischen Nicht-EU-Bürgern mit oder ohne Schutzstatus oder langfristiger Aufenthaltsgenehmigung. Wer außerhalb Südtirols studiere, müsse zwei Jahre in Südtirol ansässig sein. Die gesetzliche Grundlage dafür sei das Landesgesetz Nr. 9 von 2004.

Florian Zerzer, Generaldirektor im Sanitätsbetrieb, behauptete in mehreren Interviews, dass es im Südtiroler Gesundheitswesen kein Sprachenproblem gebe, bemerkte Sven Knoll und fand das erstaunlich. Denn, erstens, gaben fast 32 Prozent der deutschsprachigen Südtiroler laut dem letzten ASTAT-Sprachenbarometer an, dass das Recht auf Muttersprache in Sanitätseinheiten und Krankenhäusern mindestens einmal im Jahr verweigert wurde; und, zweitens, vergeht kaum eine Landtagssession, in der die Abgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit nicht einen Fall des missachteten Rechts auf Gebrauch der Muttersprache aufzeigen. Knoll stellte dazu folgende Fragen: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass der Generaldirektor eklatante Unwahrheiten in Bezug auf die Sprachensituation im Sanitätsbetrieb verbreitet? Sind die Aussagen Zerzers seiner Unwissenheit geschuldet? Und falls Ja, ist es für die Landesregierung hinnehmbar, dass der Generaldirektor nicht weiß, was in seinem Betrieb vor sich geht? Wie will die Landesregierung garantieren, dass dem obersten Beamten des Sanitätsbetriebes Fälle des verwehrten Rechts auf Gebrauch der Muttersprache künftig auch zur Kenntnis gebracht werden? Landesrat Thomas Widmann wies darauf hin, dass Zerzer etwas anderes gesagt habe. Er habe gesagt, dass nur ein bis zwei Prozent der Patienten Beschwerden geführt hätten. Es sei bekannt, dass es an zweisprachigem Personal fehle; es gebe 37 Ärzte, die nicht Italienisch, und 170, die nicht Deutsch könnten. Um dem entgegenzuwirken, biete man Sprachkurse an, auch schon vor Dienstantritt, und räume eine Fünfjahresfrist für den Zweisprachigkeitsnachweis ein. Das Problem bestehe und dürfe nicht kleingeredet werden, erwiderte Knoll.

Für die Angestellten im öffentlichen Dienst wird es in wenigen Wochen einen neuen Kollektivvertrag geben, erklärte Magdalena Amhof. Dieser enthält mehrere Maßnahmen und verspricht ab Jänner 2020 unter anderem auch eine deutliche Lohnerhöhung. Nun werden die Stimmen aus der Privatwirtschaft laut – auch hier wären einige Neuauflage von Kollektivverträgen gewünscht. Amhof ersuchte die Landesregierung um die Beantwortung folgender Fragen: Wie viele Kollektivverträge wurden in den vergangenen zehn Jahren zwischen Gewerkschaften und Unternehmen ausgehandelt? Wie und in welchem Ausmaß ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf derzeit in den Kollektivverträgen berücksichtigt? Landesrat Philipp Achammer sah sich außerstande, die Unzahl an Kollektivverträge zu benennen. Bereits auf der ersten Ebene gebe es 1.260 Kollektivverträge, dazu kämen Territorialverträge und Betriebsabkommen. Es gebe dazu eine Erhebung des AFI, aber nur mit einem Teil der Zahlen.

Diego Nicolini wunderte sich, dass die Landesregierung der Stadt Bozen einen Beitrag zur Sanierung der ehemaligen Deponie Sigmundskron verweigert. Laut Gesetz könnte das Land bis zu 80 Prozent der Kosten (7,97 Mio. Euro) übernehmen, welche die Gemeinde bereits im Haushalt vermerkt hat. Nicolini fragte, mit welcher Begründung das Land den Beitrag verweigert und was es mit der Deponie vorhat. Landesrat Giuliano Vettorato wies auf einen Beschluss der Landesregierung zu den Kriterien hin; dieser sehe auch eine Kostendeckung von 50 Prozent hin. Voraussetzung für den Beitrag sei auch die Genehmigung des Projekts durch die zuständigen Ämter, diese hätten aber noch kein Projekt gesehen. Das Land sehe eine Sanierung jedenfalls als positiv an.

