Russische Stadt Sudscha im Visier der ukrainischen Armee

Kiew erklärt vollständige Kontrolle von russischem Sudscha

Mittwoch, 14. August 2024 | 13:56 Uhr
Update

Von: APA/Reuters/dpa

Die Stadt Sudscha in der russischen Grenzregion Kursk ist nach den Worten des ukrainischen Armeechefs Olexander Syrskyj vollständig unter ukrainischer Kontrolle. “Die Suche und Vernichtung des Feindes in der Ortschaft Sudscha ist abgeschlossen”, sagte er am Mittwoch in einer Videokonferenz mit Präsident Wolodymyr Selenskyj. Aufnahmen davon wurden auf dem Telegram-Kanal des Präsidenten veröffentlicht.

Zuvor hatte das ukrainische Fernsehen Bilder von drei Soldaten gezeigt, die in Sutscha die russische Flagge von einem öffentlichen Gebäude rissen und “Ruhm der Ukraine” riefen. In Sudscha verläuft die Pipeline, durch die Russland Gas aus Westsibirien via Ukraine in die Slowakei und andere EU-Länder liefert. Österreich ist von diesem Transportweg in besonderem Maße abhängig.

Selenskyj erklärte, dass die ukrainische Armee auch am Mittwoch weiter vorrückte. Seit Tagesbeginn sei man in verschiedenen Gebieten um ein bis zwei Kilometer vorgestoßen, so Selenskyj. Auch seien hundert weitere russische Soldaten gefangen genommen worden. Zuvor hatte es von der ukrainischen Armee auch geheißen, dass in Kursk ein Kampfflugzeug des Typs Su-34 zerstört worden sei. Das russische Militär erklärte hingegen zu Mittag, seine Einheiten hätten unterstützt von der Luftwaffe, von Drohnen und von Artillerie “die Versuche mobiler feindlicher Gruppen vereitelt, mit gepanzerten Fahrzeugen tief auf russisches Territorium vorzudringen”. In der Erklärung der Armee hieß es weiter, den Ukrainern seien schwere Verluste zugefügt worden.

Die Ukraine hielt den Druck auf die Region Kursk aufrecht und griff zudem Woronesch an, das weiter südlich an der gemeinsamen Staatsgrenze liegt. In der Nacht auf Mittwoch seien insgesamt 117 ukrainische Drohnen und vier Raketen abgefangen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Jeweils 37 Drohnen seien über Kursk und Woronesch zerstört worden. Wie viele Geschosse die ukrainischen Streitkräfte abgefeuert haben, ließ das Ministerium offen.

In der russischen Oblast Belgorod, die zwischen Kursk und Woronesch liegt und ebenfalls an die Ukraine grenzt, verhängte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow den Ausnahmezustand. “Die Lage in der Oblast Belgorod ist weiterhin äußerst schwierig und angespannt”, teilte er auf Telgram mit. Gladkow begründete den Ausnahmezustand mit anhaltenden Angriffen der ukrainischen Streitkräfte. Beim täglichen Beschuss seien Häuser zerstört worden, Zivilisten seien getötet oder verletzt worden. An die Zentralregierung in Moskau richtete Gladkow den Appell, “einen föderalen Notstand auszurufen”.

Infolge der überraschenden Bodenoffensive wurden fast 200.000 Menschen im russischen Grenzgebiet evakuiert. Die Ukraine gab am Dienstag die Kontrolle von 74 Ortschaften und mehr als 1.000 Quadratkilometern in Kursk bekannt. Russland reagierte mit der Verlegung von Truppen aus seiner an der Ostsee gelegenen Exklave Kaliningrad nach Kursk, wie der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas in einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagte.

“Das schafft ein echtes Dilemma für Putin”, erklärte US-Präsident Biden mit Blick auf den ukrainischen Einfall in Kursk. Die USA stünden wegen des Einsatzes in ständigem Kontakt mit der Regierung in Kiew. Zuvor hatte das US-Außenministerium mitgeteilt, die USA seien in keiner Weise an der Planung oder Vorbereitung des Vormarsches ukrainischer Truppen auf russisches Territorium beteiligt. Die USA sind einer der wichtigsten Verbündeten der Ukraine und liefern dem Land, das im Februar 2022 von Russland überfallen wurde, Waffen und Munition.

Nach Angaben des geschäftsführenden Gouverneurs der Region Kursk, Alexej Smirnow, sind 28 Orte unter Kontrolle des Gegners. Das ukrainische Projekt DeepState geht von etwa 44 russischen Ortschaften unter Kontrolle Kiews aus. Bei einem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin hatte Smirnow am Montag erklärt, dass die ukrainischen Streitkräfte auf einer Breite von 40 Kilometern entlang der Grenze bis zu 12 Kilometer tief in das Kursker Gebiet vorgedrungen seien. Ukrainische Quellen sprachen von etwa 30 Kilometern Tiefe. In der Region Kursk setzten die Behörden inmitten andauernder schwerer Kämpfe die Evakuierungen fort. Zehntausende Menschen mussten ihre Wohnungen und Häuser verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen. Nach offiziellen Angaben gibt es bisher zwölf Tote unter Zivilisten. Mehr als 120 Menschen seien verletzt worden.

Die russische Nationalgarde Rosgwardija verstärkte die Bewachung des Atomkraftwerkes Kursk. Besonderes Augenmerk gelte der Abwehr ukrainischer Drohnen, teilte sie mit. Das AKW liegt gut 30 Kilometer westlich der Stadt Kursk und wird vom Staatskonzern Rosenergoatom betrieben.

