Von: mk
Warschau – Was passiert, wenn es der Ukraine letztendlich tatsächlich gelingt, den russischen Aggressor in seine Schranken zu verweisen? Russland könnte seine Kräfte erneut sammeln und Jahrzehnte später wieder zu einem Schlag gegen das Nachbarland ausholen – außer es erfolgt eine Reform von innen heraus. Daran arbeitet der Volksdeputiertenkongress. Sein Ziel ist es, das Kreml-Regime zu stürzen.
Mit westlicher Unterstützung könnte die Ukraine den Krieg gegen Russland tatsächlich gewinnen. Angesichts der hohen russischen Verluste und der nur schleppend vorangehenden Offensive bei Charkiw scheint dieser Ausgang durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen. Doch was wären die Folgen? Die verlorenen Gebiete einschließlich der völkerrechtswidrig annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim würden zurück erobert und die territoriale Integrität des Landes wäre wieder hergestellt. Die Ukraine könnte ihrerseits der EU beitreten und zum Nato-Mietglied werden.
Weil Russland auf der anderen Seite eine Atommacht ist, kann man das Land für seine Kriegsverbrechen vermutlich nie so zur Rechenschaft ziehen wie Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Bleibt Russland weiterhin international isoliert, würde sich das Regime stattdessen vermutlich erholen und nationalistische Ressentiments schüren. In ein paar Jahrzehnten könnte ein neuer Angriffskrieg vom Zaun gebrochen werden und das „Spiel“ beginnt von vorne. Weil beide Seiten aus dem derzeitigen Krieg voraussichtlich dazugelernt haben, wären die Opferzahlen vermutlich noch höher.
Um dieses Zukunftsszenario zu verhindern, tagten die Delegierten des Volksdeputiertenkongresses am Wochenende in Warschau in Polen und brachten die Pläne zum Sturz von Kreml-Despot Wladimir Putin und seines Regimes voran.
In seiner Rede ermutigte der tschetschenische Rebellenführer Ruslan Kutajew die Delegierten, den Kampf gegen Putin durch die Bildung einer Parallelregierung zu verstärken. Ein solcher Schritt würde eine allgemeine Vereinigung aller russischen Oppositionsbewegungen erleichtern und damit letztlich zur Entmachtung von Putin führen. Zugleich würde eine Parallelregierung dem russischen Volk die Gewissheit bieten, dass bei einem Sturz des Regimes kein Chaos ausbrechen würde.
“Es ist sehr wichtig, dass die Russen verstehen, dass dies kein Spiel ist”, erklärte Kutajew gegenüber dem britischen “Express” am Rande der Konferenz. Es handle sich hier um sehr ernsthafte Menschen, die entschlossen seien, Putins Macht zu brechen. Deshalb schlage er vor, sofort eine Regierung mit einem amtierenden Premierminister an der Spitze zu bilden.
Der Volksdeputiertenkongress besteht aus mehr als 70 nationalen und lokalen Politikern, die bei früheren Wahlen in Russland zusammen etwa fünf Millionen Stimmen erhielten. Die Abgeordneten arbeiten an einer neuen Verfassung für ein künftiges Russland, in dem Demokratie herrscht. Die Delegierten betrachten sich selbst als Parlament im Wartestand, das zum höchsten Organ der Staatsmacht wird, bis nach Putins Entlassung Neuwahlen stattfinden können.
Würde eine Demokratiebewegung in Russland tatsächlich Fuß fassen, könnte der Westen nach einem Umsturz im Kreml auch seine Sanktionen lockern.