Zerstörungen im Großraum Charkiw

Russland erzielt “taktische Erfolge” in Region Charkiw

Montag, 13. Mai 2024 | 15:34 Uhr

Von: APA/Reuters

Russland hat bei der neuen Offensive im Nordosten der Ukraine in der Region Charkiw weitere Geländegewinne verbuchen können. Wie der örtliche ukrainische Gouverneur am Montag mitteilte, versuchten die russischen Streitkräfte mit mehreren kleineren Angriffen die neue Front in dem Grenzgebiet auszuweiten. “Die Situation ist schwierig”, sagte Oleh Synjehubow im Fernsehen. Die Ukraine griff indes erneut Ziele auf russischem Gebiet an.

Russische Truppen waren am Freitag von Norden aus in die Ukraine eingedrungen und hatten damit neben dem Osten und Süden eine dritte Front eröffnet. Vermutet wird, dass ein Großangriff auf die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw vorbereitet wird. Im Zuge dessen wäre die Militärführung in Kiew gezwungen, Verbände an anderen Frontabschnitten in die Region zu verlegen, was teilweise bereits geschehen ist. Bekannt wurde am Montag, dass die Ukraine den Oberbefehlshaber für die Armee in Charkiw ausgetauscht hat. Die Ernennung von Brigadegeneral Mychajlo Drapatyj zum neuen Kommandanten sei bereits am Samstag beschlossen worden, erklärte das Militär. Ein Grund wurde nicht genannt.

Drapatyj hatte im November 2022 die Rückeroberung des Gebiets Cherson im Süden der Ukraine angeführt und war danach Vize-Generalstabschef. Angesichts mangelnder Munition sind die ukrainischen Streitkräfte seit Wochen vor allem an der Front im Osten in Bedrängnis. Zurückgeführt wird der Munitionsmangel auf derzeit nicht ausreichende Lieferungen der westlichen Verbündeten. Im Nordosten ist vor allem die Ortschaft Wowtschansk umkämpft, das nordöstlich von Charkiw liegt. Gouverneur Synjehubow vermutete eigenen Angaben zufolge, dass die Russen als nächstes die Gemeinde Lypzi im Visier haben, um weiter auf Charkiw vorzurücken.

Die ukrainischen Streitkräfte seien zwar noch in der Lage, die Linien zu halten, die Kämpfe könnten sich aber auf weitere Ortschaften ausbreiten, warnte Synjehubow. Das ukrainische Militär räumte in seinem täglichen Briefing ein, dass die Russen “taktische Erfolge” verbuchen konnten. Ukrainische Reserveeinheiten seien zur Stabilisierung in die Region verlegt worden. Russland hatte am Sonntag mitgeteilt, neun Ortschaften in der Region eingenommen zu haben. Am Montag hieß es, die russischen Truppen hätten ihre Positionen verbessert und den verteidigenden Verbänden Verluste zufügen können. Erfolge seien zu vermelden in Wesele, Neskutschne, Wowtschansk und Lypzi.

Die Ukraine griff im Gegenzug mit Raketen ein Öldepot und ein Stromumspannwerk in den russischen Regionen Belgorod und Lipezk an, wie die Nachrichtenagentur Reuters aus ukrainischen Geheimdienstkreisen erfuhr. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass man 16 Raketen und 31 Drohnen abgefangen habe, die die Ukraine in der Nacht auf russisches Territorium abgefeuert habe, darunter zwölf Raketen auf die Grenzregion Belgorod.

Am Sonntag waren nach russischen Angaben ukrainische Raketen aus Sowjetzeiten in der Stadt Belgorod in ein Wohnhaus eingeschlagen. Das russische Zivilschutzministerium meldete 15 Tote, russische Nachrichtenagenturen 20 Verletzte. Auf Videomaterial war zu sehen, dass mindestens zehn Stockwerke des Gebäudes eingestürzt waren. Während Rettungskräfte in den Trümmern nach Überlebenden suchten, stürzte das Dach ein. Von ukrainischer Seite lag zu dem Vorfall zunächst keine Stellungnahme vor.