Selenskyj sagte am Dienstagabend, die ukrainischen Streitkräfte hätten russische Kriegsgefangene zusammengezogen, die gegen ukrainische ausgetauscht werden könnten. “Trotz schwieriger und intensiver Kämpfe rücken unsere Streitkräfte in der Oblast Kursk weiter vor, und der ‘Austauschfonds’ unseres Staates wächst.” In der Videokonferenz mit Armeechef Syrskyj rief er dazu auf, die nächsten “Schlüsselschritte” des Einsatzes auszuarbeiten. “Alles wird planmäßig ausgeführt”, antwortete Syrskyj, ohne näher darauf einzugehen.

Selenskyj begründete die Offensive unter anderem damit, den Druck auf Russland in Richtung Friedensgesprächen zu erhöhen. Russland erteilte solchen Gesprächen eine Absage. Mit ihrem Angriff auf die Region Kursk habe die ukrainische Seite Friedensgespräche “auf lange Sicht auf Eis gelegt”, sagte der Sondergesandte des russischen Außenministeriums, Rodion Miroschnik, der staatlichen Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch. Kiew will die eroberten Flächen bei den Verhandlungen als Faustpfand nutzen. Das Außenministerium in Kiew hatte betont, dass die ukrainische Seite anders als Russland kein fremdes Gebiet annektiere.

Weitab von der ukrainischen Offensive in der russischen Region Kursk erhöhten russische Truppen ihren Druck rund um den Donbass im Osten der Ukraine. Besonders intensiv waren die Angriffe auf die ukrainischen Stellungen in der Nähe von Pokrowsk etwa 60 Kilometer nordwestlich von Donezk, wie der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht mitteilte. Insgesamt seien 54 Vorstöße russischer Einheiten registriert worden. Dabei wurden die Bodentruppen auch von Luftangriffen unterstützt. Auch bei Torezk 75 Kilometer nördlich von Donezk lieferten sich russische Angreifer und ukrainische Verteidiger Gefechte. Auch hier gab es russische Luftangriffe. Gekämpft wird weiterhin in der Gegend um die Großstadt Charkiw. Dort kam es zu 13 Gefechten an verschiedenen Orten. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden. Der Netzbetreiber Ukrenergo berichtete von russischen Angriffen auf Energieanlagen im Norden und Süden des Landes. Es sei zu zeitweiligen Stromausfällen in Teilen der Region Tschernihiw gekommen.

Kommentare

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10 Kommentare auf "Kiew erklärt vollständige Kontrolle von russischem Sudscha"


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Speedy Gonzales
Speedy Gonzales
Superredner
3 h 35 Min

Mit dieser Aktion sind Friedensverhandlungen nun endgültig vom Tisch und der Krieg wird in eine neue noch brutalere Phase eintreten, im Grunde wird dieser Angriff das Dilemma in der sich die Ukraine befindet nur vergrößern.

Doolin
Doolin
Kinig
2 h 26 Min

…waren die schon mal am Tisch?…doch nicht am Tisch des kurzen Zaren!…

info
info
Universalgelehrter
2 h 13 Min

2022 Russland ist zweitstärkste Armee auf der Welt
2023 Russland ist zweitstärkste Armee in der Ukraine
2024 Russland ist zweitstärkste Armee in Russland

N. G.
N. G.
Kinig
2 h 5 Min

@Doolin Ist der Krieg denn schon gewonnen? Für Russland oder die Ukraine? Bin seltsamer Weise nicht informiert. Demnächst?

Faktenchecker
43 Min 53 Sek

NG Ein Krieg kennt keine Gewinner.

ivi4
ivi4
Grünschnabel
42 Min 45 Sek

@Speedy Gonzales
Du glaubst auch ernsthaft, dass Friedensverhandlung mit Putin zu etwas geführt hätten?
Wahrscheinlich nur mit massiven Gebietsabgaben der Ukraine, Gebiete die dem Land Ukraine gehören. Findest du das in Ordnung?

Goennenihrwichtigtuer
Goennenihrwichtigtuer
Universalgelehrter
42 Min 42 Sek

Deine Kreativität noch a zwoa Jährigen 2 Tägigen Spezialoperation und dor erste einfall regulärer Truppen IN RUSSLOND seitn 2 Weltkrieg in an Dilemma für die Ukraine und nit für Putin dorzustelln isch jeden Tog aufs nuie herrlich… 😀 bis vorgester hosch du Experte no vo a PR Kampagne gschwurbelt… Dai dai speedy bisch dor nit zu schin in Knecht zu spielen? Fanboy

Goennenihrwichtigtuer
Goennenihrwichtigtuer
Universalgelehrter
13 Min 11 Sek

wia N.G, Russlond hot den Krieg laut dir jo schun unzählige male gewonnen, noch unzähligen Atombomben abwürfen vom unbesiegbaren Gottkaiser Wladimir und bla bla… Putin unbesiegbar und olls Realitätsfern wia der grot stattfindende Gebietsgewinn durch a Geisterarmee des laut deine Experten nit geben terf. Dass du überhaupt no mitredsch find i a storks Stickl ober schust war a longweilig… =D

Reitiatz
Reitiatz
Universalgelehrter
3 h 46 Min

Das Blatt hat sich gewendet, zumindestens für dein Moment. 💪

Faktenchecker
2 h 44 Min

Wir sollten uns Gedanken machen. Von Sudscha aus führt der Gas-Transit durch die Ukraine und weiter in die Slowakei und nach Österreich.

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