Russen in Sorge

Rückt die Ukraine über den Dnipro vor?

Donnerstag, 19. Oktober 2023 | 10:52 Uhr

Von: mk

Cherson – Einheiten ukrainischer Marinebrigaden sollen am Mittwoch in der Region Cherson im Süden den Fluss Dnipro überquert und zwei Dörfer drei bis vier Kilometer landeinwärts erobert haben, wie die “Kyiv Post” unter Berufung auf russische Telegram-Kanäle berichtet.

Demnach hätten mehrere amphibische Kampfteams in den frühen Morgenstunden von Absprungpositionen in der Nähe der Stadt Pridnistrovske am rechten Ufer aus mit der Überquerung begonnen. Der Dnipro ist die größte Wasserstraße der Ukraine.

Die ukrainischen Marineinfanteristen stießen lediglich auf geringen oder gar keinen Widerstand. Sie konnten bis zu den Dörfern Pojma und Pischtschaniwka im Landesinneren vordringen und haben damit begonnen, sich einzugraben. Pischtschaniwka ist 14 Kilometer östlich von Cherson und drei Kilometer vom Fluss Dnipro entfernt.

Auch in lokalen sozialen Medien kursiert die Nachricht, dass sich ukrainische Truppen in den beiden Dörfern befinden würden. Von ukrainischer Seite wurde die Nachricht bislang nicht offiziell bestätigt. Allerdings erklärte auch das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW), dass geolokalisiertes Bildmaterial vom gestrigen Mittwoch zeige, wie ukrainische Einheiten nördlich von Pischtschaniwka nach Pojma vorgerückt seien.

Laut ISW handelt es sich um “wahrscheinlich kompaniegroße Trupps zweier Marine-Infanterie-Brigaden”. Das Insitut bezieht sich unter anderem auf einen prominenten russischen Militärblogger. Russische Quellen hätten sich demnach “sehr besorgt über die anhaltenden ukrainischen Aktivitäten am Ostufer der Region Cherson” gezeigt und die Aktivitäten als “Teil einer möglichen größeren ukrainischen Operation” bezeichnet. Die Sorge der Russen vor einer weiteren ukrainischen Offensive interpretiert das ISW als Hinweis auf Schwächen aufseiten der Kreml-Truppen.

Vorstöße im Süden sind für die Ukraine auch im Hinblick auf eine eventuelle Rückeroberung der Schwarzmeerhalbinsel Krim von Bedeutung.

Gleichzeitig soll die Ukraine der russischen Armee mit ATACMS-Geschossen aus den USA offenbar schwerste Verluste zugefügt haben. Die ukrainischen Streitkräfte haben laut eigenen Angaben drei der ballistischen Kurzstreckenraketen aus HIMARS-Mehrfachraketenwerfern verschossen. Dabei wurden auf zwei russischen Flugfeldern erheblicher Schaden angerichtet.

Konkret sollen in der Oblast Luhansk und bei Berdjansk am Asowschen Meer neun Helikopter, Munitionsdepots und eine Abschussrampe für Flugabwehrsysteme der russischen Invasionstruppen zerstört worden sein. Die Informationen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Ein Video, das in sozialen Netzwerken kursiert, soll allerdings eines der Flugfelder in Flammen zeigen.

Die ATACMS wurden in den USA über die Jahrzehnte weiterentwickelt und es gibt sie in verschiedenen Ausführungen. Laut einem Bericht des US-amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes kam auf dem Ukraine-Schlachtfeld die Version M39 zum Einsatz, die bei ihrer Detonation in einem Umkreis Streumunition verschießt.