Alessandro Urzì bemängelte, dass das Schild zum Vellauer Felsenweg oberhalb Algund nur auf Deutsch darauf hinweist, dass der Weg nur für schwindelfreie Wanderer geeignet ist. Und auf der Webseite meranerland.org sei die Übersetzung nur unvollständig. Urzì fragte, wer das Schild angebracht hat, ob er dafür einen Beitrag bekommen hat, ob man auch ein italienisches Schild aufstellen wolle – mit italienischen Ortsnamen – und ob die Landesregierung nicht auch der Meinung sei, dass alle Gefahrenhinweise mindestens zweisprachig sein müssten, um Unfälle wie auf dem Rittner Horn zu vermeiden. In Südtirol gebe es Tausende Hinweisschilder, erklärte LR Arnold Schuler, man kenne nicht jedes Schild und auch nicht, wer es aufgestellt habe. Informationen müssten jedenfalls zweisprachig sein, bei den Ortsnamen halte man sich hingegen an das Abkommen Fitto-Durnwalder. Im konkreten Fall werde man der Sache nachgehen. Es gehe jedenfalls um einen Wanderweg, die Tragödie am Rittner Horn könne man für einen Vergleich nicht heranziehen. In beiden Fällen gehe es um Lebensgefahr, erwiderte Urzì und wies darauf hin, dass das genannte Abkommen nicht Gesetzeskraft habe.

Bekannterweise nehmen nicht sehr viele Väter die Möglichkeit des Landesfamiliengeldes Plus in Anspruch, auch deshalb, weil ihre Entlohnung meist höher als jene ihrer Partnerinnen ist, bemerkte Maria Elisabeth Rieder. Die Auszahlung steht den Vätern außerdem nicht zu, wenn das Kind eine Kleinkindbetreuungseinrichtung besucht. Vor dem Besuch einer Betreuungseinrichtung steht die Eingewöhnungsphase. Sie kann bis zu drei Wochen dauern und ihr Verlauf ist nicht abschätzbar. Die Eingewöhnungsphase findet in der Regel VOR dem Wiedereintritt in den Beruf statt, damit die Väter und Mütter diese Phase begleiten können. Rieder berichtete von Fällen, in denen das Landesfamiliengeld+ für die Empfänger, deren Kinder sich in der Eingewöhnungsphase befinden, überraschend nicht mehr ausbezahlt wurde. Dazu richtete sie folgende Fragen an die Landesregierung: Stimmt es, dass das Landesfamiliengeld+ während der Eingewöhnungsphase nicht ausbezahlt wird? Zählt die Eingewöhnungsphase bereits als Besuch der Kita? Wenn ja, was ist die Begründung hierfür? Wie wird diese verrechnet? Das Landesfamiliengeld+ sei für jene Mütter und Väter eingeführt worden, welche die vorgesehene Karenzzeit nutzen wollen, antwortete Landesrätin Waltraud Deeg. Es müsse sich klar um eine Elternzeit handeln, das sei Voraussetzung. Viele Betreuungseinrichtungen würden nicht zwischen Betreuungs- und Eingewöhnungsphase unterscheiden, daher wolle man den Nachweis der Karenz. Die Väter sollten in der Zeit auch wirklich für die Kinder da sein. Sie verstehe den Hintergedanken, erwiderte Rieder, aber die Betreuungseinrichtungen würden ja sehen, wer das Kind hinbringt.

Während wenige Tage zuvor aufgrund der Wetterlage die Aufmerksamkeitsstufe Alpha seitens des Zivilschutzes ausgerufen wurde und es zu keinen Schwierigkeiten kam, wurde für den 13. November weder eine Aufmerksamkeitsstufe ausgerufen noch ein Zivilschutzalarm ausgelöst, obwohl in weiten Teilen des Landes der starke Schneefall zu einem Verkehrskollaps auf den Straßen und der Schiene geführt hat, Bäume wegen der Schneelast umstürzten und die Stromversorgung in der östlichen Landeshälfte zusammenbrach, bemerkte Ulli Mair und fragte: Aus welchen Gründen wurde für den 13. 11. 2019 keine Aufmerksamkeitsstufe seitens des Zivilschutzes ausgerufen obwohl sich starker Schneefall und Regen abzeichneten? Auf welchen Wettervorhersagen stützen sich die Entscheidungen des Zivilschutzes? Sind (vor allem im Pustertal) Maßnahmen angedacht, um potenziell gefährliche Bäume, die bei Schneefall umstürzen könnten, in der Nähe der Bahnstrecke, der Hauptverkehrsachsen und bei Stromleitungen zu entfernen? Wenn Nein, aus welchen Gründen nicht? Die Entscheidung zur Änderung des Zivilschutzstatus folge einem festgelegten Mechanismus, antwortete Landesrat Arnold Schuler. Die Entscheidung werde in der Bewertungskonferenz von Fachleuten aufgrund der vorliegenden Daten getroffen. Die Prognosen des Landeswetterdienstes seien in den allermeisten Fällen ziemlich genau, auch zu einzelnen Gebieten, wie man bei diesem Unwetter gesehen habe. Das sei aber nicht immer möglich, dennoch müsse man sich auf diese Daten verlassen. Die Bäume neben den genannten Infrastrukturen würden insgesamt zig Hektar ausmachen, das wäre keine leichte Entscheidung.

