Von: mk
Bozen – Bei keinem Volk in Europa lodert die Fackel der Revolution so hell wie bei den Franzosen.
1789 war es der Aufstand des dritten Standes gegen Adel und Klerus, 1830 kam es zum ersten Arbeiteraufstand. 1848 gab es das erste Demokratiebegehren, 1871 die gelebte Solidarität der Pariser Kommune, 1936 die Einführung allgemeiner sozialer Rechte mit der Volksfront und 1968 protestierten Studenten im Mai nirgendwo so radikal gegen den US-Kriegsimperialismus in Vietnam und für die Rechte der Frauen.
In dieselbe Tradition fällt nun wohl auch der Aufstand der „Gelbwesten“.
In der Vergangenheit haben die Revolten nicht immer unmittelbar zum Erfolg geführt. Auf die Unruhen folgte nicht selten die Gegenreaktion. Trotzdem: Immer wieder drückte der Widerstand von unten in Frankreich frühzeitig das später dominierende moralische und politische Bewusstsein einer ganzen Epoche aus.
Die „Gelbwesten“ tragen das Unbehagen der westlichen Mittel- und Unterschichten im globalisierten Kapitalismus nach außen.
Zugegeben: Die Gewalt auf der Straße wirkt abstoßend, die Wahl nationalistischer Regierungen wie in Italien oder in den USA, die aus demselben Gefühl genährt wurde, scheint ebenfalls nur bedingt zielführend.
Trotzdem bleibt die Frage: Ist das Unrechtsbewusstsein der Franzosen auch diesmal wieder richtungsweisend? Betrachtet man die Geschichte, tut man vermutlich gut daran, genau hinzuschauen.