Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurde heute die Artikeldebatte zur Raumordnungsreform durchgeführt.
Art. 34 betrifft die Erweiterung der gastgewerblichen Betriebe.
Riccardo Dello Sbarba forderte, dass für die Kriterien neben dem Rat der Gemeinden auch der zuständige Gesetzgebungsausschuss angehört wird, dass die Möglichkeit zur Abweichung von den urbanistischen Planungsinstrumenten gestrichen wird. Die Planungsinstrumente müssten immer und für alle gelten, Erweiterungen sollten nur innerhalb des Siedlungsgebiets möglich sein. LH Arno Kompatscher legte einen Änderungsantrag vor, wonach die Abtrennung von Liegenschaften oder deren Teilen ohne Änderung der Zweckbestimmung und nur nach Bedingungen möglich ist, die von der Landesregierung festgelegt werden. Die qualitative und die quantitative Erweiterung seien immer in Abweichung der Planungsinstrumente erfolgt, hier werde gar nichts geändert. Die Abtrennung gebe es ebenfalls heute schon. Es gehe z.B. um ein paar Meter Grund für den Zufahrtsweg des Nachbarn oder um eine Übertragung an eine Leasingfirma zwecks Finanzierung, wodurch sich der Zweck des Gebäudes nicht ändere. Die Landesregierung müsse dabei aber die Kontrollmöglichkeit haben.
Der Antrag Kompatschers wurde angenommen, die anderen wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 3 Nein und 10 Enthaltungen genehmigt.
Art. 35 betrifft die Sicherung der gastgewerblichen Tätigkeit.
Josef Noggler schlug die Änderung des Titels vor: “Umwandlung in Wohnvolumen innerhalb des Siedlungsgebiets”. Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung der Ausnahme für nicht umwandelbare Baumasse – die solle abgebrochen werden. LH Arno Kompatscher übernahm einen von Noggler zurückgezogenen Änderungsantrag zur Umwandlung von touristischer Baumasse, der vom Plenum angenommen wurde. Ebenso angenommen wurde ein Antrag Kompatschers zur Umwandlung von Kleinbetrieben mit höchstens 25 Betten in Wohnungen oder Ferienwohnungen. Der Antrag Dello Sbarbas wurde abgelehnt.
Riccardo Dello Sbarba stellte fest, dass der Artikel nun die Umwandlungen jeder Art von Kubatur erlaube. Der Antrag Kompatschers führe zu einem Tourismusmodell von geringerer Qualität.
Sven Knoll befürchtete, dass durch den Abriss nicht umgewandelter Kubatur auch wertvolle Substanz verloren gehen könnte. So sei etwa aus diesem Grund ein 700 Jahre alter Stadel abgerissen worden. Er plädierte dafür, eine Kann-Bestimmung daraus zu machen.
Der neue Titel ändere nichts an der gesetzlichen Lage, erklärte LH Arno Kompatscher, die Bestimmung werde nur klarer. Auch heute gebe es Kriterien für die Ausnahmen. Anders werde es außerhalb des Siedlungsgebiets, wo nur mehr Betriebe bis zu 25 Betten umgewandelt werden könnten. Die Abbruchspflicht betreffe nur Erweiterungsbauten, keine historischen Gebäude.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 4 Nein und 10 Enthaltungen genehmigt.
Art. 36 betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit.
