Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute Anträge von Freiheitlichen und Team Autonomie behandelt. Der Vorschlag des Präsidiums zur Verstärkung der Landtagsämter wurde angenommen.
Begehrensantrag Nr. 32/14: Einführung in Südtirol des Rechtsmittels des außerordentlichen Rekurses an den Präsidenten der Republik (eingebracht von den Abg. Leitner, Mair, S. Stocker, Blaas, Tinkhauser und Oberhofer am 17.11.2014). Der Landtag möge a.) die italienische Regierung auffordern, die Durchführungsbestimmungen zum Bozner Verwaltungsgericht im Sinne von Art. 107 des Autonomiestatutes für das Trentino-Südtirol so abzuändern, dass zukünftig auch die Südtiroler Bürger das Rechtsmittel des außerordentlichen Rekurses an den Präsidenten der Republik für die in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Bozen fallende Sachgebiete in Anspruch nehmen können; b.) das italienische Parlament auffordern, das Autonomiestatut für das Trentino-Südtirol in Anlehnung an das Autonomiestatut für die Autonome Region Sizilien so abzuändern, dass auch für die Südtiroler Bürger die Möglichkeit eingeführt wird, den außerordentlichen Rekurs gegen Verwaltungsmaßnahmen im Bereich der Zuständigkeiten der Autonomen Region Trentino/Südtirol sowie des Landes Südtirol an den Landeshauptmann von Südtirol zu richten.
Die Debatte dazu hatte bereits gestern stattgefunden. LH-Stv. Richard Theiner erklärte heute in seiner Replik, dass die derzeitige Regelung auch ihren Grund habe. Der Rekurs an den Präsidenten sei kein zeitgemäßes Instrument, das auch immer zu Unsicherheiten geführt habe. Außerdem sei die Regelung auch in der besonderen Zusammensetzung des Bozner Verwaltungsgerichts begründet. Eine Änderung des Statuts im geforderten Sinne sei schwer umsetzbar.
Pius Leitner (Freiheitliche) bat um Vertagung. Er hoffe, dass das Thema im Autonomiekonvent besprochen werde.
Andreas Pöder beantragte eine Unterbrechung der Sitzung, damit die Abgeordneten über die gestrigen Vorgänge in der Sechserkommission unterrichtet werden könnten. Präsident Roberto Bizzo verwies darauf, dass dabei die einschlägigen Bestimmungen eingehalten wurden und berief eine Sitzung des Landtagspräsidiums ein.
Anschließend wurde die Behandlung des Beschlussvorschlags des Präsidiums – Reorganisation der Dienste und der Funktionsweise des Landtages – wieder aufgenommen. Der Beschluss fasst eine Reihe von Vorschlägen zusammen, die auch von den Fraktionen vorgebracht wurden, wie Präsident Roberto Bizzo gestern bei der Vorstellung betonte. Er sieht technische Verbesserung vor, in Richtung eines digitalen Landtags, eine Zusammenlegung der Dienste, die mit dem Auftritt des Landtags nach außen befasst sind (Kommunikation, Presse, Besucherprogramme u.a.), eine Rechtsberatung für die Abgeordneten und eine neue Zuteilung von Mitarbeitern für die Abgeordneten gemäß den Vorgaben der Staat-Regionen-Konferenz.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) forderte eine Rückverweisung an das Fraktionssprecherkollegium, denn der vorliegenden Beschlussvorschlag entspreche nicht mehr dem, was im einschlägigen Landtagsbeschluss gefordert wurde. Insbesondere kritisierte er die Einrichtung des neuen Amtes für Kommunikation und Zeremoniell, in das auch der Pressedienst eingebunden werden solle. Letzterer sollte dem gesamten Landtag zur Verfügung stehen und nicht nur dem Präsidenten und dem Präsidium. Ebenso kritisierte er die Einbindung der persönlichen Referenten in dieses Amt.
Andreas Pöder (BürgerUnion) lobte im Beschlussvorschlag besonders die Aufstockung des Rechtsamtes. Man könne damit den Landtag aufwerten, indem die Abgeordneten besser beraten werden können. Pöder kritisierte wie Dello Sbarba die Einrichtung des neuen Kommunikationsamts, das nicht dem entspreche was man unter den Fraktionssprechern ausgemacht habe. Die Abgeordneten bräuchten vor allem eine Aufwertung der technischen Kommunikation. Auch über die Aufstockung des Fraktionspersonals sollte man noch beraten.