“Normalerweise nehmen wir nicht Stellung zu Aktionen von anderen politischen Kräften, wenn sie rein auf Provokation und Entsachlichung einer Thematik ausgerichtet sind”, erklärte Brigitte Foppa. Mit dem “Zehenplakat” hätten die Kollegen von der Süd-Tiroler Freiheit aber aus Sicht der Grünen diverse Grenzen überschritten, allen voran jene des guten Geschmacks und der Pietät. Besonders angegriffen fühlten sich verständlicherweise die im Sanitätsbetrieb Arbeitenden. “Gerade aus diesem Grund wundern wir uns, dass der zuständige Landesrat Widmann nicht energisch und unmissverständlich zu dieser unsäglichen Plakataktion Stellung genommen hat”, so Foppa. Sie fragte daher die Landesregierung: Hat der zuständige Landesrat Widmann zur Plakataktion der Süd-Tiroler Freiheit Stellung genommen? Wenn nein, warum nicht? Wir bitten den Landesrat, im Plenum seine Meinung kundzutun und hoffen, dass er sich eindeutig von dieser Aktion distanziert und sich hinter jene stellt, die im Gesundheitswesen Südtirols arbeiten und sich brüskiert fühlen. Auch er finde das Plakat geschmacklos, antwortete Landesrat Thomas Widmann, das hätten er und Landeshauptmann Kompatscher auch deutlich gesagt, auch bei der Pressekonferenz nach der Regierungssitzung.

Medienberichten zufolge wurde unlängst ein Mann aus Syrien nach einem Streit in der SPRAR-Wohnung in St. Johann im Ahrntal aus dem Programm entlassen und musste das Ahrntal verlassen, erklärte Sven Knoll und fragte die Landesregierung: Was ist genau vorgefallen bzw. was war der Auslöser für den Streit? Was passiert nun mit dem besagten Syrer? Bekanntlich werden in SPRAR-Wohnungen Personen unterschiedlichster Nationalitäten zusammengelegt. Infolgedessen soll es mitunter zu körperlichen Auseinandersetzungen in den verschiedensten Unterkünften kommen. Deshalb die Frage: Nach welchen Kriterien werden die Personen in den SPRAR-Unterkünften zusammengelegt? LR Waltraud Deeg unterstrich, dass die SPRAR-Unterkünfte von Staat und Gemeinden geführt würden. Im genannten Fall gehe es um einen persönlichen Streit über die Haushaltsführung. Der Initiator der Auseinandersetzung sei identifiziert und aus dem SPRAR-Programm endgültig entfernt worden. Er habe Südtirol mit unbekanntem Ziel verlassen. Bei den SPRAR-Programmen achte man im Allgemeinen auf den Abbau von Sprachbarrieren.

Sandro Repetto nahm Bezug auf die Entscheidung der Landesregierung, das Ticket für die nicht dringende Beanspruchung der Notaufnahme auf 25 Euro zu erhöhen, und fragte, wie man zu dieser Entscheidung gekommen sei angesichts der Tatsache, dass viele nachts und an Feiertagen bei Beschwerden das Krankenhaus aufsuchten, warum man nicht für den ärztlichen Nachtdienst geworben habe und ob es für wirkliche Dringlichkeitsfälle einen Bonus gebe. Bis jetzt hätten alle 15 Euro bezahlt, antwortete Landesrat Thomas Widmann. Für den ärztlichen Nachtdienst habe man sehr wohl geworben, außerdem wurde ein Hausarztdienst bei der Notaufnahme eingerichtet. Mit diesen und vielen anderen kleinen Maßnahmen wolle man die Wartezeiten reduzieren. Es komme übrigens auch vor, dass manche die Notaufnahme aufsuchten, um zu einem Gesamtcheck zu kommen – was eindeutig kein Notfall sei. Bei insgesamt 68.000 Personen, die die Notaufnahme aufsuchten, handle es sich zu 60 Prozent um “weiße” oder “grüne” Fälle.

Bezirk: Bozen