Von: mk
Bozen – Am heutigen Freitagvormittag ist im Südtiroler Landtag die Behandlung des Sammelgesetzes fortgesetzt worden. Dabei kam es unter anderem zu einer regen Debatte über Hausschlachtungen.
Mit einem Änderungsantrag schlug Franz Ploner (Team K) vor, dass landwirtschaftliche Betriebe jährlich für den Eigenkonsum eine Zahl an Tieren schlachten, die maximal 1,2 Großvieheinheiten entspricht – mit Genehmigung des zuständigen Amtstierarztes könnte diese Zahl auf maximal 1,6 Großvieheinheiten erhöht werden. Der Abgeordnete verwies zur Begründung u.a. auf den Schwarzmarkt, der mit mehr Schlachtungen steigen könne. In Schlachthöfen dürfe nach wie vor mehr geschlachtet werden.
Ein Änderungsantrag von Madeleine Rohrer (Grüne) sah vor, dass die Schlachtungen für den Eigenbedarf maximal einer Großvieheinheit entsprechen dürfe bzw. mit Genehmigung des Amtstierarztes auf 1,2 GVE erhöht werden – also die bisherige Regelung beizubehalten. Die Abgeordnete erinnerte in der Vorstellung des Änderungsantrags an die Diskussionen um die Bestimmungen zur Schlachtung für den Eigenbedarf.
Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) sagte u.a., in den Artikeln spreche man von Eigenkonsum – der Kollege, der den Bauernbund vertrete, habe im GGA gesagt: “Helfen wir den Bauern das Fleisch zu verkaufen.” Doch Eigenkonsum bedeute, dass man das Fleisch selbst verzehre. Gebe es diesbezügliche Kontrollen? Er hoffe, dass einer der beiden Änderungsanträge angenommen werde.
Andreas Colli (JWA Wirth Anderlan) erkundigte sich u.a., wer der Einbringer eines Änderungsantrages bereits einmal in einem Schlachthof gewesen sei, und erinnerte an den Stress, dem die Tiere durch den Transport und das Warten auf das Töten ausgesetzt seien. Wenn man von Tierschutz spreche, dann sei die Hausschlachtung das tierwohlgerechteste Mittel. Die Änderungsanträge mögen gut gemeint sein, aber für das Tierwohl nicht geeignet. Man setze sich für eine Erhöhung der Anzahl der Hausschlachtungen ein.
Arnold Schuler (SVP) erinnerte u.a. daran, dass er sich intensiv für eine gemeinsame Lösung eingesetzt habe, und verwies auf eine Arbeitsgruppe, in der auch der Bauernbund vertreten ist, die mit der im Landtag vorgeschlagenen Lösung einverstanden sei.
Waltraud Deeg (SVP) unterstrich u.a., weder einzelne Gesetzgebungsausschüsse noch der Landtag stünden in Geiselhaft des Bauernbundes – so wie manche ihrer Vorredner gemeint hatten. Man sage auch nicht, wie viele Hektoliter eine Kellerei abfüllen dürfe, man sollte in diesem Sinne für Gerechtigkeit sorgen. Sie habe bereits angekündigt, dass sie einen Beschlussantrag zum Thema Tiertransporte einbringen wolle. Sie hoffe, dass man eine ehrliche Lösung finde.
Franz Locher (SVP) stellte u.a. klar, der Bauer könnte seinen gesamten Stall schlachten – aber nicht am Hof, sondern im Schlachthof. Der Verkauf sei bei der jetzt thematisierten Regelung nicht im Vordergrund. Für Unmut sorge, dass man mit einem Kalb ab dem Alter von 8 Monaten eine Großvieheinheit habe. Die Tiere hätten beim Transport Stress, Schweine etwa reagierten sehr schnell auf Veränderungen. Deshalb sei die Schlachtung am Hof mit einer Betäubung vor Ort eine gute Lösung, wenn dies für die Bauern auch einen großen Aufwand darstelle.
Während andere Berufssparten zu Tode reguliert würden, suche man auf der anderen Seite Schlupflöcher, so Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit) u.a. Damit sende die Politik falsche Signale. Es gebe immer mehr Tierkrankheiten, weshalb mehr Kontrollen notwendig seien. Die Aufstockung auf 2 GVE würde nur von wenigen unterstützt. Es gebe in Südtirol nicht nur Tourismus und Landwirtschaft, für die sich der Landtag stark machen müsse – sondern viele andere Sparten und Berufsgruppen, etwa die Metzger. Man unterstütze den Änderungsantrag des Abgeordneten Ploner. Um die Bauern zu unterstützen, müsse man nicht die Hausschlachtung fördern, sondern es gebe andere Bereiche, etwa die Förderung der Regionalität, Wölfe, die Einschränkung der Bürokratie usw.