Pius Leitner (Freiheitliche) verteidigte den Beschluss, auch wenn er nicht genau das umsetze, was ausgemacht war. Eine Aufstockung des Personals gemäß Monti-Dekret wäre derzeit aus Platzmangel nicht möglich. Leitner verteidigte auch die Bestimmung, dass auch den Präsidialsekretären ein persönlicher Mitarbeiter zustehe.
Präsident Bizzo teilte mit, dass man bereits die Aufträge für die neuen Büros sowie für die technische Ausstattung des Plenums erteilt habe.
Brigitte Foppa (Grüne) erinnerte an ihren ursprünglichen und angenommenen Beschlussantrag, die Sichtbarkeit des Landtags zu erhöhen. Mit diesem Beschluss habe der heutige Vorschlag nichts mehr zu tun. Es sei ein demokratisches Problem, wenn die Kommunikationsstelle so stark mit dem Präsidium verknüpft werde, dieses spiegle nicht die Zusammensetzung des Plenums wider. Die Einbindung der persönlichen Referenten in dieses neue Amt sorge für zusätzliche Vermischung der Aufgaben. Bei der Zahl der Referenten habe sich der Landtag bisher bescheiden gezeigt, dabei sollte man bleiben. Die Chance auf eine bessere Kommunikation sei mit diesem Vorschlag jedenfalls vertan worden.
Das schiefe Bild vom Landtag, der angeblich nur vier Tage im Monat arbeite, hänge auch mit der fehlenden Kommunikation zusammen, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Bürger hätten ein Recht darauf, zu wissen, was ihre Vertreter tun. So sei es z.B. auch nicht möglich, den Sinn einer Delegationsreise wie jüngst nach Slowenien zu vermitteln. In dieser Legislaturperiode habe ein Paradigmenwechsel stattgefunden, die zusätzlichen Mitarbeiter ermöglichten eine neue Qualität der politischen Arbeit, die auch nach außen kommuniziert werden sollte.
Präsident Bizzo teilte mit, dass sich das Präsidium einige der vorgebrachten Änderungsanträge zu eigen mache.
Der Beschlussvorschlag wurde mit 24 Ja, 4 Nein und 5 Enthaltungen angenommen. Die angenommenen Änderungen (vorgeschlagen von den Grünen) betreffen das Amt für Zeremoniell und Kommunikation, dessen Personalausstattung und dessen Bindung an die Prinzipien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.
Beschlussantrag Nr. 743/17: Mehrsprachigkeitsmodelle unterstützen (eingebracht von der Abg. Artioli am 20.2.2017). Artioli und LR Tommasini haben dazu eine neue Fassung vorgelegt: Die Landesregierung möge verpflichtet werden, weiterhin verschiedene bereits experimentierte Mehrsprachigkeitsmodelle zu unterstützen, dabei auch die Familien ständig mehr mit einzubeziehen und sie verantwortungsbewusster zu machen sowie die Entwicklung der wissenschaftlichen Methoden zu berücksichtigen.
Dieter Steger (SVP) kündigte die Unterstützung seiner Fraktion für die neue Fassung an.
Gegen den Antrag sprach sich Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) aus. Anstatt die Didaktik des Zweitsprachenunterrichts zu verbessern, wolle man ein Modell einführen, das wie in Aosta zum Verlust der Muttersprache geführt habe.
Statt nach Aosta sollte man nach Ladinien schauen, erklärte Brigitte Foppa (Grüne), dort funktioniere das mehrsprachige Modell bestens, und die Muttersprache sei nicht in Gefahr. Die Zeit für die Mehrsprachigkeit sei reif, ein großer Teil der Gesellschaft fordere sie.
