Von: apa
Drei Plätze hat Österreich im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RSF) verloren und landet auf Platz 32. Damit findet sich das Land im Mittelfeld der als “zufriedenstellend” eingestuften Länder. Von einer “guten” Lage entfernt man sich mit einem Score von 74,7 von 100 Punkten zusehends. RSF und weitere Interessensvertretungen zeigten sich am Freitag wie auch Oppositionsparteien darüber alarmiert. ÖVP und Grüne ließen Zweifel am Ergebnis anklingen.
Die Ursache für den Abfall im Pressefreiheitsindex führte RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell bei einer Pressekonferenz u. a. auf hochproblematisch enge bis mutmaßlich korruptive Vorgänge zwischen der Regierungspolitik und etlichen großen Medien zurück. Auch wurden Journalisten etwa von der FPÖ als vermeintliche Aktivisten attackiert, und die Zahl der Tageszeitungen schrumpfte nach der Einstellung der “Wiener Zeitung” und des “Oberösterreichischen Volksblatts” in Printform auf zwölf Titel. Auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach die Regierung zu viel Einfluss bei der Bestellung von ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat hat, wurde bisher nicht reagiert. Als positive Entwicklung wird etwa das noch nicht in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz angeführt. Die Medienlandschaft blühe jedenfalls nicht, so Hausjell. Es handle sich um die bisher schlechteste Platzierung jemals.
Die beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne nutzten den Tag der Pressefreiheit nicht, um auf beschlossene oder geplante Mediengesetze zu verweisen, sondern ließen Zweifel am Ranking anklingen. ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger nannte das Abrutschen Österreichs “bedauerlich”, meinte aber: “Auch bei kritischen Analysen ist wissenschaftliche Objektivität gefragt. Pressefreiheit ist zu wichtig, um sie im parteipolitischen Sinne zu verwenden.” Ähnlich äußerte sich die Mediensprecher der Grünen, Eva Blimlinger, auf X (früher Twitter): “Man sollte mal darüber sprechen und schreiben, wie dieses ‘Ranking’ zustande kommt – mit seriöser Recherche oder gar Wissenschaft hat das leider nix zu tun.”
“Pressefreiheit ist nicht Parteipolitik”, reagierte der RSF-Österreich-Präsident Hausjell. Das Ergebnis komme auf Basis von Befragungen zustande, wobei (Medien-)Journalisten, (Kommunikations-)Wissenschafter oder auch (Medien-)Anwälte als Evaluatoren angefragt werden.
Die Oppositionsparteien übten angesichts des Ergebnisses Regierungskritik. SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler sah ein “Armutszeugnis für die Regierung” gegeben. Die kommende Nationalratswahl werde eine Richtungsentscheidung, ob “Pressefreiheit und kritische Berichterstattung von einer schwarz-blauen Regierung eingeschränkt werden oder mit der SPÖ der unabhängige Journalismus und der Medienstandort gestärkt werden.” Die NEOS reagierten schockiert auf den Abfall im Pressefreiheitsindex. “Die Regierung kann und darf nicht länger tatenlos dabei zuschauen, wie Österreich im Pressefreiheitsindex immer weiter abrutscht”, sagte NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. Sie forderte u. a. einen Deckel für Regierungsinserate und eine Gremienreform für den ORF.
Die FPÖ attestierte der Regierung “Medienkauf, Inseratenkorruption und Förderwillkür” und holte auch gegen den auf EU-Ebene beschlossenen “Digital Services Act” und das EU-Medienfreiheitsgesetz aus. Diese seien “Zensurinstrumente und Regulierungs-Rammböcke gegen die Medienfreiheit”, meinte FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker. Der Politiker ließ damit aufhorchen, “alternative Medien”, die häufig FPÖ-freundlich berichten und mehrfach wegen der Verbreitung von Desinformation auffielen, auf Augenhöhe mit etablierten Medien behandeln zu wollen.
Auch mehrere Interessensverbände und NGOs meldeten sich zu Wort. So sah der Presseclub Concordia die Pressefreiheit im Land als “akut bedroht” an. Die wirtschaftliche Lage der Medienhäuser sei schwierig wie seit langem nicht mehr. Zudem seien Versuche der FPÖ, Journalisten zu diskreditieren, demokratieschädigend. Die Interessensvertretung forderte die Sicherung der Unabhängigkeit des ORF durch eine Gremienreform und eine transparente Vergabe von Förderungen und Inseraten.
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wies mit einer Inseratenwelle auf die Bedeutung von Pressefreiheit als tragende Säule einer demokratischen Gesellschaft hin und pochte auf eine gesicherte Finanzierung. Auch die Journalist:innengewerkschaft in der GPA sah die Meinungsvielfalt und Pressefreiheit im Land “massiv bedroht”, was nicht zuletzt auf eine wirtschaftlich “ausgesprochen angespannte” Lage vieler Medienhäuser zurückzuführen sei.
Die Spitze des 180 Länder zählenden Pressefreiheits-Index führt zum 8. Mal in Folge Norwegen an. Dahinter folgen weitere nordeuropäische Staaten: Dänemark, Schweden, Niederlande, Finnland und Estland. Weltweit betrachtet ortet RSF eine “besorgniserregende Verschlechterung der Unterstützung und Achtung der Unabhängigkeit der Medien”.
(S E R V I C E – www.rog.at)