Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von Grünen, Freiheitlichen und Süd-Tiroler Freiheit zu den Themen Referendum und Integration behandelt.
Beschlussantrag Nr. 694/16: Information zum Verfassungsreferendum (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba, Heiss, Leitner, Köllensperger und Pöder am 24.10.2016): Der Landtag möge den Landtagspräsidenten beauftragen, 1. die „Commissione di Vigilanza“ der RAI im Sinne des Rechtes der deutsch- und ladinischsprachigen Bürgerinnen und Bürger auf Information, aufzufordern, mittels einer Ad-Hoc Bestimmung dieses Informationsrecht anlässlich des Referendums vom 4. 12. 2016 durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Südtirol zu gewährleisten. 2. den Landesbeirat für Kommunikationswesen damit zu betrauen, mittels eines Rundschreibens die lokalen Hörfunk- und Fernsehsender darüber zu informieren, dass auch anlässlich des Referendums vom 4.12.2016 die Möglichkeit besteht, sowohl unentgeltliche als auch bezahlte Belangsendungen und redaktionelle umfassende und vollständige Informationen ins Programm aufzunehmen, mit dem Hinweis, dass die unentgeltlichen Sendungen öffentlich finanziert werden und hierfür nach dem Mailänder Abkommen das Land der Ansprechpartner ist. Die Landesregierung sei damit zu beauftragen, 3. die Verfügungen über die Spesenvergütung zu Gunsten der lokalen Fernseh- und Hörfunksendungen erlassen, in Anlehnung an die Maßnahmen der zuständigen Ministerien.
“Zurzeit stellt in Südtirol keine öffentliche Institution die reformierte Verfassung in deutscher Sprache bereit”, erklärte Brigitte Foppa (Grüne), “die Information ist für die Bürgerinnen und Bürger daher sehr schwierig. Das nationale Gremium für die Kommunikationsgewährleistung (Autorità per le garanzie nelle comunicazioni) hat mit dem Beschluss Nr. 327/16/CONS bereits im Juli 2016 eine Empfehlung für die staatlichen öffentlichen und privaten Fernseh- und Radiosender erlassen, wonach eine umfassende, vollständige und objektive Informationen über das Thema „Verfassungsreform“ bereit zu stellen ist.” Es sollte dem Land ein Anliegen sein, dass auch die deutsch- und ladinischsprachigen Mitbürger umfassend über das Referendum informiert werden, fügte Foppa hinzu. Die öffentliche Hand könne am ehesten für eine ausgewogene Information sorgen.
Er habe mit dem Vorsitzenden der Rai-Aufsicht im Parlament darüber gesprochen, berichtete Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). Etwas im Sinne des Antrags werde geschehen, aber man sollte in Rom auch den nötigen Druck machen.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) sprach sich grundsätzlich für eine neutrale Information aus, aus diesem Grunde aber auch gegen bezahlte Belangsendungen.
Pius Leitner (Freiheitliche) sprach sich für den Antrag aus, es bleibe aber nicht mehr viel Zeit, ihn umzusetzen. Die wenigsten wüssten über den Inhalt des Referendums bescheid, die Information sei mangelhaft.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) wies auf das Gesetz zur “Par condicio” hin, das ein Rundschreiben der Kommunikationsbehörde vor jeder Abstimmung vorsehe. Es brauche aber eine Weisung aus Rom, dass auch Informationssendungen auf regionaler Ebene, in diesem Fall auch in den Minderheitensprachen möglich werden. Mit dem Mailänder Abkommen sei die Zuständigkeit für die Finanzierung von Rai Südtirol ans Land übergegangen, das Land müsse daher die Finanzierung auch der Belangsendungen ermöglichen.
Es sei gutes Recht der Bürgerinnen und Bürger, vor einer Abstimmung Zugang zu den Informationen zu haben, stellte LH Arno Kompatscher fest. Im Grunde sei es Aufgabe des Verantwortlichen für das Referendum, für Informationen zu sorgen, in diesem Fall des Staates. Für die Finanzierung über das Mailänder Abkommen bräuchte es einen eigenen Vertrag mit dem Finanzministerium. Kompatscher verwies auf das Landesgesetz für Rundfunkförderung, das mit beträchtlichen Mitteln ausgestattet sei, gerade weil es um den öffentlichen Auftrag der Medien gehe – dies könnte man auch im Zusammenhang mit dem Referendum sehen.
Der erste Teil des Antrags wurde einstimmig angenommen, Punkt zwei mit 15 Ja und 14 Nein, Punkt 3 mit 28 Ja und 1 Nein.
LH Arno Kompatscher erklärte anschließend, dass Punkt 2 zum Mailänder Abkommen nicht umsetzbar sei.
Beschlussantrag Nr. 173/14: Verpflichtende Elternkurse als Mittel der Integration (eingebracht von den Abg. Mair, Blaas, Leitner, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 26.6.2014): Die Landesregierung möge verpflichtet werden, 1. Die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung eines Elternkurses zu schaffen. 2. Zu prüfen, ob ein Elternkurs auch verpflichtend eingeführt werden kann. Eltern verpflichten sich damit bei Einschreibung ihrer Kinder in eine Bildungseinrichtung in Südtirol, an Elternkursen teilzunehmen. 3. In diesen Elternkursen den Spracherwerb der Eltern zu fördern. 4. Die Grundlagen der modernen westlichen Pädagogik, sowie die Rolle und Bedeutung der Elternhäuser bei der Erziehungsarbeit, zu vermitteln. 5. Kulturelle und geschichtliche Grundlagen unseres Landes, unseres Kulturkreises und die Werte und Normen unserer Gesellschaft zu vermitteln. 6. Im Besonderen Werte und Grundlagen des Christentums zu erläutern. 7. Rechtliche Angelegenheiten, die Gleichstellung der Geschlechter, das Prinzip der Religionsfreiheit und die wichtigsten Aspekte unserer europäischen Verfassungen zu erklären.
