Von: mk
Bozen – Der Landtag hat am Vormittag die Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 151/18 Raum und Landschaft bei Art. 28 wieder aufgenommen.
Art. 28 betrifft das Sondernutzungsgebiet. Riccardo Dello Sbarba forderte, die Entwicklung des Tourismus auf die Siedlungsgebiete zu beschränken. Andreas Pöder beantragte, die landwirtschaftliche Genossenschaften und die Schotterverarbeitung aus der Liste zu streichen. LR Richard Theiner betonte, dass die Erweiterungsmöglichkeit nur in strukturschwachen Gebieten vorgesehen werde, und nur dort, wo bereits Strukturen bestünden. Der Artikel wurde unverändert mit 19 Ja, drei Nein bei acht Enthaltungen genehmigt.
Art. 29 betrifft das Gebiet urbanistischer Neugestaltung. Riccardo Dello Sbarba beantragte die Streichung der Möglichkeit zum Einzelhandel in ehemaligen Produktivzonen, das sei auf Podini zugeschnitten. LR Theiner betonte, dass man damit einem Wunsch der Gemeinde und der gegebenen Entwicklung entspreche. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 17 Ja, drei Nein bei elf Enthaltungen genehmigt.
Art. 30 wurde ohne Debatte genehmigt.
Art. 31 betrifft die Gebiete für öffentliche Einrichtungen. Paul Köllensperger beantragte die Streichung der Bestimmung, die Ausnahmen zulasse. Diese seien in Einzelfällen aber notwendig, erwiderte LR Theiner. Der Artikel wurde unverändert mit 17 Ja und zwölf Enthaltungen genehmigt.
Art. 32 regelt den Einzelhandel. Walter Blaas forderte die Möglichkeit, hergestellte Produkte nicht nur verkaufen, sondern auch verabreichen zu können – das betreffe z.B. die Metzger. Er wandte sich außerdem gegen “landwirtschaftliche Supermärkte” in Gewerbegebieten und forderte die Streichung des Einzelhandels durch einzelne oder zusammengeschlossene landwirtschaftliche Unternehmen. Diese Forderung stellte auch Riccardo Dello Sbarba. Der Verkauf sollte wenigstens auf die eigenen Produkte beschränkt werden wie bei den anderen Branchen, sonst schaffe man ein Privileg. Roland Tinkhauser wies darauf hin, dass auch Möbelhäuser andere Produkte verkaufen würden, etwa Geschirr – auch diese Diskussion wäre zu führen. Die neue Möglichkeit für die Landwirtschaft wäre jedenfalls unlauterer Wettbewerb. Andreas Pöder forderte wie Blaas die Möglichkeit zur Verabreichung der Produkte und sprach sich gegen die Ausnahmeregelung für die Landwirtschaft vor. Sigmar Stocker berichtete von einem Champagnerverkauf in einer Südtiroler Kellereigenossenschaft – das sei auch nicht im Sinne der Regionalität, die der Kunde erwarte. Sven Knoll fragte nach der genaueren Bedeutung von Abs. 3, der in Gewerbegebiet den Verkauf von dort hergestellten Produkten und unmittelbarem Zubehör erlaube. “Zubehör”, sei eine schwammige Formulierung. LR Richard Theiner stellte den Änderungsantrag von LH Kompatscher vor, der den Ursprungstext des Gesetzentwurf wieder herstellen wolle: Einzelhandel mit landwirtschaftlichen Produkten in landwirtschaftlichen Genossenschaften bzw. in deren Gebäude. Die Produkte würden von der Landesregierung festgelegt. Alle hätten das Ziel, dass hier eine einschränkende Regelung geschaffen werde. Einzelne Bauern seien damit ausgeschlossen, ebenso Produkte, welche die Genossenschaften außerhalb Südtirols herstellen. Was Zubehör sei, werde in der Handelsordnung definiert, auch hier wolle die Landesregierung möglichst einschränken. Die Verabreichung sei bereits mit anderen Bestimmungen geregelt. Der Änderungsantrag von LH Kompatscher wurde angenommen, die anderen wurden abgelehnt.
Riccardo Dello Sbarba kritisierte, dass man die Beschränkung nicht ins Gesetz schreiben, sondern der Landesregierung überlassen wolle. Das sei Absicht, meinte Walter Blaas, denn man wolle vor den Wahlen noch den Bauernstand bedienen. Das werde ein Pyrrhussieg sein. Dieser Artikel sei einer der problematischsten, erklärte Sven Knoll, denn damit werde der Verkauf in die Gewerbegebiete verlagert. Viele Verkaufsbetriebe würden dorthin ziehen, die Ortszentren würden entkernt. LH Arno Kompatscher sah es als Erfolg dieser Landesregierung, die Handelsordnung wieder in den Rahmen der Autonomie geholt zu haben. Damit könne man Einzelhandel im Gewerbegebiet, so weit wie möglich einschränken. Der Verkauf für sperrige Güter sei bereits bisher erlaubt, auch der selbst produzierten Waren und das Zubehör, etwa Glühbirnen oder Schrauben, die zu Lampen sinnvollerweise mitverkauft werden dürften. Man könne nicht die ganze Liste ins Gesetz schreiben, aber die Landesregierung werde das sicher restriktiv regeln. Eine kleine Beteiligung an einer Firma genüge nicht, um deren Produkte dann in der Gewerbezone verkaufen zu können. Der hds, der seit Jahren Krieg gegen den Handel in den Gewerbegebieten führe, habe die nun vorgeschlagene Regelung als gute Lösung bezeichnet. Der Artikel wurde mit 19 Ja, zehn Nein bei drei Enthaltungen genehmigt.
