US-Sondergesandter für den Nahen Osten Steve Witkoff

Ringen um Fortsetzung der Gaza-Waffenruhe

Montag, 17. Februar 2025 | 10:35 Uhr

Von: APA/dpa/AFP

Die Verhandlungen über eine Fortsetzung der fragilen Waffenruhe im Gazastreifen nehmen Fahrt auf. Die Gespräche über die zweite Phase des Abkommens zwischen Israel und der islamistischen Hamas, in der alle noch lebenden israelischen Geiseln freikommen sollen, werden nach den Worten des US-Sondergesandten Steve Witkoff im Verlauf dieser Woche an einem noch unbekannten Ort fortgesetzt. US-Außenminister Marco Rubio kam am Montag in der Früh für die Gespräche in Riad an.

Er habe sehr “produktive und konstruktive” Telefonate mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu, Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und dem ägyptischen Geheimdienstchef Hassan Rashad geführt, sagte Witkoff dem US-Sender Fox News.

Geiseln seit 500 Tagen in der Gewalt der Islamisten

Die USA, Ägypten und Katar hatten als Vermittler die derzeit geltende erste Phase der Waffenruhe und eine Vereinbarung über die Freilassung von Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge eingefädelt. Sie gilt seit dem 19. Jänner und endet am 1. März. Ob die zweite Phase des Deals, in der die Kämpfe endgültig enden sollen, tatsächlich zum Tragen kommt, ist jedoch ungewiss.

Die weiterhin in dem abgeriegelten Küstengebiet verbliebenen Geiseln sind mit dem heutigen Datum seit 500 Tagen in Gefangenschaft. 73 werden noch festgehalten, wobei 36 davon wohl nicht mehr am Leben sind. Das Forum der Angehörigen der Entführten hat für Montag unter dem Motto “Holt sie aus der Hölle” zu Kundgebungen und einem Tag des Fastens aufgerufen, um an ihr Schicksal zu erinnern. Das Fasten beginne um 10:40 Uhr MEZ und solle am Abend mit einer Kundgebung in Tel Aviv enden, meldete die “Times of Israel”.

Regierungschef Netanyahu hatte am Sonntag bei einem Treffen mit US-Außenminister Rubio in Jerusalem gedroht, im Gazastreifen würden sich die “Tore zur Hölle” öffnen, sollten die Geiseln nicht freigelassen werden. Am Montag wollte das israelische Sicherheitskabinett über die zweite Phase der seit dem 19. Jänner laufenden Gaza-Waffenruhe beraten, in der alle verbliebenen Geiseln übergeben werden sollen. Die erste Phase umfasste 33 Geiseln, die im Austauisch gegen inhaftierte Palästinenser übergeben werden sollten.

Hisbollah-Miliz droht Israel

Ähnlich fragil ist auch die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon. Der Chef der Schiitenmiliz, Naim Kassem, forderte in einer Fernsehansprache, Israel müsse sich wie vereinbart “am 18. Februar vollständig und ohne Ausreden zurückziehen”.

Dafür zu sorgen, sei Aufgabe des libanesischen Staates, sagte Kassem. Sollten über dieses Datum hinaus israelische Truppen im Libanon bleiben, handle es sich um eine Besatzung – und “jeder weiß, wie mit einer Besatzung umgegangen wird”, warnte er. Laut unbestätigten Medienberichten fordert Israel eine Verlängerung der Abzugsfrist bis zum 28. Februar. Libanons mit der Hisbollah verbündeter Parlamentssprecher Nabih Berri und der neue Präsident Joseph Aoun lehnen das ab.

Nach Darstellung Israels rückt die libanesische Armee, die das Einhalten der Waffenruhe sicherstellen und eine Rückkehr der Hisbollah in Gebiete im Süden des Libanons verhindern soll, nicht schnell genug nach. Die Hisbollah habe sich außerdem nicht wie vereinbart hinter den etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze gelegenen Litani-Fluss zurückgezogen.

Israel schickt Delegation nach Kairo

Israels Sicherheitskabinett kommt indes heute zu Beratungen über die zweite Phase des Gaza-Abkommens zusammen, wie Netanyahus Büro nach der Ankündigung des US-Sondergesandten Witkoff mitteilte. Am selben Tag werde eine Delegation israelischer Unterhändler zu Gesprächen in die ägyptische Hauptstadt Kairo reisen. Nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts würden diese Unterhändler Anweisungen für die zweite Phase erhalten.

Demonstranten in Tel Aviv warfen Netanyahu am Wochenende erneut vor, eine Fortsetzung der Waffenruhe vereiteln zu wollen, um seine rechtsextremen Koalitionspartner nicht zu verprellen und sich an der Macht zu halten. Der Regierungschef steht unter dem Druck der Hardliner, die den Krieg in Gaza fortsetzen und die Hamas komplett vernichten wollen. Am Wochenende traf eine von der neuen US-Regierung freigegebene Lieferung schwerer Bomben in Israel ein, die dabei behilflich sein könnten. Laut örtlichen Medienberichten handelt es sich um 1.600 bis 1.800 Bomben.

Rubio: Hamas muss zerstört werden

US-Außenminister Rubio bekräftigte am Sonntag in Israel, die 2007 im Gazastreifen an die Macht gelangte Hamas dürfe dort nicht länger die herrschende Kraft bleiben. Solange sie Israel mit Gewalt drohen könne, werde Frieden unmöglich bleiben, sagte Rubio nach einem Treffen mit Netanyahu. Die palästinensische Terrororganisation müsse zerstört werden. Rubio traf am Montag in Riad ein, wo er Gespräche über den Nahost-Konflikt führen wollte.

Thema der Gespräche Rubios könnte auch der umstrittene Plan von US-Präsident Donald Trump sein, den kriegszerstörten Gazastreifen komplett zu räumen und zu einer “Riviera des Nahen Ostens” umzubauen. Die dort lebenden 2,4 Millionen Palästinenser sollen nach seinen Vorstellungen in Länder der Region wie etwa Jordanien und Ägypten umgesiedelt werden. Trumps Plan stößt in der arabischen Welt, aber auch bei engen Verbündeten Israels wie Österreichs auf klare Ablehnung.

Auslöser des Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer Extremisten aus Gaza auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023. Damals wurden rund 1.200 Menschen getötet und etwa 250 in den Gazastreifen verschleppt.

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