Von: luk
Trient – Im Regionalrat hat die Mehrheit für einen Antrag des PATT bezüglich der Amtskette gestimmt. Ein Antrag der Freiheitlichen zur Elternzeit wurde abgelehnt. Außerdem wurde beschlossen die erste Gesetzgebungskommission um zwei Mitglieder aufzustocken.
Vor Beginn der Arbeiten nahm Maurizio Fugatti (Lega Nord) zum Rücktritt von Pius Leitner Stellung. Das Severino-Gesetz sehe eine Suspendierung bereits nach einer Verurteilung in erster Instanz vor, dies sei nicht nachvollziehbar, und diese Bestimmung sei anderswo in Italien bereits umgangen worden. Fugatti drückte Leitner jedenfalls seine Wertschätzung für dessen Arbeit aus; von ihm habe er viel lernen können.
Präsident Widmann teilte anschließend mit, dass eine neue Zusammensetzung der 1. Gesetzgebungskommission nötig sei, um nach Austritt von Walter Kaswalder das Verhältnis zwischen Mehrheit und Opposition beizubehalten. Im Fraktionssprecherkollegium sei diesbezüglich der Vorschlag gemacht worden, die Kommission um zwei Mitglieder auf 15 zu erweitern. Widmann legte dem Plenum daher den Vorschlag vor, die Abgeordneten Pietro De Godenz (UPT) und Luca Giuliani (PATT) in die Kommission zu wählen.
Walter Blaas (Freiheitliche) sprach sich gegen die Änderung aus, Kaswalder habe immer seine Arbeit gemacht. Außerdem wirke sich die Aufstockung zuungunsten der deutschen Sprachgruppe aus.
Auch Massimo Fasanelli (ACT) sprach sich gegen die Änderung aus. Damit schaffe man einen Präzedenzfall, denn dann werde jede Stimme außerhalb der Fraktionsdisziplin zum Vorwand, die Kommission neu zu besetzen. Wie Blaas forderte auch Fasanelli eine getrennte Abstimmung.
Andreas Pöder (TA-BU) forderte eine weitere Aufstockung um einen Oppositionsvertreter, ansonsten würde die Mehrheit immer wieder die Kommission umbesetzen, wenn sie darin keine Mehrheit mehr habe. Die Trentiner Mehrheit nehme den ganzen Regionalrat für einen parteiinternen Kampf in Beschlag. Pöder sprach Kaswalder seine Solidarität aus.
Bernhard Zimmerhofer (STF) sprach Kaswalder ebenfalls seine Solidarität aus und empfahl ihm, konsequent seinen Weg zu gehen, in Richtung Tiroler Unabhängigkeit.
Hans Heiss (Grüne) bescheinigte Kaswalder eine sachlich-pragmatische Sitzungsführung. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn man ihm sein Amt nehme, nur weil er nicht mehr dem PATT angehöre. Heiss sprach sich gegen die Umbesetzung der Kommission aus.
Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) wies auf das freie Mandat hin, das Kaswalder in Anspruch genommen habe. Kaswalder gehöre nun nicht mehr dem PATT an, aber er habe nie gesagt, dass er nicht mehr der Mehrheit angehöre. Ob er zur Mehrheit zu zählen sei oder nicht, dazu gebe es keine Regel, auch dazu, ob er deswegen Präsident bleiben könne. Das freie Mandat müsse gewährleistet werden.
Rodolfo Borga (ACT) betonte, dass das Amt des Kommissionspräsidenten nicht zur Debatte stehe. Kaswalder habe nicht gesagt, ob er sich weiter zur Mehrheit zähle. Borga kündigte Stimmenthaltung an.
Walter Kaswalder (gemischte Fraktion) kündigte ebenfalls Stimmenthaltung an. Er dankte für die Solidaritätsbekundungen der Vorredner. Die Menschen entfernten sich immer mehr von der Politik, weil immer mehr alte Politik betrieben werde. Er hätte kein Problem gehabt, von der Kommission zurückzutreten, wenn man ihn gefragt hätte, aber er sei aus seiner Partei geworfen worden, ohne dass diese ihn darüber informiert hätte. Er habe immer ehrlich gearbeitet, aber seine Partei habe ihm gegenüber Menschlichkeit vermissen lassen. Unabhängig von der Frage der Zugehörigkeit werde er weiter ehrlich seine Arbeit tun. Kaswalder drückte schließlich Pius Leitner seine Solidarität aus.