Art. 33 betrifft das Gastgewerbe. Hierzu wurden 21 Änderungsanträge vorgelegt. Hannes Zingerle beantragte die Neuformulierung zu Versorgung von Skigebieten: Es sollte die Versorgung in Skigebieten gemeint sein, d.h. durch Betriebe, die sich in den Skigebieten befinden. Paul Köllensperger forderte die Streichung der Bestimmung, wonach die Landesregierung ohne Ausweisung touristischer Zonen die Versorgung von Skigebieten genehmigen könne. Er forderte die Streichung des bs. 3 zur Ausweisung von Tourismusentwicklungsgebieten außerhalb der Siedlungsgebiete. Riccardo Dello Sbarba sah in dem Artikel eine weitere Erweiterungsmöglichkeit für den Tourismus. Er forderte wie Köllensperger die Streichung der Möglichkeit für die Landesregierung, Versorgungsbetriebe in Skigebieten zu genehmigen. Er plädierte für die Wiedereinführung der Höchstgrenze von 229.088 Betten wie im geltenden Raumordnungsgesetz.
Die Ausweisung von Tourismusentwicklungszonen außerhalb des Siedlungsgebiets in touristisch stark entwickelten Gebieten sei zu streichen – damit könnte man sogar in Corvara eine neue Tourismuszone schaffen, sie müsse nur an bestehende Tourismusgebäude angrenzen. Brigitte Foppa kritisierte, dass man mit dem Wörtchen “nur” in Abs. 3 den Anschein einer Einschränkung schaffen wolle: Wenn man nur auf touristischen Flächen oder auch daran angrenzend bauen könne, sei die Einschränkung dahin. Roland Tinkhauser gab zu bedenken, dass auch Betriebe außerhalb des Siedlungsgebietes Erweiterungsmöglichkeiten haben müssten, sonst könnten sie nicht wettbewerbsfähig bleiben.
Myriam Atz Tammerle kritisierte wie andere die Ausnahmeregelung in Abs. 3. Man setze weiter auf Ausbau statt an die Aufwertung des Bestehenden. Man müsse auch an die Landschaft denken – wegen dieser kämen die Gäste ins Land – und sich fragen, wie viel Tourismus Südtirol noch frage. Hans Heiss sah den Tourismus kurz vor dem Heißlaufen, die Landschaft sei in vielen Gebieten schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Heiss sah auch die Gefahr, dass sich die Betriebe mit Investitionskrediten übernehmen würden.
Andreas Pöder hielt die Erweiterungsmöglichkeit in touristisch entwickelten Gebieten für problematisch, das betreffe praktisch fast ganz Südtirol. Die Stellungnahme des Beirats für Baukultur bei Einzelprojekten in Tourismusgebieten außerhalb des Siedlungsgebiets sei überflüssig – man sollte zuerst überlegen, ob man ein solches Gebiet überhaupt ausweisen soll.
LR Richard Theiner nahm Zingerles Änderungsvorschlag (Versorgung “in” Skigebieten) an. Mit den in der Debatte geäußerten Bedenken zum Tourismuswachstum habe man sich intensiv auseinandergesetzt. Er betonte, dass es noch nie eine so einschränkende Regelung zum Gastgewerbe gegeben habe. Man betreibe mit Abs. 3 kein Versteckspiel: In touristisch entwickelten Gebieten könnten keine neuen Standorte aufgemacht werden, Punkt. Auch er finde gewisse Hotelbauten, die in letzter Zeit entstanden seien, bedenklich – daher die Einschränkung.
LH Arno Kompatscher wollte beide Aspekte berücksichtigt sehen: den Schutz der Landschaft, aber auch die für das Land wichtige Wertschöpfungskette des Tourismus. Heute könne ein Tourismusentwicklungsgebiet auch neben einem Hof ausgewiesen werden – und das sei in den letzten Jahren stark genutzt worden -, das werde es in Zukunft nicht mehr gehen. Familiengeführte Tourismusbetriebe sollten hingegen die Entwicklungsmöglichkeit behalten. Vor allem in den abwanderungsgefährdeten Gemeinden müsse man um jeden Arbeitsplatz froh sein, dort sollten auch neue Hotels zulässig sein, aber mit Gutachten zu Landschaft und Baukultur. Die Umwandlung von Betrieben außerhalb des Siedlungsgebiets werde eingeschränkt. Man wolle nicht die Ansiedlung großer Konzerne von außen, sondern die Erhaltung der Familienbetriebe.
Der Antrag von Zingerle wurde zurückgezogen, da er von Amts wegen in den Text übernommen wird. Angenommen wurden die Änderungsanträge von Theiner und Kompatscher, die anderen wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 19 Ja, vier Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.