“Damit Einwandererkinder sich in unsere Gesellschaft integrieren, ist es besonders von Bedeutung, dass auch die Elternhäuser den Integrationsprozess fördern und diesem nicht im Wege stehen”, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). “Vielfach ist bei Einwanderern und ihren Elternhäusern eine offen ablehnende Haltung gegenüber unserer westlichen Lebensart bemerkbar. Eine solche Haltung verhindert jeden Integrationsprozess und fördert die Heranbildung von Parallelgesellschaften.” Mair erinnerte die Landesregierung an ihre Losung vom “Fördern und Fordern”. Man müsse auch die Voraussetzungen schaffen, damit Frauen aus anderen Kulturkreisen die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Vielfach wüssten sie auch nicht über die Regeln und Dienste unserer Gesellschaft bescheid.
Der Antrag sei als Vorschlag zu sehen, wie man Integration noch besser entwickeln könne, meinte Dieter Steger (SVP). Elternkurse könnten sinnvoll sein, die Verpflichtung dazu müsse erst noch geprüft werden. Er könne den Punkten 2 und 3 zustimmen, die anderen sollten auf einer anderen Ebene geklärt werden.
Gegen ein Angebot an Kursen sei nichts zu sagen, meinte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). An einigen Schulen würden sie bereits angeboten. Eine Besuchspflicht werde aber nicht möglich sein, es wäre auch unsinnig, die Kinder wegen Absenz der Eltern aus der Schule auszuschließen. Der Staat habe eine ähnliche Initiative gestartet, die aber aus Geldknappheit versandet sei. Schwierigkeiten habe er eher mit der Forderung, Werte und Glauben zu vermitteln, und was eine “moderne westliche Pädagogik” sei, sei nicht definierbar.
Toleranz müsse nicht gelehrt, sondern vorgelebt werden, meinte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). Davon abgesehen könne er den Antrag unterstützen. Er erinnerte an seinen Antrag die Supplenten für Integrationsaufgaben einzusetzen.
Integration sei eine Bringschuld, stellte Pius Leitner (F) fest. In anderen Ländern sei es sehr wohl möglich, die Verpflichtung zur Integration mit Sozialleistungen zu verknüpfen. Die Einwanderer schätzten klare Regeln, nicht aber unsere Laxheit. Toleranz dürfe keine Einbahnstraße sein, wer andere aufnehme habe Anrecht auf Einhaltung seiner Spielregeln.
Die Schulen hätten derzeit Schwierigkeiten, den Kontakt zu den Eltern herzustellen, berichtete LR Philipp Achammer, auch die Direktoren seien dafür, von den Eltern etwas zu verlangen, Mediatoren forderten mehr Klarheit. Dies bestätige die Losung vom Fordern und Fördern. Das Land habe keine Zuständigkeit für ein Integrationsabkommen, aber man habe zum Thema zwei Rechtsgutachten zur Frage eingeholt, ob man auch Gegenleistungen verlangen könne wie etwa in Österreich. Die Gutachten besagten, dass man die Leistungen nur an Zusatzleistungen des Landes knüpfen könne, nicht an Grundleistungen. Man werde prüfen, ob das Familiengeld unter diese Zusatzleistungen falle. Er könne Punkt 2 und 3 zustimmen, wobei er die Kurse nicht auf Eltern einschränken würde. Bei den Inhalten dieser Kurse müsse man ebenfalls noch rechtliche Klärung abwarten.
Ulli Mair bedankte sich für die Zustimmung zu einzelnen Punkten, bestand aber auf die Abstimmung aller. Politik müsse eben auch inhaltliche Vorgaben machen, hinweisen auf westliche Werte und auch Erziehungsformen.
Der erste Teil des Antrags wurde zurückgezogen, der zweite wurde mit 26 Ja und drei Nein angenommen, der dritte Teil mit 28 Ja und einem Nein, die anderen wurden abgelehnt (der 7. Teil mit 14:14).
Beschlussantrag Nr. 678/16: Das Verhältnis der Sprachgruppen darf sich nicht zu Ungunsten der Südtiroler verändern (eingebracht von den Abg. Knoll, Atz-Tammerle und Zimmerhofer am 16.9.2016): Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt, Maßnahmen zu ergreifen, auf gesamtstaatlicher Ebene, damit in Südtirol gleiche Voraussetzungen für die Integration von Ausländern in die deutsche und ladinische Sprachgruppe geschaffen werden. (Mit Änderungsantrag geänderte Fassung)
Es sollte das Erlernen sowohl der italienischen wie auch der deutschen Sprache Pflicht sein, erklärte Sven Knoll (STF).
Der Antrag lese sich wie ein Appell, mehr Ausländer nach Südtirol zu schicken, kritisierte Alessandro Urzì (AAnc). Wenn schon, sollte man auch hier den Proporz beachten. Er kündigte seine Gegenstimme an.
Bei den staatlichen Integrationsabkommen seien die deutsche und ladinische Sprache nicht gleichgestellt, bestätigte LR Philipp Achammer. Dieses Thema werde man in Rom weiter verfolgen.
Es wäre ein Fehler, die Integration dem Zufall zu überlassen oder nur der italienischen Schule aufzubürden, erklärte Sven Knoll in seiner Replik.
Der beschließende Teil des Antrags wurde mit 22 Ja, drei Nein und drei Enthaltungen angenommen.