Andreas Pöder kündigte seine Neinstimme an und bestätigte Kaswalders Meinung, dass es der Politik heute an Menschlichkeit fehle. Damit vermittle sie kein gutes Bild nach außen. Die Mehrheit wolle an Kaswalder demonstrieren, wer der Herr im Hause sei.
Die Aufstockung der Kommission wurde mit 31 Ja, 23 Nein und 7 Enthaltungen genehmigt, die Ernennung von De Godenz und Giuliani mit 44 Ja, elf Nein und sechs Enthaltungen.
Beschlussantrag Nr. 48, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Leitner, Mair, Blaas, Stocker S. und Oberhofer, mit dem die Regionalregierung verpflichtet werden soll, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Beiträge für die Elternzeit direkt an das Vorsorgeinstitut NISF überwiesen werden und um die Regionalregierung aufzufordern, eine Ausdehnung der Förderung für die Elternzeit bis zum 5. Lebensjahr des Kindes zu prüfen und dem Regionalrat innerhalb Oktober eine entsprechende Kostenberechnung vorzulegen, um mit dem Haushalt 2018 die Ausdehnung nach Möglichkeit bereits umzusetzen.
“Die unterschiedliche Regelung der Elternzeit im öffentlichen und im privaten Bereich hat in den vergangenen Jahren immer wieder für heftige Diskussionen gesorgt”, bemerkte Walter Blaas (Freiheitliche). Die anhaltende Ungerechtigkeit wurde zwar mehr oder weniger von allen Landtagsfraktionen bemängelt, eine konkrete Lösung im Sinne einer Gleichbehandlung ist nicht in Sicht, obwohl entsprechende Forderungen mehrmals gestellt wurden. Die Elternzeit ist zeitlich sehr begrenzt, weshalb Mütter, die ihr Kind in der ersten Lebensphase selber betreuen wollen, häufig kündigen. Dies hat natürlich konkrete negative Auswirkungen auf die Rentenbiographie und führt nicht selten zu Altersarmut. Anscheinend wissen einerseits viele der Betroffenen über die bestehende Möglichkeit der freiwilligen Renteneinzahlungen nicht Bescheid, andererseits können sich viele die entsprechenden Zahlungen an das Vorsorgeinstitut NISF nicht leisten. Die entsprechenden Beträge (bis zu 9.000 Euro im Jahr für maximal 24 bzw. 27 Monate) müssen die Versicherten vorstrecken und die Rückerstattung folgt in der Regel erst nach mehreren Monaten, was sich viele Familien wiederum nicht leisten können. Das “Forum Zukunft Kind” wartet nun mit dem Vorschlag auf, die Region könnte das Geld direkt an das Vorsorgeinstitut NISF überweisen, um die betroffenen Familien zu entlasten und die Förderung zu vereinfachen sowie unbürokratischer und schneller zu gestalten. Gleichzeitig schlägt das Forum vor, die Förderung bis zum 5. Lebensjahr des Kindes auszuweiten.”
Ass. Violetta Plotegher teilte das Grundanliegen, aber es gebe rechtliche Hindernisse, diese Forderung umzusetzen. Der derzeitige Beitrag der Region habe direkt nichts mit der Freistellung für Erziehung zu tun, es sei ein Beitrag an die Betroffenen zur freiwilligen Fortzahlung der Versicherungsbeiträge, wie sie vom INPS geregelt seien. Derzeit sei eine Direktzahlung der Region an das INPS nicht möglich. Eine Kostenberechnung, wie im Antrag gefordert, könne die Region aber durchaus vorlegen.
Dieter Steger (SVP) beantragte eine getrennte Abstimmung der einzelnen Punkte des Antrags.
Nach einer Beratung in der SVP-Fraktion erklärte Präsident Arno Kompatscher, dass die Regionalregierung schon seit längerem an der Direktzahlung arbeite. Es sei ein technisches Problem, für das das INPS bereits mehrmals eine Lösung versprochen habe, aber nun sei man auf gutem Weg. Punkt 2 des Antrags greife zu kurz. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei in den letzten Jahren Schritt für Schritt verbessert worden, man sei in Gespräch mit den Wirtschaftsvertretern, damit der Arbeitsplatz wie im öffentlichen Dienst erhalten bleiben könne. Die im Antrag geforderte Maßnahme könne auch negative Auswirkungen haben.