Dazu wurden 49 Änderungsanträge vorgelegt. Josef Noggler beantragte, dass eine neue Hofstelle nur in jener Gemeinde errichtet werden kann, in denen der Bauer die Mehrheit seiner Nutzflächen hat. Riccardo Dello Sbarba – der kritisierte, dass Nogglers Ersetzungsantrag seinen Antrag zu einem gänzlich anderen Thema ersetze – forderte, dass innerhalb des Siedlungsgebiets neue Wirtschaftsgebäude mit der Gemeindeplanung kompatibel sein müssen. Ihre Größe müsse im Verhältnis zur Hofgröße (einschließlich langfristiger Pachtgründe) sein. Die Möglichkeit zur Erweiterung um 130 Quadratmetern, falls kein Nebenerwerb möglich sei, sollte gestrichen oder wenigstens eingeschränkt werden. Die zu errichtende Baumasse sollte auf 1.250 statt 1.500 Kubikmeter beschränkt sein. Dello Sbarba orderte außerdem die Streichung einer Reihe von Ausnahmebestimmungen, die im Gesetz übrigens die Regel seien. Die Aussiedlung der Hofstelle sei auf das Gemeindegebiet zu beschränken, wobei der Flächenverbrauch nicht zunehmen dürfe. In der Kommission, die über die Aussiedlung entscheide, sollten zwei Vertreter der Umweltabteilung sitzen. Die Aussiedlung habe innerhalb einer festgelegten Frist zu erfolgen, sonst werde eine Spekulationsermächtigung draus. Die Durchführungsverordnungen zu diesem Artikel sollten vorab dem zuständigen Gesetzgebungsausschuss vorgelegt werden. Den Genossenschaften soll in Sondernutzungsgebieten der Einzelhandel, nicht aber die Nebentätigkeiten erlaubt werden. Josef Noggler forderte bei der Haltung von Nutztieren die Einhaltung auch der Gewässerschutzbestimmungen. Zu Ersetzung seines Antrages wollte er Dello Sbarba trösten: Es sei für eine gute Sache. Er verteidigte die Festlegung des Bauvolumens, das sei eine Erweiterung von 50 Kubikmetern. Paul Köllensperger freute sich, dass man Tierhaltung auf Nutztiere beschränken wolle, denn sonst würden Goldfische reichen, um wie ein Bauer bauen zu können; aber die Definition sei immer noch zu weitmaschig. Für Urlaub auf dem Bauernhof sollten höchstens 250 Kubikmeter errichtet werden können, Saisonarbeiter sollten an der Hofstelle untergebracht werden, Gärtnereien bräuchten keine Dienstwohnungen.
LR Richard Theiner unterstrich, dass heute maximal 1.400 Kubikmeter errichtet werden dürfen. Man schlage nun 1.500 Kubikmeter vor, wobei aber alles untrennbar mit dem geschlossenen Hof verbunden bleiben müsse. Die Übereinstimmung mit den Planungsinstrumenten der Gemeinde müsse immer gegeben sein. Man habe eine Mindestpachtdauer von 5 Jahren vorgesehen, da man heute längere Verträge nur mehr schwer bekomme. Die Nebentätigkeit auf dem geschlossenen Hof bleibe gleich geregelt wie bisher. Die Dienstwohnungen der Gärtnereien seien gleich geregelt wie jene der Handwerker. Dem Antrag Köllenspergers zur Unterbringung der Saisonarbeiter an der Hofstelle stimmte er zu.
Die Gemeindekommission bewerte, ob die Größe der Hofstelle dem Hof entspreche, erklärte LR Arnold Schuler zum entsprechenden Antrag von Dello Sbarba. Die 1.500 Kubikmeter seien die Höchstgrenze für alle Betriebe, auch für die Kleineren, die mehr auf Zuerwerb angewiesen seien. In Zusammenhang mit den Aussiedlungen habe es in den letzten Jahren kaum Probleme gegeben, daher könne man die Regelung beibehalten. Der Nebenerwerb sei für unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft lebensnotwendig, daher wolle man die Schwelle der Definition landwirtschaftlicher Tätigkeit niedrig halten. Schuler äußerte sich schließlich positiv zu Köllenspergers Vorschlag zur Unterbringung der Erntehelfer.
Angenommen wurden Anträge Nogglers zum Gewässerschutz, zur Errichtung der Hofstelle in der Gemeinde mit der Hauptnutzfläche, ein Antrag Theiners zur Umnutzung des Erdgeschosses am Ursprungsstandort und ein Antrag Köllenspergers zur Unterbringung der Erntehelfer an der Hofstelle. Die anderen Anträge wurden abgelehnt.
Sven Knoll fragte bezüglich der Neuerrichtung der Hofstelle, wie das für jene Höfe geregelt sei, die einen Teil ihrer Nutzfläche außerhalb des Landes hätten.
Abgesehen vom “Stadelartikel” ändere dieser Artikel nichts an der bestehenden Rechtslage, urteilte Riccardo Dello Sbarba. Bodenverbrauch und Zersiedelung würden nicht wesentlich eingeschränkt. Man müsse nur schauen, wie viel an landwirtschaftlichem Grün bereits verbaut sei, alles Klimahäuser natürlich, um den Kubaturbonus zu ergattern. Dieses Gesetz enthalte enorm viele Konzessionen an Bauern und Gastwirte. Dello Sbarba bat schließlich um Erläuterungen zu Theiners Antrag zu den Erdgeschossen.