Franz Ploner (Team K) verwies – auf die Aussagen des Abg. Colli bezogen – u.a. darauf, dass er aus einer Familie von Bauern und Metzgern gehöre. Er erinnere sich gut daran, wie tiergerecht sein Vater bei Schlachtungen vorgegangen sei. Der durchschnittliche Fleischkonsum laut Astat sei etwa 55 Kilogramm pro Person – für eine vierköpfige Familie also ca. 200 Kilogramm. Eine Großvieheinheit wiege in etwa 800 bis 1.000 Kilogramm, das könne eine Familie gar nicht aufessen. Man mache den Metzgern Unterstellungen, die in die Schlachthöfe gingen, um die Tiere korrekt zu schlachten.
Josef Noggler (SVP) sagte u.a. bezogen auf die Aussagen des Abg. Ploner, dass man den Bauern nun auch noch sage, wie viel sie essen dürften. Er gebe Kollegen Colli recht, die wenigsten von “euch” würden die Situation in den Schlachthöfen kennen. Landtagspräsident Arnold Schuler habe gesagt, dass es in seiner Zeit als Landesrat eine Arbeitsgruppe gegeben habe, aber zu dieser seien die Bauernvertreter nicht eingeladen worden. Es habe keinen Grund zur Verminderung der Hausschlachtungen von den ehemaligen zwei Großvieheinheiten auf eine gegeben – deshalb sei der Vorschlag, dass man wieder dahin gehe, wo es war, weil die Kapazitäten in den Schlachthöfen nicht gegeben seien.
Man könne feststellen, so Madeleine Rohrer (Grüne) u.a., dass sich die Volkspartei nicht einig sei, einig sei man sich wohl darin, dass es gelte, die Schlachthöfe aufzuwerten, die lokalen Schlachthöfe zu stärken. Wenn mehr für zu Hause geschlachtet werde, dann werde umso weniger in den gemeindeeigenen Schlachthöfen geschlachtet. 2023 habe es keine einzige Anfrage beim tierärztlichen Dienst für eine Fleischbeschau bei Hausschlachtungen gegeben, und es habe in den Schlachthöfen keine Verwechslungen gegeben – das habe der zuständige Landesrat auf eine Anfrage der Grünen geantwortet.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) sagte u.a., es störe ihn, wenn in Argumentationen die Außenwirkung bewusst getäuscht werden. Im Gesetzgebungsausschuss habe es geheißen, die Anzahl der Hausschlachtungen müsse erhöht werden, weil die bäuerliche Familie sich selbst versorgen können müsse und wegen der Verwechslungen in den Schlachthöfen. Heute in der Aula komme ein drittes Argument dazu: der Stress. Die Erhöhung werde von einer sehr kleinen Gruppe gefördert. Die bäuerlichen Familien seien nicht gewachsen und die Möglichkeiten der Verwechslung seien überschaubar. Bezüglich Stresses für die Tiere wolle er daran erinnern, dass die Abg. Deeg gegen den Vorschlag der “mobilen Schlachtboxen” gestimmt habe.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstrich u.a., dass man von Eigenbedarf und Hausschlachtungen rede – und kritisierte einige der Redebeiträge. Im gesamten Thema Fleisch, Tierhaltung und Tiertransporte habe das heutige Thema “Hausschlachtung für den Eigenbedarf” eine winzige Bedeutung. In Südtirol lebten beispielsweise nicht einmal 10.000 Schweine, 2019 seien davon gut 6.000 Schweine geschlachtet worden. Dagegen seien ca. 723.000 Schweine importiert worden. Mit der Hausschlachtung werde man einen Wirtschaftszweig bedienen, nicht die Hotellerie. Man sollte eine ehrliche Diskussion darüber führen, was man mit Hausschlachtung machen könne und was nicht. Es gehe vielmehr um die Aufrechterhaltung einer alten Tradition. Ursprünglich habe sie auch gedacht, es sei am besten, wenn das Tier in seiner eigenen Umgebung sterbe, aber dann habe sie sich kundig gemacht und von den verschiedenen Problematiken erfahren.
