Von: APA/dpa/Reuters/TT
Der Weg für die Ernennung von Mark Rutte zum nächsten Generalsekretär der NATO ist nach monatelanger Blockade frei. Als letzter Bündnisstaat kündigte am Donnerstag Rumänien an, seinen Widerstand gegen die Vergabe des Spitzenpostens an den scheidenden niederländischen Regierungschef aufzugeben. Der rumänische Präsident Klaus Johannis zog seine Kandidatur zurück, wie die Präsidentschaftskanzlei am Donnerstag in Bukarest bekannt gab.
Zugleich unterstütze Rumänien nunmehr die Kandidatur Ruttes, hieß es weiter. Dies entschied der oberste Verteidigungsrat des Landes (CSAT), in dem Johannis den Vorsitz führt.
Rumänien will der Ukraine zwei Patriot-Flugabwehrsysteme spenden, “angesichts der bedeutenden Verschlechterung der Sicherheitssituation der Ukraine” und der “andauernden und massiven Angriffe Russlands”, teilte der Verteidigungsrat weiter mit. Das gespendete Patriot-System soll von den Verbündeten durch ein anderes, ähnliches System ersetzt werden, hieß. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich bei Bukarest. “Dieser entscheidende Beitrag wird unseren Luftschutz verstärken und uns helfen, unsere Bevölkerung und kritische Infrastruktur besser vor dem russischen Terror aus der Luft zu schützen”, teilte er auf der Plattform X mit.
Vor kurzem hatten bereits Ungarn, die Slowakei und die Türkei den Weg für Rutte als NATO-Generalsekretär freigemacht. Diese drei Länder waren längere Zeit zusammen mit Rumänien die einzigen NATO-Staaten gewesen, die eine Ernennung des 57-jährigen Rutte zum Nachfolger von Jens Stoltenberg noch blockierten.
Ungarn hatte den Widerstand zuletzt aufgegeben, nachdem Rutte auf ungarische Forderungen eingegangen war. Dabei ging es unter anderem darum, dass Ungarn sich sicher sein will, nicht zu einer Beteiligung an einem geplanten NATO-Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen für die Ukraine gedrängt zu werden. Die Regierung von Viktor Orbán befürchtet, dass das Bündnis durch das Projekt in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte. Orbáns Regierung pflegt trotz des Ukraine-Krieges enge Verbindungen zu Moskau.
Rumänien hatte bis zuletzt mit Staatspräsident Johannis noch einen eigenen Kandidaten für den Topjob im Rennen. In Bündniskreisen wurde allerdings vermutet, dass es Johannis vor allem darum ging, als Alternative irgendeinen anderen internationalen Spitzenposten angeboten zu bekommen. Die zweite Amtszeit des Rumänen endet im Herbst und er kann dann in Rumänien kein weiteres Mal mehr antreten.
Der derzeitige Vertrag des amtierenden NATO-Generalsekretärs Stoltenberg läuft noch bis 1. Oktober. Er hatte in der Vergangenheit schon mehrfach angekündigt, den Posten aufgeben zu wollen. Im vergangenen Sommer scheiterten allerdings erneut Versuche der Mitgliedstaaten, sich auf einen Nachfolger zu einigen. Damals hatten als mögliche Anwärter für die Nachfolge Stoltenbergs unter anderem die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der damalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace gegolten.
Stoltenberg hat den Topjob mittlerweile seit fast zehn Jahren inne. In der Geschichte des Bündnisses ist er damit bereits jetzt der am zweitlängsten amtierende Generalsekretär. Am längsten war bisher der Niederländer Joseph Luns der höchste internationale Beamte der Allianz. Er amtierte von 1971 bis 1984.
Für die Ernennung eines neuen Generalsekretärs ist im Verteidigungsbündnis ein Konsens notwendig. Das bedeutet, dass keiner der aktuell 32 NATO-Staaten einen Einwand gegen den Kandidaten vorbringen darf. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich bereits im Februar öffentlich hinter Rutte gestellt. Weitere Unterstützung kam damals auch aus den USA und Großbritannien. Aus Bündniskreisen hieß es am Donnerstag, es sei sehr wahrscheinlich, dass Rutte nun bereits in der kommenden Woche offiziell als Nachfolger Stoltenbergs präsentiert werden könne.
Rutte gilt als äußerst erfahrener Außenpolitiker. Der 57-Jährige war zuletzt knapp 14 Jahre Regierungschef der Niederlande, so lange wie noch keiner vor ihm und damit auch einer der dienstältesten der EU.