"Für junge Familien wird es eng"

Rekordhoch bei Zweitwohnungen in Welschnofen sorgt für Diskussionen

Mittwoch, 10. Juli 2024 | 11:18 Uhr
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Von: luk

Welschnofen – Die Gemeinde Welschnofen verzeichnet laut der neuesten ASTAT-Info Nr. 32 vom Juni 2023 einen außergewöhnlich hohen Anteil an Zweitwohnungen. Mit Stichtag 31.12.2021 wurden in Welschnofen 827 Zweitwohnungen gezählt. Darauf macht die Bürgerliste Welschnofen aufmerksam. Der Bürgermeister von Welschnofen Markus Dejori hält argumentativ dagegen.

“Der Index, der das Verhältnis der Zweitwohnungen zu den ständig bewohnten Wohnungen wiedergibt, beträgt in Welschnofen beeindruckende 90,8. Dies ist der höchste Wert aller Südtiroler Gemeinden. Zum Vergleich: Corvara hat einen Konzentrationsindex von 67,3 und Hafling von 54,5. In Welschnofen bedeutet dies, dass auf 100 ständig bewohnte Wohnungen 90,8 Zweitwohnungen kommen”, so die Bürgerliste Welschnofen.

Bemerkenswert sei auch die Herkunft der Eigentümer: 86 Prozent der Zweitwohnungen in Welschnofen befinden sich im Besitz von italienischen Staatsbürgern. Diese Zahlen beleuchten die angespannte Wohnsituation in der Gemeinde, was in letzter Zeit zu lebhaften Diskussionen geführt hat. “Besonders für junge Familien wird es immer schwieriger, angemessenen Wohnraum zu finden”, bemängelt die Bürgerliste Welschnofen.

Die Bürgerliste Welschnofen kritisiert die Gemeindeverwaltung dafür, “keine restriktivere Wohnbaupolitik betrieben zu haben, die vor allem den einheimischen Wohnungssuchenden zugutekommen würde.” “Im Gemeinderat hat die Bürgerliste vorgeschlagen, für alle neuen Wohnbauprojekte eine 100-prozentige Konventionierung vorzusehen. Dieser Vorschlag wurde jedoch von der Gemeinderatsmehrheit abgelehnt”, heißt es weiter.

“Angesichts der alarmierenden Zahlen fordern wir von der Gemeindeverwaltung einen konsequenten Stopp neuer Zweitwohnungen. Das erträgliche Maß ist längst überschritten. Dies gilt auch für die in Planung befindlichen neuen Wohneinheiten der Kohler GmbH”, so die Bürgerliste.

Bürgermeister: “Hoher Index ist keine Neuigkeit”

Der Bürgermeister von Welschnofen Markus Dejori zeigt sich über den Aufschrei der Bürgerliste angesichts des hohen Konzentrationsindexes von Zweitwohnungen in Welschnofen erstaunt. „Dieser hohe Wert in den aktuellen Erhebungen des Landesstatistikinstituts ASTAT ist historisch begründet und bereits seit Jahren bekannt“, sagt Dejori, „und daher keine Neuigkeit mehr.“ Die Gemeindeverwaltung habe sich in den vergangenen Jahren an diese Situation anpassen können und könne jungen Familien ein zunehmendes Angebot an konventionierten Wohnungen bieten, so der Bürgermeister.

Bürgermeister Markus Dejori erklärt angesichts des hohen Indexes von Zweitwohnungen in Welschnofen die historischen Hintergründe der aktuellen Situation. „Die Zahl 90,8 begründet in der Versteigerung und dem Verkauf des ehemaligen Areals beim Grand Hotel Karersee und in eventuellen Fehlern im Umgang mit dieser Situation vonseiten vorhergehender Gemeindeverwaltungen“, sagt Dejori.

„Mit ihrem großen Aufschrei verkündet unsere Bürgerliste daher keine große Neuigkeit.“ Bürgermeister Dejori verweist vielmehr darauf, dass es in Welschnofen aktuell keine angespannte Wohnungssituation und schon gar nicht eine Wohnungsnot gebe. „Knapp ein Jahr vor den Gemeinderatswahlen nutzt die Bürgerliste nun diesen Aufhänger, um Unsicherheit und Misstrauen gegenüber der Gemeindeverwaltung zu verbreiten. Wir aber haben unsere Hausaufgaben gemacht“, verweist Dejori auf drei neue Wohnbauzonen mit 100-prozentiger Konventionierung, in denen aktuell noch etwa elf Grundstücke frei sind und auf eine Zuweisung an interessierte Familien warten.”

„Zunehmend mehr junge Familien setzen aber statt des eigenen Reihenhauses auf den Kauf oder die Miete einer konventionierten Wohnung zum Landestarif“, beobachtet Bürgermeister Markus Dejori. Nicht zuletzt wache die Agentur für Wohnbauaufsicht mit strengem Auge über die konventierten Wohnungen und ahnde unrechtmäßige Besetzungen etwa im Rahmen einer touristischen Nutzung mit hohen Strafen. „Mit dem Bettenstopp hat das Thema Zweitwohnungen aber nichts zu tun“, stellt Dejori klar. Der 40-prozentige Anteil an freier Wohnbaukubator könne zudem als ein Anreiz für Bauherren gesehen werden, bestehende Gebäude überhaupt erst umzubauen und zu sanieren.

Welschnofen habe nicht zuletzt gelernt, mit dem hohen Anteil an Zweitwohnungen und ihren Besitzern zu leben. „Die hohen Steuereinnahmen durch die GIS, aber auch die indirekte Wertschöpfung im Dorf habe durchaus auch positive Aspekte“, verweist Dejori auf die Wohnungsbesitzer, die bei ihrem Aufenthalt in der Gemeinde Welschnofen vor Ort einkaufen, konsumieren und verschiedene Handwerks- und Dienstleistungen nutzen. „Diese Mehreinnahmen können wir wieder in unsere Infrastrukturen wie aktuell die Recycklinghöfe, die Spielplätze und Sportzonen investieren“, bemerkt Dejori.

Bezirk: Salten/Schlern