Arnold Schuler (SVP) präzisierte u.a. auf die Aussagen des Abg. Noggler bezogen, es habe in seinem Büro eine Aussprache zu einem Entwurf gegeben, bei dieser Aussprache seien u.a. Bauernbund-Direktor Rinner und der heutige Obmann Gasser anwesend gewesen.
Franz Locher (SVP) bemerkte u.a., dass die von der Abg. Foppa genannten Zahlen interessant seien. Der Abg. Ploner habe ihm etwas unterstellt, an dass er sich nicht erinnere. Die Metzer im Land machten eine sehr gute Arbeit, aber über die spreche man heute nicht – es gehe nur darum, die Anzahl der GVE, die zu Hause geschlachtet werden könnten, wieder erhöht würden. Nicht jeder müsse 2 GVE schlachten, aber die Möglichkeit solle es geben. Die “mobilen Schlachthöfe” seien nach heutigem Stand der Dinge nicht machbar.
Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) vertrat die Ansicht, dass der Bauernbund seine Arbeit gut mache. Es sei aber unbestreitbar, dass es eine Ungleichbehandlung zugunsten der Bauern und zu Ungunsten der Schlachthöfe gebe. Man müsse die Gesamtlage betrachten: Es sei vom Eigenverbrauch die Rede, doch dieser sei wohl das letzte der Probleme, wenn er die Wortmeldungen höre. Es gelte, klare Bestimmungen zu machen – doch es scheine ihm, die Bestimmung sei scheinheilig.
Andreas Colli (JWA Wirth Anderlan) nahm u.a. Bezug auf einige Aussagen in der Diskussion. Wenn er gesagt habe, schaut euch mal die Schlachthöfe an, dann habe er wohl zu wenig präzisiert: Er habe an die Boxen gedacht, in denen die Kälber vor der Schlachtung stehen. Der Stress für die Tiere dort sei enorm – und diese Angst esse man dann mit. Wenn man den Bauern die Hausschlachtungen nicht erlaube, würden sie sich selbst helfen, so wie beim Wolf.
Waltraud Deeg (SVP) unterstrich u.a., man sei für Tierschutz und Regionalität und eine ehrliche Debatte diesbezüglich. Sie wolle selbst entscheiden, worüber sie spreche, und wenn man als Abgeordnete gut arbeiten wolle, müsse man ehrlich debattieren.
In der Replik der Landesregierung sagte LR Marco Galateo u.a., die Wichtigkeit des Tierwohls. Das Tier müsse zum Schlachthof gebracht werden, wenn man keinen mobilen Schlachthof zur Verfügung habe. Es gehe auch um die Lebensmittelsicherheit: Ein Tier, das in einem Schlachthof geschlachtet werde, werde vom Tierarzt kontrolliert – bei einer Hausschlachtung nicht. Er verstehe aber, dass es mit der Hausschlachtung eine Tradition gebe, die es zu wahren gelte – die Landwirte machten das für den Eigenbedarf. Der GGA habe die Aufstockung auf zwei GVE gesprochen, mit den Änderungsanträgen wolle man dies nun wieder reduzieren.
LR Luis Walcher ging auf einige der Fragen bzw. Wortmeldungen ein und sagte u.a., man rede hier seit einer Stunde von ein paar Hundert Fällen in Südtirol – er hoffe, dass man in Südtirol größere Probleme habe. Er wisse, dass in den Schlachthöfen ein enormer Personalmangel herrsche. Es sei vor 35 Jahren angedacht gewesen, dass im maroden Schlachthof Bozen zentral Schlachtungen durchgeführt werden – heute könne nur ein kleiner Teil des Schlachthofes genutzt werden, dieser befinde sich zudem in einem bewohnten Gebiet. Er hoffe, dass man die Geldmittel finden werde, den Schlachthof kleiner und moderner zu errichten. Er hoffe, dass man imstande sein werde, das periphere Netz der Schlachthöfe in den kommenden Jahren zu halten. Die Hof- und Hausschlachtungen der Bauern würden aufgrund der Aufstockung auf 2 GVE wohl nicht zunehmen. Dass Tiere im Schlachthof gestresst seien, könne er bestätigen. Er hoffe, dass man bei den Hausschlachtungen weiterhin auf die Tradition bauen könne.
Sowohl der Änderungsantrag Ploner (mit 13 Ja, 18 Nein und einer Enthaltung) als auch jener Rohrer (mit acht Ja, 19 Nein und vier Enthaltungen) wurden abgelehnt.