Von: mk
Bozen/Trient – Der Reginalrat hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 59, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Fugatti, Bezzi und Cia, befasst, mit dem die Regionalregierung verpflichtet werden soll, den Regionen Venetien und Lombardei Unterstützung für ihre Autonomiereferenden zu bekunden, da mehr Selbstverwaltung dieser Regionen auch der Autonomie unserer Region zugut kommen wird.
Erstunterzeichner Maurizio Fugatti (FI-Lega Nord) wies darauf hin, dass Art. 116 der Verfassung eine Zuweisung weiterer regionaler Zuständigkeiten im Verhandlungswege vorsieht. Fugatti hat zum Antrag einen Änderungsantrag vorgelegt, mit dem die Regionalregierung zum Aufbau besonderer Beziehungen mit den betroffenen Regionen aufgefordert wird.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bezeichnete den Antrag in dieser Form als unannehmbar, da damit unsere Autonomie mit jener von Regionen mit Normalstatut gleichgesetzt wird. Die Südtiroler Autonomie sei ethnisch begründet und auch international verankert. Davon abgesehen würde er einen Autonomieausbau für andere Regionen unterstützen, aber nicht, dass sich Südtirol ins regionale Gefüge Italiens einordnet, wie im Antrag gefordert.
Giacomo Bezzi (FI-LN) unterstützte den Antrag. Anders als in Katalonien bleibe dieser Vorstoß im Rahmen der Verfassung. In diesem Sinne begrüße er auch die Haltung der SVP zu Katalonien.
Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) sah keinen wesentlichen Unterschied zwischen Sonderregionen. Auch in Aosta gehe es um Minderheitenschutz. Unsere Region sei für Venetien und Lombardei ein Bezugspunkt, daher seien besondere Beziehungen gerechtfertigt. Man könne auch nicht wie Knoll für die Sonderautonomie und gleichzeitig für die Sezession sein, das widerspreche sich. Die Referenden in Venetien und der Lombardei bewegten sich im Rahmen der italienischen Verfassung.
Dieter Steger (SVP) bat um Aussetzung der Abstimmung, um mit den Einbringern noch einige Stellen zu präzisieren, unterstützte das Grundanliegen. Es sei in Italien sinnvoll, wenn die Regionen, die eine gute Verwaltung gezeigt hätten, mehr Autonomie bekämen. Südtirols Autonomie habe eine Sonderstellung, aber im Sinne der Solidarität stimme man dem Vorstoß zu. Italien täte mehr Föderalismus gut.
Während einer Sitzungsunterbrechung wurde eine neue Fassung des Antrags erarbeitet. Demnach solle die Regionalregierung an den geeigneten institutionellen Stellen die Debatte über die Entwicklungsmöglichkeiten der Regionen mit Normalstatut und die Beziehung zwischen Staat und Regionen anregen, wobei auch eine systematische Umsetzung von Art. 116, Abs. 3 der Verfassung angeregt werden solle.
Bernhard Zimmerhofer (STF) verwies auf die vielen Gemeinden, die zu unseren Regionen wechseln wollten und auf den Nachbarschaftsfonds im Rahmen des Mailänder Abkommens. Diese Gelder könnten dann im Lande verbleiben, wenn Lombardei und Venetien mehr Autonomie bekämen.
Marino Simoni (PT) sprach sich grundsätzlich für mehr Autonomie auch für andere Regionen aus, aber ein Unterschied zu unserer Region bleibe. Er erinnerte auch an die Bestrebungen der Belluneser Gemeinden, die historisch zu unserer Region gehörten.
Auch Rodolfo Borga (ACT) sprach sich für den Antrag aus. Damit könne man die Beziehungen zu den Nachbarregionen verbessern, was sicher notwendig sei. Ein Vergleich mit Katalonien sei nicht angebracht, nicht alle Welt schaue jetzt auf unsere Region. Es wäre auch gefährlich, unser Recht auf Autonomie mit der guten Verwaltung zu rechtfertigen, denn diese sei nicht auf jeden Fall gegeben.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) stellte einen Trend zur Gemeinsamkeit und zur Zusammenarbeit der benachbarten europäischen Regionen fest und verwies in diesem Sinne auf EUSALP. Sie warnte aber vor einer Verwässerung unserer Autonomie, wenn man alle Autonomien in denselben Topf werfe. Gleichwohl sollte man auch anderen Regionen mehr Autonomie und damit die Chance auf eine bessere Verwaltung einräumen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) gab zu bedenken, dass Venetien und Lombardei das Verfahren für mehr Autonomie noch nicht eingeleitet hätten – das sei erst Gegenstand des Referendums. Unsere Autonomie sei ein Sonderfall unter den Sonderregionen, ausdrücklich als Ausnahme geschaffen. Wenn alle Regionen so autonom wären, wenn Italien föderalistisch würde, gäbe es diesen Sonderstatus nicht mehr. Wären wir etwa bei Deutschland, müssten wir einen ganz anderen Finanzausgleich leisten als heute.
Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) pochte auf eine Unterscheidung zwischen Föderalismus und mehr Autonomie. Um letzteres gehe es nämlich bei den Referenden in Venetien und der Lombardei. Italien sei kein föderalistischer Staat, und das sei gut so, aber die Verfassung sehe die Möglichkeit vor, dass einzelne Regionen mehr Zuständigkeiten bekämen. Wenn der Antrag helfe, ein besseres Verhältnis zwischen unserer Region und den beiden Nachbarregionen herzustellen, dann sei er dafür.
Immer wieder werde unsere Autonomie als Exportmodell gelobt, bemerkte Claudio Cia (FI-LN), aber sobald andere Regionen mehr Autonomie möchten, bekämen manche bei uns Angst. Je mehr Regionen autonom würden, desto sicherer sei auch unsere Autonomie, meinte Cia.
Sven Knoll (STF) beantragte eine getrennte Abstimmung über die Prämissen des Antrags, die auch in der neuen Version die ethnisch begründete Sonderrolle unserer Autonomie verkennen würden. Die ethnische Autonomie dürfe nicht verwechselt werden mit der reinen Selbstverwaltung, es gehe hier langfristig auch um die Rechtfertigung für unsere Autonomie. Auch das Trentino habe seine Autonomie nicht, weil es eine Bergregion sei, sondern aufgrund seiner Geschichte. Auch Dieter Steger forderte eine gretrennte Abstimmung, und zwar zu einem Absatz in den Prämissen. Die Prämissen wurden mehrheitlich, der beschließende Teil einstimmig genehmigt. Die Novembersitzung war damit beendet.
Widmann: „Ein differenzierter Regionalismus ist eine Chance auch für Europa“
„Ich bin überzeugt, dass die Zukunft Europas in den Regionen liegt“, erklärt Regionalratspräsident Thomas Widmann, „die Debatte im Plenum hat eine Öffnung hin zu einem differenzierten Regionalismus gezeigt, was ich als sehr positiv werte. Europa kann wieder wachsen und sich entwickeln, wenn es bei den Regionen anfängt. Mehr Autonomie gewährleistet bessere Chancen und hilft gegen die Gefahren von Zentralismus und Nationalismus, welche den europäischen Traum zu zerstören drohen.“ Die Novembersitzung war damit beendet.