Von: APA/AFP/Reuters/dpa
Das russische Verteidigungsministerium hat die Einnahme des Dorfes Andrijiwka in der Region Donezk in der Ostukraine gemeldet. Eine Stellungnahme der Ukraine lag zunächst nicht vor. Bei einem russischen Raketenangriff auf die Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine sind mehrere Menschen getötet und verletzt worden.
Im September 2023 hatte die Ukraine das bei Bachmut gelegene Andrijiwka nach eigenen Angaben von russischen Truppen zurückerobert, im Jänner wurden von dort wieder neue Kämpfe gemeldet. Die Ortschaft gilt als weitgehend zerstört.
Bei russischen Luftangriffen auf Charkiw im Osten der Ukraine sind den Behörden zufolge am Donnerstag mindestens sieben Menschen getötet und 16 weitere verletzt worden. Mehr als ein Dutzend Geschosse seien abgefeuert worden, erklärte Gouverneur Oleh Synegubow. Dabei wurde auch das Eisenbahnnetz beschädigt.
Von ukrainischen Behörden veröffentlichte Bilder zeigten Rettungskräfte, die nach dem Luftangriff auf Charkiw versuchen, Opfer aus den Trümmern zu bergen und Brände zu löschen. Die ukrainische Eisenbahngesellschaft teilte mit, dass bei dem Angriff Gleise und Infrastruktur in der Stadt und den umliegenden Regionen getroffen worden seien. Auch sechs Mitarbeiter wurden demnach verletzt. Behördenangaben zufolge wurde zudem eine Druckerei im Süden der Stadt beschädigt.
Charkiw ist die zweitgrößte Stadt in der Ukraine und zählte vor Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 rund 1,5 Millionen Einwohner. Seitdem ist die Stadt unweit der Grenze zu Russland immer wieder von der russischen Armee beschossen worden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die “extrem brutale Attacke”. Die russischen “Terroristen” würden den Mangel an ausreichender Flugabwehr der Ukraine ausnutzen, schrieb er im Online-Portal X. Zudem brauche es verlässliche Waffen, um die Stellungen auf russischem Gebiet nahe der ukrainischen Grenze zu treffen. Es brauche mehr Entschlossenheit der großen Staaten, der Ukraine zu helfen, mahnte er.
Selenskyj fordert von den USA und anderen westlichen Verbündeten, die gelieferten Waffen auch für Schläge gegen Russland nutzen zu dürfen, um etwa im Gebiet Charkiw den Vormarsch zu stoppen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Donnerstag, dass keine Waffenlieferung des Westens Russland von seinen Kriegszielen abhalten werde.
Die schwersten Kämpfe gibt es laut ukrainischem Militär derzeit im Osten des Landes. In der Region Donezk griffen russische Truppen vor allem in den Frontbereichen Pokrowsk und Kurachowe an, erklärt Armeechef Olexandr Syrskyj auf Facebook. In der Region Charkiw werde vor allem im Osten bei Kupjansk heftig gekämpft. Auch gebe es Straßenkämpfe in dem Ort Wowtschansk sowie an der Verteidigungslinie bei Lypzi. Russland hatte in der im Norden der Ukraine gelegenen Region Charkiw kürzlich eine weitere Front eröffnet.
Charkiw ist eine der am schwersten getroffenen Städte des nunmehr über zwei Jahre währenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Immer wieder wird die Stadt aus der Luft angegriffen – mit Drohnen, Raketen oder Gleitbomben. Die vordersten russischen Truppenteile stehen derzeit weniger als 20 Kilometer vom Stadtrand entfernt.
Der russische Machthaber Wladimir Putin hat zwar behauptet, dass das Ziel der Offensive nicht die Besetzung Charkiws sei. Vielmehr solle eine Pufferzone geschaffen werden, um den ukrainischen Beschuss russischer grenznaher Städte wie Belgorod zu stoppen, sagte er. Nach Angaben von Militärbeobachtern zielt das Vorgehen des russischen Militärs aber auf ein Vordringen in die Tiefe und nicht in die Breite, die für eine Pufferzone nötig wäre. Russland hat bereits in den ersten Kriegstagen versucht, Charkiw zu erobern. Die Einheiten mussten sich aber mit schweren Verlusten zurückziehen.
Die russische Armee verzeichnete bei ihrer Bodenoffensive auf Charkiw zwar nicht bedeutende, aber die größten Geländegewinne im Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Ende 2022. Seither haben nach Behördenangaben bereits knapp 11.000 Bewohner ihre Häuser in der Region verlassen müssen. “Insgesamt wurden 10.980 Menschen evakuiert”, teilte Gouverneur Synegubow am Donnerstag mit.
Das russische Verteidigungsministerium meldete unterdessen, die Luftabwehr habe in der Nacht auf Donnerstag 35 Raketen und drei Drohnen abgeschossen, mit denen die Grenzregion Belgorod von der Ukraine aus angegriffen worden sei. Berichte über mögliche Opfer lagen nicht vor, wie die Regionalregierung mitteilt.