Der Antrag wurde mit 22 Ja und 28 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 49, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Ossanna, Lozzer und Giuliani, mit dem die Regionalregierung verpflichtet werden soll, die Bürgermeister zu sensibilisieren, auf dass sie das Medaillon mit dem Wappen der Gemeinde tragen sowie für alle Gemeinden, welche noch nicht über ein Medaillon verfügen, ein solches zu realisieren, im Besonderen für jene Gemeinden, die infolge der letzthin erfolgten Gemeindefusionierungen entstanden sind.
In unserer Region sei neben der Trikolore auch die Bürgermeisterkette vorgesehen, bemerkte Lorenzo Ossanna (PATT). In Südtirol werde regelmäßig davon Gebrauch gemacht, im Trentino eher selten. “Unser Gebiet, das seit jeher eine Brückenfunktion zwischen der mediterranen und der mitteleuropäischen Kultur einnimmt, soll auf diese Art und Weise eine Verbindung mit letztgenannter aufrechterhalten, so dass das Medaillon ein eindeutiges, unsere Besonderheit kennzeichnendes Merkmal darstellt.”
Unsere Region gehöre bereits zu Mitteleuropa, meinte Rodolfo Borga (ACT). Er bezweifle, dass man mit dem Medaillon die Autonomie unterstreichen könne. Mit den forcierten Gemeindefusionen habe man auch der Identifikation der Bürger mit ihren Gemeinden keinen Dienst erwiesen. Die Bürgermeister müssten selbst wissen, ob sie das Medaillon tragen wollten, sie bräuchten keine Bevormundung durch den Regionalrat.
Bernhard Zimmerhofer (STF) bezeichnete es als positiv, wenn man sich auch in Welschtirol an diese Möglichkeit erinnere. Daher unterstütze seine Fraktion den Antrag.
Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) bezeichnete den Antrag als Feigenblattaktion. Man wolle sich nicht einmal offen dazu bekennen, dass die Bürgermeisterkette, die an die Kette der Sommeliers erinnere, die Trikolore ersetzen solle – denn das sei der eigentliche Hintergedanke.
In Südtirol sei die Kette üblich und kein Thema mehr, erklärte Dieter Steger (SVP), und es wäre zu begrüßen, wenn da auch im Trentino der Fall wäre.
Ugo Rossi, Vizepräsident der Region, betonte, dass die Entscheidung beim Bürgermeister liegt. Das Regionalgesetz sehe diese Möglichkeit vor. Damit übernehme man etwas, was in Mitteleuropa Usus sei. Der Vergleich mit den Sommeliers sei unpassend.
Lorenzo Ossanna legte in der Zwischenzeit eine neue Formulierung des Antrags vor. Demnach sollten die Bürgermeister auf die Möglichkeiten hingewiesen werden, die das besagte Gesetz biete.
Er habe als Bürgermeister immer die Kette getragen, erklärte Walter Kaswalder (gemischte Fraktion), aber das dürfe nicht zum Zwang werden. Er werde für den Antrag stimmen.
Rodolfo Borga betonte ebenfalls, dass es keinen Zwang zur Kette gebe. Mit dieser werde unsere Tradition nicht aufgewertet. Der Antrag diene nur dem Stimmenfang, er habe keinen praktischen Wert, und die Bürgermeister müssten auf ein geltendes Gesetz nicht eigens hingewiesen werden.
Walter Blaas (F) meinte, die Bürgermeister würden die Regionalgesetze bereits kennen. Der Antrag sei an Banalität nicht zu übertreffen.
Giacomo Bezzi (FI-LN) sah die Debatte als Zeitverschwendung. Die Bürgermeister seien keine Ignoranten.
Marino Simoni (PT) sah keine Zeitverschwendung. Es könne sinnvoll sein, die Bürgermeister an die Bestimmung zu erinnern.
Sven Knoll (STF) meinte, die Absicht des Antrags sei eine Sensibilisierung der Bürgermeister, die Kette zu verwenden, gegebenenfalls auch anstelle der Trikolore. Die Amtskette habe es übrigens bereits vor der Trikolore gegeben. Es gehe um Traditionspflege, nicht um eine politische Frage. Dies sollte man aber deutlich sagen.
Massimo Fasanelli (ACT) und Alessandro Urzì fragten, an wen der Antrag gerichtet sei, das sei nicht deutlich.
In den Prämissen werde das klar gesagt, antwortete Lorenzo Ossanna.
Der Antrag wurde mit 33 Ja, 13 Nein und sieben Enthaltungen genehmigt. Zwei Abgeordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil.
Der Regionalrat tritt im Mai wieder zusammen.