Entgegen vielen Interpretationen und Medienmeinungen enthalte dieses Gesetz viele Einschränkungen für die Landwirtschaft, erklärte Maria Hochgruber Kuenzer. Für die Erdgeschosse gelte nicht nur die Konventionierung, sondern auch der Raumordnungsvertrag, also noch einmal ein Übereinkommen mit einer Gegenseite. Die 1.500 Kubikmeter könnten nicht mehr abgetrennt werden, ein wesentlicher Beitrag gegen die Zersiedelung. Mit dem 5-jährigen Pachtvertrag sei man der Zeit nachgekommen, längerfristige Verträge wären den Bauern natürlich lieber. Dass die Bauern die Gewinner dieses Gesetzes seien, sei ein Märchen.
Die Änderungsanträge hätten den “ländlichen Traum” etwas eingeschränkt, meinte Andreas Pöder. Kritisch sah er unter anderem die Dienstwohnungen für die Gärtnereien und die Bestimmung zu den Sondernutzungsgebieten. Insgesamt tue man dem Interesse des Landes nichts Gutes.
Zur Errichtung von Hofstellen erklärte Josef Noggler, dass es kaum Höfe mit Grund auf Schweizer Seite gebe, wohl aber solche mit Grund in Österreich. In diesem Fall würden die Gründe nicht zum geschlossenen Hof zählen.
LR Richard Theiner erläuterte die Bestimmung zu den Erdgeschossen der aufgelassenen Hofstellen. Es gehe um Wohn- oder Mischzonen, wo die Vermietung schwierig sei. Daher werde hier ein Raumordnungsvertrag ermöglicht. Theiner zeigte sich überzeugt, dass dieses Gesetz die Zersiedelung und die Verbauung des landwirtschaftlichen Grüns wesentlich eindämmen werde.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 8 Nein und 7 Enthaltungen genehmigt.
Landtag -Debatte zu Freizeitwohnungen und Mindestgrößen
Art. 37 betrifft die Verwendung der Baumasse zur Wohnnutzung.
Andreas Pöder forderte, den Anteil der Wohnungen für Ansässige von 60 auf 75 Prozent zu erhöhen. Der Anteil der Freizeitwohnsitze soll weiter reduziert werden. 50 Prozent der Baumasse seien für Wohnungen mit Preisbindung zu reservieren. Tamara Oberhofer wollte die Mindestgröße dieser Wohnungen von 65 auf 85 bzw. 75 Quadratmeter erhöhen, sonst würden sie für eine Familie zu klein. Zusätzliche Wohnbaumasse sollte vorwiegend Ansässigen vorbehalten werden. Thomas Widmann forderte, dass die Hälfte der Wohnbaumasse für Ansässige mindestens 70 qm groß sein muss. Damit beziehe er sich auf das künftige Wohnbaugesetz, also auf Zukunftsmusik, kritisierte Walter Blaas. LR Richard Theiner legte eine Präzisierung zu dieser Bestimmung vor, laut der die Hälfte dieser Baumasse für Wohnungen mit Nettofläche von mindestens 65 qm verwendet werden muss. Er legte auch eine neue Fassung von Abs. 2 vor, mit dem ein Maximalanteil von 10 Prozent für Zweitwohnungen vorgesehen wird. Der Teufel liege im Detail, meinte Riccardo Dello Sbarba dazu; er hege den Verdacht, dass hier Fremdenzimmer und Urlaub am Bauernhof nicht gezählt würden. Die festgelegte Mindestgröße der Wohnungen für Ansässige habe das Ziel, Miniwohnungen zu Spekulationszwecken zu vermeiden. Der Ursprungstext spreche von der Hälfte der Wohnungen, der Änderungsantrag von Widmann von der Hälfte der Baumasse, was insgesamt wiederum mehr Miniwohnungen ermögliche. Sven Knoll fand 65 qm sehr gering und unterstützte die Erhöhung. Man sollte zwischen Zweitwohnungen und Freizeitwohnungen unterscheiden, erstere seien oft aus beruflichen Gründen nötig, letztere seien das Problem. Die Ferienwohnungen müssten bei der Berechnung mitgezählt werden, sonst werde die Bestimmung wie in Nordtirol leicht unterlaufen. Das würde gegen EU-Recht verstoßen, wandte LR Theiner ein.
Die Sitzung wird morgen wieder aufgenommen.