In einem Gebiet mit mehreren Sprachgruppen müsse man das Thema mit Bedacht angehen, forderte Tamara Oberhofer (F). Kulturelle und politische Identität müsste auf gleicher Höhe liegen, man müsse konkurrenzfähig bleiben, aber auch auf den Erhalt der Minderheiten achten. Dazu brauche es eine solide Basis.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) kündigte seine Zustimmung an, gab aber auch zu bedenken, dass man damit zwei Klassen von Schulen schaffe, und in manchen Gebieten werde es dann keine zweisprachigen Schulen geben.
Mehrsprachigkeit sei ein Reichtum, meinte Pius Leitner (F), es sei aber die Frage, wie man dahin komme und wie man die Muttersprache erhalte. Die Grundpfeiler des Art. 19 dürften nicht untergraben werden. Bevor man mehrsprachige Schulen einführe, sollte man andere Hausaufgaben erledigen: die Ausbildung der Zweitsprachenlehrer, die Didaktik des Zweitprachunterrichts u.a.
Myriam Atz Tammerle (STF) warnte vor einer Aufweichung des Art. 19, auch der Autonomiekonvent habe sich mehrheitlich dagegen ausgesprochen. Ihre Tochter sei mit Rückenschmerzen von der Grundschule gekommen, weil der Sport plötzlich nach CLIL-Methode unterrichtet wurde und nicht alle die Übungsanweisungen verstanden.
Südtirol habe seine Autonomie nur wegen des Minderheitenschutzes, nicht wegen des Geldes, meinte Sigmar Stocker (F), und ohne Erhalt der Muttersprache falle diese Begründung. Die SVP habe sich hier vom PD über den Tisch ziehen lassen.
Sven Knoll (STF) erinnerte an seinen Beschlussantrag zur Erhebung der Sprachkenntnisse, die laut Übereinkommen mit der Mehrheit vor jeder Änderung am Sprachunterricht durchgeführt werden sollte. Daher sollte vorliegender Antrag bis dahin ausgesetzt werden.
Art. 19 werde durch den Antrag nicht in Frage gestellt, erwiderte Elena Artioli (Team Autonomie), man wolle nur einen Ausbau des bestehenden Angebots.
Der Antrag sei sehr “weich”, bestätigte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Man müsse auch der Südtiroler Jugend das ermöglichen, was bereits in ganz Europa möglich sei. Die Beschäftigung mit anderen Sprachen stärke auch die Muttersprache, und Minderheitenschutz gelinge nicht durch Absperrungen.
Die Defizite beim Zweitsprachenunterricht seien Tatsache, stellte Veronika Stirner (SVP) fest. Auch die Italienischkenntnisse der deutschen Schüler würden leiden, vielleicht auch wegen des stark literaturlastigen Lehrplans und an der mangelnden didaktischen Ausbildung der Lehrer. Sie kenne das Patentrezept nicht, aber man sollte neue Wege versuchen, ohne natürlich das Muttersprachenprinzip anzutasten.
Man sollte die Schwarzweißmalerei und die Ideologisierung bei diesem Thema unterlassen, meinte LR Philipp Achammer. Die Wahrheit liege in der Mitte. Es gebe heute bereits innovative Modelle des mehrsprachigen Unterrichts, die den Art. 19 nicht antasten würden. Zur Beherrschung der Zweitsprache gebe es bereits zwei Studien. Laut PISA-Studie könnten die Südtiroler Schüler besser Deutsch als Schweizer und Österreicher. Für die Beherrschung der Zweitsprache seien auch soziale Faktoren ausschlaggebend. Vorliegender Beschluss rühre den Art. 19 jedenfalls nicht an, er verstärke nur, was bereits getan werde. Auf der anderen Seite sei es auch nicht wahr, dass besserer Zweitprachunterricht nur durch ein anderes Schulmodell möglich sei.
LR Christian Tommasini betonte, dass die Schulen für den CLIL-Unterricht keine Genehmigung brauchen. Das Problem bestehe weiterhin bei der Personalsuche und bei der Motivation zum Zweitsprachenlernen. Für Letzteres fördere man die außerschulischen Kontakte, für die rege Nachfrage bestehe.
Elena Artioli dankte für die Zustimmung. In Richtung der STF sagte sie, die Gastbetriebe würden derzeit lieber Ausländer anstellen, weil diese eher mehrsprachig seien.
Der Antrag wurde mit 20 Ja, neun Nein und einer Enthaltung angenommen.